# taz.de -- Kommentar Lehren aus der US-Wahl: Es waren nicht die „Abgehängte… | |
> Trump-WählerInnen sind in allen Einkommens- und Bildungsklassen | |
> vertreten. Sie sind nicht mehrheitlich arm, sondern mehrheitlich weiß. | |
Bild: Für den Kampf gegen Rassismus reicht es nicht aus, einen schwarzen Präs… | |
Sie hätten uns eins ausgewischt, heißt es. Sie, die ungebildeten, | |
einkommensschwachen Abgehängten hätten uns, der gebildeten, | |
einkommensstarken Elite, eins ausgewischt und Trump gewählt. Die Folgen der | |
Globalisierung also. Eine Revolte, die nun akzeptiert werden muss, ein | |
Umschwung der uns auch in Deutschland droht. Doch es scheint, als wäre das | |
tatsächlich nur ein kleiner Teil der Lektion. | |
Denn auch Trumps Wählerschaft geht weit über dieses Klischee hinaus. Das | |
zeigen zumindest die Exit Polls der US-Wahl, für die Edison Research am Tag | |
der Wahl rund 25.000 Wähler an 350 Orten nach der Stimmabgabe befragt hat | |
und rund 4.000 Telefoninterviews geführt hat. Die Zahlen sind nicht exakt, | |
aber sie lassen Verhältnisse erkennen. Etwa dass Hillary Clinton bei | |
Wählern, die weniger als 50.000 US-Dollar im Jahr verdienen, tatsächlich | |
vorne lag. | |
Sie lassen außerdem erkennen, dass rund die Hälfte der weißen Wähler mit | |
College-Abschluss Trump gewählt haben, dass mehr als die Hälfte der weißen | |
Frauen ihn gewählt hat und überhaupt – dass vor allem Weiße Trump gewählt | |
haben. Das ändert sich auch nicht, wenn man auf die Latinos verweist, von | |
denen rund 30 Prozent dem Republikaner ebenfalls ihre Stimme gaben. Weiße | |
haben zwar auf vieles ein Privileg, auch der strukturelle Rassismus ist | |
ihnen vorbehalten, aber nicht die Xenophobie oder Ressentiments an sich. | |
Die Menschen, die Trump gewählt haben, sind in allen Einkommens- und | |
Bildungsklassen vertreten, das sind Menschen wie Sie oder Ihre Nachbarn, | |
die sich dafür entschieden haben ihm ihre Stimme zu geben. Ihm, einem offen | |
rassistischen Kandidaten. Sie haben ihn entweder gewählt, obwohl er ein | |
Rassist ist – weil es sie nicht weiter stört, immerhin benachteiligt und | |
beschimpft er nur andere Menschen. Oder sie haben ihn gewählt, weil er ein | |
Rassist ist. Beides ist beunruhigend und mehr Möglichkeiten gibt es nicht – | |
Anti-Establishment hin oder her. | |
Man könnte also auf die Idee kommen, dass dieses Wahlergebnis unter | |
Umständen vielleicht doch etwas damit zu tun hat, dass die USA ein lang | |
gepflegtes, wenig anerkanntes und kaum bearbeitetes Problem mit Rassismus | |
haben. Im zwischenmenschlichen Alltag und in allen gesellschaftlichen | |
Strukturen. | |
Man könnte auf die Idee kommen, dass es nicht das Einkommen ist, keine | |
Bildungslücke – sondern die fehlende Haltung zu, die fehlende | |
Auseinandersetzung mit und die fehlende Benennung von Rassismus in | |
Kommunen, Schulen und Gemeinschaften. Es reicht nicht einen schwarzen | |
Präsidenten zu haben. Wenn das die Polizeigewalt und die Black-Lives-Matter | |
Bewegung noch nicht deutlich genug gemacht haben, dann sollte dieses | |
Wahlergebnis das tun. | |
Wenn wir in Deutschland also etwas aus der US-Wahl lernen können, dann ist | |
es, dass wir uns dem Rassismus stellen müssen – in allen Schichten, in | |
allen Einkommensklassen, in allen politischen Milieus. Es muss | |
Aufklärungsarbeit geleistet werden und zwar nicht nur bei den | |
„Abgehängten“. | |
Wenn Regierung und Gesellschaft nicht versuchen, eine herkunftsunabhängige | |
Chancengleichheit aus der Theorie in die Praxis zu übertragen und die | |
bestmöglichen Voraussetzungen für ein respektvolles Miteinander zu schaffen | |
– was bei einer menschenwürdigen, integrativen Asylpolitik anfängt und bei | |
anonymisierten Bewerbungen aufhört –, und wenn wir uns nicht trauen dem | |
Rassismus in unserer eigenen Umgebung entgegenzutreten, dann dürfen wir uns | |
auch nicht wundern, wenn am Ende wieder ein Rassist regiert. | |
11 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Saskia Hödl | |
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