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# taz.de -- Debatte Trump und arabische Staaten: Der IS hätte Trump gewählt
> Die radikalen Islamisten setzen ihre Hoffnungen ebenso in Trump wie die
> arabischen Autokraten. Nur die Golfstaaten sehen ihn kritisch.
Bild: Al-Sisi hat gut lachen: Trump passt ihm gut ins Konzept
Für markige Sprüche war Donald Trump im Wahlkampf immer gut. Etwa, dass er
als Präsident den sogenannte Islamischen Staat (IS) „in Grund und Boden
bombardieren wird“. Auch seine Sichtweise auf den syrischen Bürgerkrieg hat
er immer wieder durchscheinen lassen, in dem er Baschar al-Assad als
Antiterrorkämpfer hofiert hat. Und über all dem schwebt seine
antimuslimische Rhetorik, die zwar eher für den Heimgebrauch gedacht war,
die aber natürlich in der arabisch-islamischen Welt zur Kenntnis genommen
wurde.
Aber was bedeutet das alles, wenn Donald Trump im Januar sein Amt antreten
wird? Wird er eine neue US-Politik für die arabische Welt formulieren? Wird
er die USA im Kampf gegen den IS neu aufstellen? Genau hier beginnt das
Lesen im arabischen Kaffeesatz. Denn in Wirklichkeit lassen sich aus der
Trump-Rhetorik keinerlei Schlüsse auf irgendeine außenpolitische Strategie
ziehen. Für die Araber könnte ebenso ein Marsmensch auf der Erde landen und
sie stehen alle erstarrt da und warten, was die Kreatur als Erstes macht.
Oder anders formuliert: Trump ist ein bisschen wie eine nicht lenkbare
Rakete, von der niemand weiß, wo sie einschlägt.
Tatsache ist: Trump bekommt von seinem Vorgänger Barack Obama zahlreiche
Konflikte in der arabischen Welt vererbt, in die die USA direkt verwickelt
sind. Im Moment bombardieren die US-Militärs aktiv in sieben Ländern auf
dieser Welt. Vier davon sind arabisch. In Irak und Syrien gegen
IS-Stellungen direkt mit Kampfflugzeugen, in Libyen und Jemen mit
Kampfdrohnen. Um die Liste zu vervollständigen: Die anderen Länder im
US-Drohnenkrieg sind Afghanistan, Pakistan und Somalia. Zu all diesen
Konflikten und dem dortigen US-Militär-Engagement muss sich ein Trump
verhalten. Die arabischen Realitäten werden ihn also schneller einholen,
als ihm lieb ist.
## Kein Plan für Syrien
Die arabischen Medien sind sich am Tag nach seiner Wahl einig, dass Trump
im Kampf gegen den IS im Irak wenig Neues liefern wird. Auch er wird keine
Bodentruppen in großem Stil in den Irak schicken. Und unterhalb dieses
Levels sind die USA schon längst im Irak aktiv. Also wird er sich weiter
auf, wie es im US-Militärjargon heißt, „lokale Partner“ und
„US-Militärberater“ verlassen.
Die große Frage ist, ob er sich zum syrischen Bürgerkrieg anders
positioniert. „Ich mag Assad nicht, aber Assad tötet den IS, genauso wie
Russland und der Iran“, hat er einmal im Wahlkampf formuliert. Das Regime
Assad als Bollwerk gegen den IS zu hofieren, wäre in der Tat eine
Kehrtwende in der US-Politik. Dabei könnte er sich die Rhetorik des Regimes
Assads und Russlands zu eigen machen, die alle Rebellen in Syrien in die
terroristische Schublade stecken, um das Regime zu erhalten.
Möglich ist auch, dass Trump Russland und dem Regime einfach einen
Blankoscheck im Namen des Antiterrorkampfes ausstellt. „Die Rebellion in
Syrien könnte das erste Opfer der Trump-Politik sein“, kommentiert die in
London erscheinende arabische Zeitung Al-Arabi Al-Jadid.
Überhaupt sind es die arabischen Autokraten, die sich ganz besonders über
den Wahlsieg Trumps freuen. Es ist wohl kein Zufall, dass ausgerechnet der
ägyptische Präsident Abdel Fatah al-Sisi das erste Staatsoberhaupt weltweit
war, das zum Telefonhörer griff, um Trump zu seinem Wahlsieg zu
gratulieren. Da überlegten sie in Europa noch, wie sie die
Glückwunschtelegramme unverfänglich formulieren.
## Al-Sisis Hoffnung
Zuvor hatte Präsident al-Sisi mitten im US-Wahlkampf Trump einmal als
„großen politischen Führer“ bezeichnet, nachdem Trump bei einem Treffen m…
al-Sisi in den USA den ägyptischen Präsidenten als „fantastischen Typen“
charakterisiert hatte. Dass es dagegen um die Chemie zwischen al-Sisi und
Nochpräsident Barack Obama nicht zum Besten steht, ist kein Geheimnis. Nun
hofft al-Sisi, dass Trump seinen autokratischen Stil mehr goutiert. Eine
Hoffnung, die er sicherlich mit andern arabischen Autokratenkollegen teilt.
Mit Ausnahme vielleicht der Scheichs und Königtümer in den Golfstaaten: Die
hatten im US-Wahlkampf mehr oder weniger offen Hillary Clinton unterstützt,
nach dem Motto :„Altbewährtes ist besser als Unbekanntes.“ Auch mehrere
Donald-Tweets, in denen er beispielsweise erklärte, dass Saudi-Arabien
eigentlich Milliarden dafür zahlen müsste, dass die USA deren Sicherheit
garantieren, und dass Saudi-Arabien „ohne uns weg vom Fenster ist“, kamen
dort nicht gut an, und das nicht nur im Königshaus.
Bei einer Umfrage in Saudi-Arabien erklärten 68 Prozent der Befragten, dass
sie Hillary Clinton wählen würden. Und das in einem Land, in dem es noch
nie eine Wahl gegeben hat, um die politische Führung vom Volk bestimmen zu
lassen, und in dem Frauen noch nicht einmal Auto fahren dürfen. Aber
Clinton als US-Präsidentin, das ist saudisch mehrheitsfähig.
## Gesellschaftliche Polarisierung
Aber selbst diese Wogen dürften bei Trumps Amtsantritt schnell geglättet
werden. Dazu nur zwei Zahlen. Die USA beziehen immer noch elf Prozent ihres
Öls aus Saudi Arabien, bekommen aber einen guten Teil ihres Geldes wieder
zurück, indem sie allein im vergangenen Jahr Waffen im Wert von 33
Milliarden Dollar an die Golfstaaten geliefert haben. Da dürfte die
Rhetorik von Donald Trump schnell in der saudischen Wüstenhitze
dahinschmelzen.
Und dann steht noch die Frage im Raum, ob Trumps antimuslimische Rhetorik
den radikalen Islamisten weltweit nutzt oder schadet? Die lässt sich
relativ einfach beantworten. Wenn der IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi in den
USA hätte wählen dürfen, er hätte wahrscheinlich für Trump gestimmt. Denn
der passt perfekt in das Weltbild der militanten Islamisten.
Im IS-Online Magazin Dabiq wurde letztes Jahr in einem Artikel ausführlich
die Idee vom „Eliminieren der Grauzone“ diskutiert. Gemeint ist die
Koexistenz zwischen Muslimen und Nichtmuslimen. Ziel des IS ist es danach,
die westlichen Gesellschaften zu polarisieren, in der Hoffnung, dann die
Muslime mit der IS-Hassbotschaft mobilisieren zu können.
Damit ist Donald Trump ein echter IS-Traumpräsident.
11 Nov 2016
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
## TAGS
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Islamismus
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