# taz.de -- Checks and Balances in der US-Politik: Wie absolut ist Trumps Macht? | |
> Für seine Vorhaben braucht Trump die Zustimmung des Kongresses. Er wird | |
> nicht in allen Punkten einen Freifahrtschein bekommen. | |
Bild: An der Macht? Oder nur an der Regierung? Wahlgewinner Donald Trump bei se… | |
„Ich allein kann das in Ordnung bringen!“ Wohl kaum einen Satz hat Donald | |
Trump während des Wahlkampfs so oft wiederholt. Ob es um das politische | |
Funktionieren Washingtons geht, den Kampf gegen islamistischen Terror oder | |
das US-Steuersystem – „I alone can fix it.“ | |
Manche Kommentatoren hielten das für den Ausdruck einer narzisstischen | |
Persönlichkeitsstörung, andere für populistische Scharlatanerie, und wieder | |
andere warnten vor autoritärem Führungsstil mit faschistischen Zügen. | |
Trumps Wähler*innen hingegen gefiel der „starke Anführer“. | |
Ab dem 20. Januar residiert Trump nun im Weißen Haus. Aber was kann er nun | |
wirklich allein machen? An welchen Punkten seiner Agenda braucht er die | |
Zustimmung des Kongresses? Und bekommt er die auch? Genau wie Barack Obama | |
bei seinem Amtsantritt 2009 kann Donald Trump zumindest in den ersten zwei | |
Jahren seiner Amtszeit mit einer republikanischen Mehrheit in beiden | |
Kammern des Kongresses rechnen. | |
Im Senat halten die Republikaner 52, die Demokraten 48 Sitze. Im | |
Repräsentantenhaus sind – Stand Donnerstag – mindestens 238 Republikaner | |
und 193 Demokraten vertreten, bei drei Sitzen lief noch die Auszählung. | |
Aber Trumps Prioritätenliste unterscheidet sich in einigen Punkten deutlich | |
von der der Republikaner im Kongress – auch wenn die Gemeinsamkeiten | |
überwiegen. | |
## Demokraten können nur für kurze Zeit blockieren | |
Ganz oben auf der Agenda von beiden: die Abschaffung der Gesundheitsreform, | |
die Obama in seinen ersten zwei Amtsjahren durch den Kongress gebracht | |
hatte. | |
Über 50-mal hatte das republikanisch dominierte Repräsentantenhaus seither | |
schon für die Abschaffung gestimmt, hatte Haushaltsblockaden angezettelt | |
und die Regierung wochenlang in die Zahlungsunfähigkeit gestürzt. Ab Januar | |
wissen sie sich mit dem neuen Präsidenten einig. | |
Zwar können die Demokraten im Senat den sogenannten „Filibuster“ nutzen und | |
damit erzwingen, dass bei Abstimmungen eine 60-Stimmen-Mehrheit | |
erforderlich ist. Sie könnten so zumindest eine Zeitlang eine vollkommene | |
Rücknahme der Gesundheitsreform verhindern. | |
Allerdings wäre es den Republikanern und ihrem Präsidenten möglich, durch | |
einige niedrigschwellige Änderungen das Gesetz so auszuhöhlen, dass davon | |
de facto nichts mehr übrig wäre. „Obamacare“ in seiner jetzigen Form dür… | |
schon Ende 2017 der Vergangenheit angehören. | |
Zweiter Toppunkt auf der Agenda sowohl von Trump als auch von den | |
Kongress-Republikanern: die Nominierung konservativer Richter für den | |
Obersten Gerichtshof. | |
Der Posten des im Januar verstorbenen Antonin Scalia ist bis heute frei, | |
weil sich Senatschef McConnell weigerte, über eine Nominierung durch | |
Präsident Obama überhaupt nur diskutieren zu lassen. Auch hier könnten die | |
Demokraten eine Zeitlang eine Sperrminorität bilden – ganz verhindern | |
können sie solche Besetzungen auf Dauer nicht. | |
## Trumps Anti-Establishment-Agenda | |
Ende Oktober stellte Trump bei einer Rede in Gettysburg, Pennsylvania, | |
seinen Plan für die ersten 100 Tage im Amt vor. Neben Gesundheitsreform und | |
Richtern stand da eine Reform des politischen Lebens in Washington ganz | |
oben auf der Liste – Kernpunkte seiner Anti-Establishment-Agenda. | |
Unter anderem: Per Verfassungszusatz soll die Amtszeit von Senatoren und | |
Abgeordneten begrenzt werden, sie sollen nach dem Ausscheiden aus dem | |
Kongress mindestens fünf Jahre lang nicht in Lobbyfirmen arbeiten dürfen, | |
ausländische Lobbyisten sollen kein Geld in den US-Wahlkampf geben dürfen. | |
Von all dem hält die republikanische Kongressführung erwartungsgemäß gar | |
nichts – vermutlich in Eintracht mit den meisten Demokraten. Wenn Trump | |
hier ernst macht, stehen sie alle schlecht da. | |
Des Weiteren kündigte Trump an, Restriktionen für die Öl-, Gas- und | |
Kohleindustrie aufzuheben, aus dem Transpazifischen Freihandelsvertag TPP | |
auszusteigen und den Nordamerikanischen Freihandelsvertrag Nafta neu | |
verhandeln zu wollen, den von Obama gestoppten Bau der Keystone-XL-Pipeline | |
wieder voranzutreiben und mit der Deportation von „zwei Millionen | |
kriminellen illegalen Einwandern“ zu beginnen. | |
## Ohne Kongress kann Trump keine Mauer bauen | |
Vieles davon kann er ohne den Kongress umsetzen. Beispiel Deportation: | |
Obama brauchte den Kongress nicht, um 2011/12 mit über 400.000 Personen | |
eine Rekordzahl von Menschen zu deportieren – und diese Zahl in den | |
nächsten Jahren fast zu halbieren. | |
Was Trump nicht ohne den Kongress kann: die Mauer an der Grenze zu Mexiko | |
bauen, die Unternehmenssteuern auf 15 Prozent senken, das | |
Infrastrukturprogramm umsetzen, was er angekündigt hat (und was die | |
republikanische Kongressmehrheit schon Obama verweigerte). In all diesen | |
Punkten muss er verhandeln. | |
Alle Reformen aber, die Obama aus Mangel an parlamentarischen Mehrheiten am | |
Kongress vorbei durch Exekutivanordnungen durchgebracht hat, kann Trump per | |
Federstrich zurücknehmen – und das sind immerhin 249 solcher Verordnungen. | |
11 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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