# taz.de -- Ukraine nach Trumps Wahlsieg: Schock und Freude | |
> Ukrainische Politiker reagieren unterschiedlich auf das Wahlergebnis in | |
> den USA. Viele setzen auf die Solidarität der Republikaner. | |
Bild: Politisches Schachspiel? Straßenszene in Kiew | |
Kiew taz | Größtenteils geschockt haben ukrainische Spitzenpolitiker auf | |
den Wahlsieg von Donald Trump bei den US-Präsidentenwahlen reagiert. „Der | |
Sieg von Trump ist eine Katastrophe“, schrieb der Chef der Radikalen | |
Partei, Oleg Ljaschko, am Morgen nach Trumps Wahlsieg in seinen | |
Facebook-Account. | |
In aller Ruhe hatte man die Kontakte zum demokratischen Establishment in | |
den USA ausgebaut. Dass es beim jüngsten USA-Besuch von Präsident Petro | |
Poroschenko zu keinem Treffen mit Präsidentschaftskandidat Donald Trump | |
gekommen war, hatte niemanden interessiert. | |
Spätestens seit Trumps Ankündigung, er werde die Krim als Teil des | |
russischen Staates anerkennen, und seinen Sympathiebekundungen für | |
Russlands Präsidenten Wladimir Putin konnte sich niemand für den Outsider | |
und Underdog im amerikanischen Wahlkampf erwärmen. Noch Ende Juli hatte | |
Innenminister Arsen Awakow Trump als „gefährlichen Politiker am Rand des | |
politischen Spektrums“ bezeichnet und an seinen Text eine Karikatur von | |
Trump und Putin, die sich im Stil von Honecker und Breschnew küssen, | |
angehängt. | |
Trump, so der Expremier Arsen Jazenjuk, sei mit seinen Äußerungen zur Krim | |
eine Herausforderung für die gesamte freie Welt. Aufs falsche Pferd gesetzt | |
hatte auch der Oligarch Wiktor Pintschuk. Der Mann, der sowohl den früheren | |
Präsidenten Wiktor Janukowitsch als auch den Maidan finanziert hatte, | |
dürfte es schwer haben, mit der neuen US-Administration ins Geschäft zu | |
kommen. 25 Millionen Dollar hatte der Mäzen in den vergangenen Jahren an | |
die Clinton-Stiftung gespendet. | |
Grund zum Lachen hat hingegen der vor Kurzem zurückgetretene Gouverneur von | |
Odessa, Michail Saakaschwili. Stolz verkündete er am Morgen nach Trumps | |
Wahlsieg, dass er mit Trump seit 20 Jahren befreundet sei. Und als Beweis | |
seiner Freundschaft passte er noch am Mittwoch sein Facebook-Profil der | |
neuen Lage an. Wer nun seine Seite besucht, sieht ihn neben dem neuen | |
US-Präsidenten. | |
## Persönlichen Faktor nicht unterschätzen | |
Freude über den Trump-Sieg herrscht auch beim Oppositionsblock, der | |
Nachfolgepartei von Wiktor Janukowitschs Partei der Regionen. Dessen | |
Führung, so die ukrainische Tageszeitung Westi, habe einen direkten Draht | |
zu dem Trump-Berater Paul Manafort. Und dieser war vor nicht allzu langer | |
Zeit noch Berater von Wikor Janukowitsch. Auch die Abgeordneten Wadim | |
Rabinowitsch und Jewgenij Murajew, die Gründer der neuen Oppositionspartei | |
„Für das Leben“, scheinen die Gunst der Stunde nutzen zu wollen. | |
Ihre derzeit täglichen Demonstrationen mehrerer Tausend Menschen gegen die | |
Korruption im Zentrum von Kiew wollen sie nun in andere Städte ausdehnen. | |
Über viel Sendezeit beim Kanal Newsone, dessen Besitzer Jewgenij Murajew | |
ist, kann sich auch seit Neuestem Michail Saakaschwili freuen. „Hier | |
entsteht ein neues Bündnis aus Politikern des Oppositionsblocks, | |
Saakaschwili und Julia Timoschenko“, mutmaßt eine Zeitungsverkäuferin an | |
der U-Bahn-Station „Teatralna“. | |
Es gibt aber im Establishment auch Stimmen, die in dem Sieg von Trump gar | |
keinen Grund zur Beunruhigung sehen. „Man darf nicht vergessen, dass am | |
Dienstag nicht nur ein neuer US-Präsident, sondern auch ein neuer Kongress | |
gewählt worden ist“, erinnert der Politologe Sergei Postolowskij. „Und die | |
Republikaner haben die Ukraine konsequenter unterstützt als die | |
Demokraten.“ | |
Auch der Republikaner John McCain, der sich für die Lieferung von letalen | |
Waffen an die Ukraine einsetzt, sei wiedergewählt worden. Man dürfe auch | |
den persönlichen Faktor nicht unterschätzen, stellt der frühere Abgeordnete | |
Taras Tschornowil fest. Poroschenko und Trump seien als Geschäftsleute in | |
die Politik gekommen. Trump habe keinen Respekt vor reinen | |
Berufspolitikern. | |
11 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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