# taz.de -- Trump entschärft Bankenregelungen: Todesstoß für Finanzreform | |
> Der Boss im Weißen Haus kippt Regeln, die neue Finanzkrisen verhindern | |
> sollen: Trump erleichtert somit Spekulationsgeschäfte der Banken. | |
Bild: „Lästige“ Fesseln werden entfernt: die New Yorker Börse an der Wall… | |
BERLIN taz | Der neue US-Präsident Donald Trump will die Bankenregulierung | |
entschärfen. Er werde dazu zwei Dekrete unterzeichnen, hieß es aus | |
Washingtoner Regierungskreisen. Damit erfüllt Trump ein | |
Wahlkampfversprechen. Immer wieder hatte er gegen die Bankenregulierung in | |
den USA gewettert, den sogenannten Dodd-Frank Act. | |
Dieses Gesetzespaket hatte Trumps Amtsvorgänger Barack Obama am 21. Juli | |
2010 unterschrieben und es damals als die „ehrgeizigste Finanzreform seit | |
der Weltwirtschaftskrise“ bezeichnet. Nie wieder sollte es zu einer Pleite | |
wie der der US-Investmentbank Lehman Brothers kommen, die im Herbst 2008 | |
das weltweite Finanzsystem erschüttert hatte. | |
Die Aktienmärkte reagierten am Freitag gelassen auf die Nachricht von | |
Trumps neuen Dekreten. Der Deutsche Aktienindex (DAX) bewegte sich fast gar | |
nicht, und auch die Finanztitel legten kaum zu. Denn die Anleger haben die | |
geplante Finanzreform längst „eingepreist“. Sie wussten seit Monaten, dass | |
Trump die Spekulation für die Banken wieder erleichtern würde. | |
Wie ein Trump-Mitarbeiter am Freitag erläuterte, sei Obamas Gesetz „in | |
vielerlei Hinsicht weit übers Ziel hinausgeschossen“. Denn es habe | |
„Hunderte neue Regulierungsvorschriften“ geschaffen und den Banken „riesi… | |
Mengen an Arbeit und Aufwand“ aufgebürdet. | |
Diese Darstellung ist nicht ganz falsch. Obamas Dodd-Frank Act ist recht | |
chaotisch. Allein der reine Gesetzestext hat 849 Seiten. Hinzu kommen 398 | |
Verordnungen, die die Aufsichtsbehörden erlassen sollten. | |
## Papierberg aus Washington | |
Also wuchs der Papierberg immer weiter. Wie die American Bankers | |
Association täglich auf ihrer Website mitzählt, umfassen die geplanten | |
Regulierungsvorschläge derzeit 10.522 Seiten, und die bereits beschlossenen | |
Vorschriften machen weitere 14.720 Seiten aus. Aber damit ist das Ende noch | |
längst nicht erreicht. Manche Vorschriften sollen erst 2021 in Kraft | |
treten. Diese Papierflut aus Washington kam den Banken jedoch ganz gelegen, | |
denn es ergeben sich viele Regulierungslücken, die sich gezielt ausnutzen | |
ließen. | |
Zu den vielen Verordnungen gehört auch die Volcker Rule, die Trump nun | |
wieder kippen will und die nach dem früheren Chef der US-Notenbank Fed, | |
Paul Volcker, benannt ist. Diese Regel soll den Banken den Eigenhandel | |
untersagen, sodass sie nicht mehr auf eigene Rechnung, sondern nur noch im | |
Auftrag von Kunden spekulieren dürfen. | |
Über die Volcker Rule wurde jahrelang verhandelt, bis sie schließlich am | |
21. Juli 2015 in Kraft trat. Viel bewirkt hat dieses Spekulationsverbot | |
bisher jedoch nicht, wie den offiziellen Statistiken zu entnehmen ist. Noch | |
immer werden weltweit pro Jahr Derivate im Wert von knapp 500 Billionen | |
Dollar gehandelt – das ist kaum weniger als vor der Finanzkrise 2008. Auch | |
die Akteure sind unverändert. Noch immer dominieren die Banken an der Wall | |
Street das globale Geschäft. Sollte Trump also die Volcker-Regel wieder | |
abschaffen, würde sich an der Praxis der US-Banken wenig ändern. | |
Die Finanzaufsicht will Trump ebenfalls beschneiden. Vor allem die neue | |
US-Behörde für den Verbraucherschutz im Finanzwesen (CFPB) hat die | |
Republikaner stets gestört. | |
## Zahlreiche Aufsichtsbehörden | |
Allerdings waren die Aufsichtsbehörden auch bisher nicht besonders | |
effektiv, denn sie wurden durch den Dodd-Frank Act noch weiter | |
zersplittert. „Die Finanzindustrie hatte Angst, dass eine Behörde zu | |
mächtig werden könnte“, erklärt die Politikprofessorin Sharyn O’Halloran | |
von der New Yorker Columbia-Universität. „Also wurde die Zahl der wichtigen | |
Spieler erhöht.“ | |
Insgesamt gibt es in den USA derzeit rund 135 Aufsichtsorgane. Allein für | |
die großen Banken sind landesweit inzwischen elf Behörden zuständig, deren | |
Kompetenzen sich fast immer überschneiden. Bei jedem Thema, ob Hedgefonds | |
oder Derivate, sind mindestens zwei Kontrollorgane involviert. „Das System | |
wurde bewusst so gestaltet, dass es ineffektiv ist“, stellt O’Halloran | |
fest. | |
In Washington kommen auf jeden Kongressabgeordneten etwa fünf Lobbyisten | |
von Banken und Versicherern, die Milliarden an Wahlkampfspenden verteilen. | |
Diese Lobbyisten haben dafür gesorgt, dass der Dodd-Frank-Act nur | |
eingeschränkt funktioniert hat. Trump erledigt jetzt den Rest. | |
3 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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