# taz.de -- Erste Folgen von Trumps Sieg: Goodbye, Mary Jo White | |
> Die Chefin der US-Börsenaufsicht tritt zurück – eine Frau, die der Wall | |
> Street die Zähne zeigte. Vieles weist darauf hin, dass Trump der Mann der | |
> Banken ist. | |
Bild: „Legt euch nicht mit Mary Jo an“, sagte Obama, als er sie ernannte. S… | |
WASHINGTON/BERLIN taz | Die größte Herausforderung im Leben von Mary Jo | |
White, so sagt sie, war ein Baseball. Die Chefin der US-Börsenaufsicht SEC | |
ist eine kleine Frau, und Anfang September steht sie im Stadion der New | |
York Mets einem Zwei-Meter-Typen mit Baseballschläger gegenüber. Als großer | |
Fan des Sports durfte sie den zeremoniellen ersten Pitcher geben und den | |
Baseball in Richtung des Hünen schleudern. | |
Mary Jo White ist jetzt als Chefin der Börsenaufsicht zurückgetreten, was | |
ein deutliches Zeichen dafür ist, dass der neue US-Präsident genau das tut, | |
was er angekündigt hat: sämtliche Finanzmarktreformen von Barack Obama | |
zurücknehmen. White war eine der zentralen Figuren bei deren Umsetzung. | |
Die Anekdote mit dem Baseball erzählte White Ende September auf der | |
Jahreskonferenz der Sifma, eines US-amerikanischen Wirtschaftsverbands, der | |
die Banken vertritt. Ihre Botschaft inmitten diverser Wall-Street-Manager | |
war klar: Ich weiß, ich hab euch viele Regeln aufgezwungen. Aber da geht | |
noch was. Es gibt härtere Herausforderungen als euch Burschen. Baseball | |
etwa. | |
Whites Behörde vertritt per Definition die Interessen von Anlegern – die | |
darunter leiden, wenn sich die Wall Street verzockt. Sie war unter anderem | |
dafür zuständig, die Regeln des Dodd-Frank-Acts auszuarbeiten. Das Gesetz | |
war Obamas Antwort auf die Finanzkrise und umfasst heute fast 22.000 | |
Seiten. „Legt euch nicht mit Mary Jo an“, sagte Obama, als er sie vor fast | |
vier Jahren ernannte. Als Staatsanwältin in Manhattan hatte sie in den 90er | |
Jahren Terroristen und Mafiosi angeklagt. Obama bezeichnete White als „Cop“ | |
– und diesem Job ist sie nachgekommen. Unter ihrer Ägide ging die SEC gegen | |
dutzende Banken vor, unter anderem gegen die Deutsche Bank wegen | |
vermeintlicher Falschangaben in ihren Finanzberichten. Der Fall endete mit | |
einem Vergleich, bei dem die Deutsche Bank 55 Millionen Dollar zahlte. | |
Mit ihrem Rücktritt kam White einer Entlassung zuvor. Das Dodd-Frank-Gesetz | |
gilt bei vielen Republikanern als Hindernis für Wachstum. Dagegen sehen vor | |
allem linke Demokraten darin einen Weg, die Finanzmärkte zu zügeln. | |
Einer der wichtigsten Punkte ist die Regel, dass Geschäftsbanken besonders | |
riskante Zockereien auslagern müssen. Trumps genaue Position ist bisher | |
unklar: Sein Team hat zwar bereits zwei Tage nach der Wahl angekündigt, den | |
Dodd-Frank Act zu „entschärfen“. Im Wahlkampf griff er aber teilweise linke | |
Forderungen nach härteren Regeln für die Wall Street auf. Vermutlich reine | |
Rhetorik: Einen wichtigen Posten in seiner Regierung, möglicherweise | |
Finanzminister, soll Jeb Hensarling erhalten, Vorsitzender des Ausschusses | |
für Finanzmarktaufsicht im Repräsentantenhaus und erklärter Freund der Wall | |
Street. Die jubelt derweil: Die Aktien der US-Großbanken legten seit Trumps | |
Wahl kräftig zu. | |
White galt als harter Hund im Umgang mit den Bankern, hatte aber auch | |
prominente Kritiker. Unter anderem die Senatorin Elizabeth Warren, die als | |
Hoffnungsträgerin vieler linker Demokraten gilt. Sie forderte kürzlich von | |
Obama, White zu entlassen. Denn bereits 2008 hatte der Kongress | |
beschlossen, dass Konzerne künftig ihre Lobbyausgaben offenlegen müssen – | |
und White habe die Regeln bis heute nicht umgesetzt, so Warren. Was jetzt | |
auch egal ist: Die Republikaner wollen den Beschluss wieder kippen. Dann | |
darf jeder weiter vor sich hin lobbyieren. | |
15 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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