# taz.de -- Präsidentschaftswahl in den USA: Jetzt haben die Wahlleute das Wort | |
> Am Montag werden die Wahlleute wohl mehrheitlich ihre Stimme für Trump | |
> abgeben. Doch es hagelt Proteste und Aufrufe, das Votum zu blockieren. | |
Bild: 16.Dezember 1940: Wahlmänner des Bundesstaates New York wählen den Prä… | |
NEW YORK taz | Das Wahlgremium scheint wie der Strohhalm, nach dem die | |
Trump-GegnerInnen greifen. Bevor die 538 Mitglieder des Gremiums Montag in | |
den Hauptstädten ihrer Bundesstaaten ihre Stimme abgeben, sind sie mit | |
E-Mails, Briefen, Telefonanrufen, Videos und Petitionen bombardiert worden. | |
Darin war von der „Unfähigkeit“ des Mannes, von Wahlmanipulationen durch | |
Russland und von Gefahren für das Land und seine Demokratie die Rede. Der | |
Stil reichte von flehentlich bis drohend. Aber das Fazit war identisch: | |
„Stoppt Trump.“ Zehn Wahlleute – darunter ein Republikaner – haben in e… | |
offenen Brief vergeblich um ein Briefing durch die Geheimdienste gebeten. | |
Andere haben eine Verschiebung der Entscheidung beantragt. | |
Normalerweise bleiben die Wahlleute im Hintergrund. Ihre Entscheidung fällt | |
eineinhalb Monate nach der Wahl – eine Formsache, bei der das Ergebnis | |
bestätigt wird. Aber im Jahr 2016, das so viele Gewissheiten umgeworfen | |
hat, gibt es keine Routine. Es beginnt mit den Zahlen und damit, dass die | |
unterlegene Kandidatin Hillary Clinton besser abgeschnitten hat als der | |
Wahlsieger. Clinton bekam 2,8 Millionen Stimmen, über zwei Prozent, mehr | |
als Trump. | |
Das ist in der US-Geschichte mehrfach vorgekommen. So im Jahr 2000, als | |
George W. Bush Präsident wurde, obwohl der Demokrat Al Gore eine halbe | |
Million mehr Stimmen hatte. Aber nie war der Unterschied so groß. | |
## Erfindung der weißen „Gründerväter“ | |
Zahlenmäßig schwach ist auch Trumps Rückhalt bei den WählerInnen insgesamt. | |
Er bekam nur die Stimmen von 23 Prozent der WählerInnen der USA. Doch es | |
steht fest, dass er in den Swing-States, den Bundesstaaten, die die | |
entscheidenden Wahlleute entsenden, die Mehrheit errang. | |
Das Wahlgremium ist eine Erfindung der weißen „Gründerväter“ aus den | |
Anfangsjahren der USA, als weder Frauen noch SklavInnen ein Mitspracherecht | |
hatten. Es gab den Sklavenhaltern in den Südstaaten die Möglichkeit, trotz | |
der Entrechtung weiter Teile ihrer schwarzen Bevölkerung bei nationalen | |
politischen Entscheidungen gleichberechtigt mit zu reden. Bis heute gibt es | |
den kleinen und dünn besiedelten Bundesstaaten mehr Gewicht als den | |
städtischen Zentren. | |
Wie die Wahlleute stimmen, ist abhängig von den Verfassungen ihrer | |
Bundesstaaten. Manche verlangen, dass alle Wahlleute so stimmen, wie die | |
Mehrheit der WählerInnen. Andere lassen einen Proporz zu. Und nur ein Teil | |
der Wahlleute darf ihrem Gewissen folgen. Gerade, weil das Gremium | |
dezentral und im Schatten entscheidet, ist offen, wie der Wahlgang ausgeht. | |
Wenig überraschend haben bekannte DemokratInnen öffentlich gemacht, dass | |
sie gegen Trump stimmen werden. Hingegen hat von republikanischer Seite nur | |
ein Wahlmann, der Texaner Christopher Suprun, erklärt, dass er Trump für | |
untauglich hält und gegen ihn stimmen wird. | |
## Dem Gewissen folgen | |
Clinton hat bislang geschwiegen. Ihr ehemaliger Wahlmanager hingegen hat | |
dazu aufgerufen, Trump im Electoral College zu blockieren. Er begründete | |
das mit der Rolle Russlands bei der Wahl. | |
In Hollywood haben Stars in einem Video versucht, das Gremium aufzurütteln. | |
Und noch am Samstag zogen Demonstrationen durch die Hauptstädte | |
verschiedener Bundesstaaten, in denen die Wahlleute aufgefordert wurden: | |
„Folgt euren Gewissen!“ | |
Der Filmemacher Michael Moore, der mehrfach öffentlich an die Wahlleute | |
appelliert hat, gegen Trump zu stimmen, schrieb an diesem Wochenende: | |
„Lasst eure Wahldepression hinter euch und kämpft, wie ihr nie gekämpft | |
habt.“ Dieser Aufruf gilt für die kommenden vier Jahre. | |
19 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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