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# taz.de -- Pro und Contra OSZE-Gipfel in Hamburg: Sinnvoller Protest oder sinn…
> Wenn Ende der Woche in Hamburg der OSZE-Gipfel stattfindet, wird dagegen
> von links demonstriert. Aber ist die OSZE nicht wichtig für den Frieden?
> Ein Pro & Contra
Bild: Unversöhnlicher Antikapitalismus gegen krawattenlose Diplomatie: Wer ist…
## Pro – Die OSZE ist eine sinnvolle diplomatische Organisation
Man kann diskutieren, ob es klug ist, ein Treffen von 57 Außenministern und
ihrem Tross mitten in einer Großstadt zu organisieren. Aber wenn man solche
Konferenzen nicht grundsätzlich ablehnt, gehört das Treffen der
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eindeutig
zu den sinnvolleren. Dagegen zu demonstrieren, ist ungefähr so gescheit,
wie ein Protest gegen die nächste Klimakonferenz.
Ob sich hochrangige Regierungsvertreter überhaupt treffen müssen, könnte
man fragen. Reichen nicht Videokonferenzen? Nein, denn die stoßen bei einer
hohen Teilnehmerzahl an Grenzen und sie bieten auch nicht die Gelegenheit
zu den kleinen Treffen am Rande, die es erst ermöglichen, dass
Verhandlungen voran kommen und Vertrauen zwischen den Teilnehmern entsteht.
Vertrauen ist ein zentrales Stichwort bei der OSZE. Man muss sich vor Augen
führen, dass die OSZE in den 1970er-Jahren als Konferenz für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (KSZE) geschaffen wurde, um den Kalten Krieg nicht
heiß werden zu lassen. Die Themen waren Rüstungskontrolle, Menschenrechte,
vertrauensbildende Maßnahmen – Themen, die mit der Annexion der Krim durch
Russland und den autoritären Staatsumbau in der Türkei unversehens wieder
akut geworden sind.
Der OSZE-Vorläufer KSZE hat sich als Instrument der Konfliktentschärfung
und des friedlichen Wandels bewährt. Je mehr sich vertraute Muster in der
Politik auflösen und die internationale Politik ins Fließen gerät, desto
wichtiger ist eine Struktur wie die OSZE, in der man ins Gespräch kommen
und sich auf Standards verständigen kann.
Das OSZE-Treffen aufs Land zu verbannen, täte dem Anliegen der Konferenz
Unrecht und auch den Politikern und Diplomaten, die hier zusammenkommen.
Das zu fordern, ist in gewisser Weise unpolitisch, weil es mit
verschwörungstheoretischem Gestus „die Politiker“ pauschal für korrupt
erklärt – und den Staat dazu. Dabei ist der Staat angesichts der
entfesselten Finanzindustrie und der Internetmonopolisten, aber auch
angesichts des globalen Umweltproblems wichtiger denn je. Gernot Knödler
## Contra – Wer Refugees Welcome sagt, kann die OSZE nicht okay finden
Die Idee, die der OSZE vorausging, war nicht schlecht: eine vermittelnde
Organisation, die im Kalten Krieg für Frieden sorgen sollte. Was aber
daraus geworden ist, schafft nicht Sicherheit und Frieden, sondern Elend
und Ungerechtigkeit. Klar: Nicht bei uns. Sondern vor den Grenzen Europas.
„Border Management“ ist eine der Kernaufgaben der OSZE. Mithilfe
hochentwickelter Militärtechnologien und gigantischer
Überwachungsmaschinerien wird hocheffizient daran gearbeitet, dass Arme
nicht nach Europa kommen, sondern im Zweifel an den Grenzen sterben. Dazu
gehören auch gewissenlose Deals mit Geheimdiensten und Diktatoren. Wer
„Refugees Welcome“ sagt, kann die OSZE nicht okay finden.
Gegen eine Klimakonferenz zu protestieren, ist übrigens auch sinnvoll. Zwar
könnte man es zunächst für eine gute Idee halten, dass sich PolitikerInnen
treffen, um für das Klima oder für die Sicherheit zu planen. Aber die
TeilnehmerInnen stehen für etwas, das sich in den Ergebnissen solcher
Konferenzen spiegelt: eine Politik auf Kosten des Klimas und des globalen
Südens.
Außerdem: Welche Legitimation soll das OSZE-Gremium überhaupt haben? Es
treffen sich die AußenministerInnen von 57 Ländern, um Politstrategien
globaler Ausmaße zu besprechen. Aber: Sie repräsentieren ausschließlich
Länder der Nordhalbkugel. Wie will man das rechtfertigen?
Vielleicht hilft ein Vergleich: Die MieterInnen eines Hochhauses wollen
sich organisieren, um den hausinternen Frieden zu sichern.
Teilnahmeberechtigt sind aber nur die MieterInnen aus den oberen, den
teuren Penthousewohnungen. Eben: Das wäre absurd.
Gut zu heißen, dass das Treffen mitten in Hamburg stattfindet, weil der
Staat dadurch sichtbar wird, ist naiv. Ja, er wird sichtbar: als
Repressionsapparat. In der Stadt läuft ein großer Testlauf für den
G20-Gipfel. Wie sonst will man erklären, was da aufgefahren wird, obwohl
kaum Proteste zu erwarten sind? Mit 13.000 BeamtInnen, 18 Panzern, 10
Hubschraubern und 23 Wasserwerfern spielt die Polizei Planspiele für die
urbane Aufstandsbekämpfung. Katharina Schipkowski
5 Dec 2016
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
Gernot Knödler
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