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# taz.de -- OSZE-Treffen in Hamburg: Gipfel ohne Konsens
> Mit dem Ministerrat in Hamburg endet der deutsche Vorsitz der OSZE. Die
> Erwartungen waren groß, Fortschritte bleiben aus.
Bild: Gerade weil alle dabei sind, fällt es den OSZE so schwer, irgendeine Ent…
Berlin taz | Zumindest erfordert nicht auch noch der Speiseplan einen
Konsens. Zum Mittagessen lädt Außenminister Frank-Walter Steinmeier am
Donnerstag ins Bootshaus des Ruderclubs Germania, seinen Kollegen lässt er
dort regionale Küche servieren: Hamburger Krabben- und Holsteiner
Kartoffelsuppe, Aalrauchmatjes und Ostseelachsfilet, Rote Grütze und
Franzbrötchen. Keine Debatte, keine Abstimmung, kein Veto. Über das Menü
bestimmt allein der Gastgeber.
Das war es dann aber auch schon mit den einfachen Entscheidungen. 1.600
Teilnehmer, darunter 50 Außenminister, werden sich am Donnerstag und
Freitag zum OSZE-Ministerrat in Hamburg treffen. Auf der Tagesordnung
stehen Ukraine-Konflikt, Terrorbekämpfung und Konfliktprävention. Vor
Beginn des Gipfels dämpfen deutsche Diplomaten aber die Erwartungen:
Abgesehen vom Mittagsmenü trifft die OSZE ihre Entscheidungen eben nur im
Konsens, die Mitgliedstaaten sind jedoch zerstritten, und so rechnen die
Beteiligten nicht mit wegweisenden Entscheidungen.
Die Erwartungen vom Jahresanfang haben sich nicht erfüllt. Im Januar 2016
übernahm Deutschland für zwölf Monate den Vorsitz der OSZE, die so etwas
wie der Wuppertaler SV unter den internationalen Organisationen ist:
respektable Vergangenheit, heute ein wenig vergessen, aber mit Hoffnung auf
eine brauchbare Zukunft.
Mitglieder der OSZE sind die USA und Kanada, alle europäischen Staaten und
sämtliche Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Während des Kalten Kriegs
brachte sie Ost und West zum Dialog zusammen, später diente sie unter
anderem als Forum für Abrüstungsgespräche, heute entsendet sie
Beobachtermissionen in Konfliktgebiete. Nötige Reformen innerhalb der
Organisationen kamen zuletzt aber nicht voran – ein Grund für den
Bedeutungsverlust.
## Eine OSZE-Polizeimission in der Ukraine wäre eine Premiere
Erst durch den Ukraine-Konflikt geriet die OSZE wieder in den Fokus: In
Zeiten eines neuen Ost-West-Konflikts, so die Hoffnung, könnte sie wie
einst im Kalten Krieg zur Annäherung beitragen. „Kooperation statt
Konfrontation, Dialog statt Sprachlosigkeit, Diskurs statt Abschottung. In
diesem Geist wollen wir die Instrumente und Foren der OSZE unter unserem
Vorsitz stärken“, sagte Steinmeier Ende 2015 im Bundestag, kurz bevor
Deutschland an die Spitze der Organisation rückte.
Entscheidende Fortschritte gibt es zwölf Monate später aber kaum. Beispiel
Ukraine: Seit 2014 beobachtet eine OSZE-Mission dort die brüchigen
Waffenstillstände. Vorschläge für den nächsten Schritt liegen schon lange
vor, darunter die Entsendung einer bewaffneten OSZE-Polizeimission. So ein
Einsatz wäre für die Organisation aber eine Premiere. Unsicher ist daher
nicht nur Russlands Zustimmung, sondern die etlicher weiterer
Mitgliedsländer. Eine Entscheidung in Hamburg hält das Auswärtige Amt für
nahezu ausgeschlossen.
„Wir haben das Konsensprinzip in der OSZE als wichtigstes Bauprinzip. Das
bedeutet, dass alle Länder tatsächlich zustimmen müssen, und da ist es
natürlich so, dass bei der Beurteilung des Konflikts hier die Ansichten
ziemlich weit auseinander liegen“, sagte vor Gipfelbeginn Gernot Erler,
Sonderbeauftragter der Regierung für das Vorsitzjahr.
Definitiv keine Einigung wird es in einem zweiten Punkt geben: der
gegenseitigen Rüstungskontrolle. Nach Ende des Kalten Kriegs hatten sich
Russland und der Westen auf Rüstungsobergrenzen und gemeinsame
Überprüfungsmechanismen geeinigt. Spätestens seit der Ukraine-Krise
funktioniert dieses System aber nicht mehr, die Schuld schieben sich beide
Lager gegenseitig zu.
Auf einer inoffiziellen OSZE-Tagung hatte Steinmeier im September einen
Neustart vorgeschlagen, vor zwei Wochen erklärten 14 europäische
Außenminister nach einem Sondertreffen in Berlin ihre Unterstützung. In
einer gemeinsamen Erklärung hieß es, die OSZE sei für das Projekt der
geeignete Rahmen.
Auch in Hamburg wird Steinmeier für seinen Vorschlag werben – allerdings
nur am Rande des Gipfels, außerhalb der offiziellen Tagesordnung. Russland
verhält sich in der Angelegenheit bislang zurückhaltend, die Balten sind
nicht gerade begeistert und die USA werden sich vor dem Regierungswechsel
im Januar ohnehin nicht positionieren. Ein Beschluss oder zumindest eine
offizielle Absichtserklärung zum Thema ist daher illusorisch. Nur für
seinen Vorschlag werben will Steinmeier in Hamburg, damit das Thema auch
2017 im Gespräch bleibt – wenn er selbst ins Schloss Bellevue zieht und der
OSZE-Vorsitz an Österreich übergeht.
7 Dec 2016
## AUTOREN
Tobias Schulze
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