# taz.de -- US-General Cheney über den Klimawandel: „Trump ist kein Ignorant… | |
> Viele Militärs sehen gewaltige Klima-Probleme in der Zukunft – sie | |
> appellieren an Trumps rationalere Seite. Doch auch die Army trägt kräftig | |
> zur Erderwärmung bei. | |
Bild: Hat jetzt auch schon gesagt, dass da doch was dran sein könnte, am Klima… | |
taz: General Cheney, heißt die größte Bedrohung für die nationale | |
Sicherheit der USA Donald Trump? | |
Stephen Cheney: Das ist ein bisschen weit hergeholt. Wir wissen es einfach | |
nicht. Ich kann den neu gewählten Präsidenten auch nicht auf der Basis von | |
Wahlkampfversprechen kritisieren. Aber wir mobilisieren jetzt natürlich | |
unsere Ressourcen, um den Positionen zu begegnen, die er zum Klimawandel | |
haben könnte. Wir werden an seine rationalere Seite appellieren, an seine | |
Rolle als Geschäftsmann: Es gibt mehr Jobs in den USA bei den erneuerbaren | |
Energien als bei Kohle, Öl und Gas zusammen. | |
Das US-Militär sagt: Klimawandel ist eine Bedrohung von der Bedeutung des | |
Terrorismus oder einer Wirtschaftskrise. Was tun Sie mit einem | |
Oberbefehlshaber, der sagt: Klimawandel ist nur ein Schwindel, den die | |
Chinesen erfunden haben? | |
Das ist eine schwere Frage. Wenn er kommt und sagt, er glaubt da nicht | |
dran, streicht das Geld für diese Programme und bringt Leute rein, die den | |
Klimawandel leugnen und hindert die Umweltbehörde EPA daran, die | |
Kohlekraftwerke zu regulieren, dann kann man nicht viel machen. Außer ihm | |
sagen: Du musst erkennen, das ist ein reales Problem. Trump ist kein | |
Ignorant. Er lernt schnell. Und wenn die internationale Gemeinschaft | |
mobilisiert wird, wird das seine Wirkung haben. Er muss zuhören. | |
Er wird erst mal auf seine Berater hören. Können Sie sich vorstellen, dass | |
Sicherheitsberater Michael Flynn ihm sagt: Aus militärischer Sicht ist der | |
Klimawandel ein Problem? | |
Ich kenne Flynn, er wird als Datenspezialist sehr respektiert. Auch er hat | |
im Wahlkampf unmögliche Dinge über den Islam gesagt, um den Wählern zu | |
gefallen. Zum Klima kenne ich keine Äußerung von ihm. Aber ich würde | |
erwarten, dass er genau das tut, nämlich hinter verschlossenen Türen dem | |
Präsidenten sagt: Hier sind die Probleme, und so können wir vorgehen. | |
Sie sagen, keiner weiß, was Trump will. Für das Militär sind Planung und | |
Vorhersehbarkeit aber zentral. | |
Die militärische Perspektive ist: Plane für das Schlimmste, hoffe aufs | |
Beste. Wir Militärs sind sehr gut im Planen. Was treibt Instabilität, ist | |
es Boko Haram in Afrika, Isis im Mittleren Osten, welche Rolle spielt der | |
Klimawandel, welche Kräfte brauchen wir, wo ist die Bedrohung für die USA? | |
Es ist vielleicht schwierig, der Regierung Trump das zu sagen, aber das | |
Verteidigungsministerium wird für diese Fälle weiterplanen. Der ehemalige | |
Oberkommandeur im Pazifik sagte, von allen Bedrohungen ist Klimawandel die | |
mit der längsten Perspektive. | |
Militärs geben sich gern realistisch. Hier kommt eine ganze Regierung, die | |
über Klimawandel nicht realistisch denkt, sondern ideologisch ablehnt, was | |
die Wissenschaft sagt. | |
Eine einfache Analogie: Wenn Ihr Sohn krank ist und Sie gehen mit ihm zu | |
hundert Ärzten: 99 sagen, er braucht diese Operation, einer sagt Nein. Ich | |
glaube, Sie würden diese Operation machen lassen. Der ehemalige | |
Verteidigungsminister Dick Cheney sagte, wenn es eine einprozentige Chance | |
gibt, dass der Iran Nuklearwaffen bekommt, sollten wir was dagegen tun. | |
Beim Klima gibt es überwältigende Beweise. Das Militär wird für den | |
schlimmsten Fall planen und Donald Trump Vernunft einreden. | |
Warum nimmt das Militär den Klimawandel so ernst? | |
Wir denken taktisch und strategisch. Bei der Taktik fürchten wir etwa, dass | |
unsere Militärbasen wie Diego Garcia im Indischen Ozean vom steigenden | |
Meeresspiegel verschluckt werden. Strategisch machen wir uns Sorgen | |
darüber, wohin wir möglicherweise Truppen schicken müssen, weil Regionen | |
instabil werden. Ihr Europäer denkt, ihr habt eine Menge Flüchtlinge durch | |
den Krieg in Syrien. | |
Aber in den nächsten 20 Jahren werden aus Bangladesch 20 bis 30 Millionen | |
Menschen vor dem steigenden Meeresspiegel fliehen. Gehen sie nach | |
Indonesien, ins größte muslimische Land der Welt, wo Extremisten sich | |
radikalisieren. Unsere Kommandeure im Pacific Command sind darüber wirklich | |
sehr besorgt. Das ist ein Potenzial für Terrorismus und Instabilität in | |
ganz Südostasien. Alle unsere langjährigen Verteidigungsplanungen schließen | |
deshalb den Klimawandel ein. Das kann ein neuer Verteidigungsminister | |
natürlich ändern, aber das wäre extrem kurzsichtig. | |
Das Militär trägt zum Klimawandel kräftig bei. | |
Der größte Verbraucher von fossilen Treibstoffen in den USA ist das | |
Verteidigungsministerium. Viele dort wollen weg von den fossilen | |
Brennstoffen, denn die Logistik kostet viel Zeit und macht verwundbar. In | |
Afghanistan und Irak haben wir etwa eintausend Soldaten dabei verloren, den | |
Nachschub von fossilen Brennstoffen zu sichern und zu verteidigen. Es gibt | |
für den Strom Solarenergie und Windkraft als Alternativen zum | |
Dieselgenerator. Und inzwischen kann praktisch jeder US-Kampfjet mit | |
Kerosin aus Biotreibstoffen fliegen. | |
Was Sie sagen, klingt logisch. Aber was, wenn für die neue Regierung diese | |
Logik nicht gilt? Trump hat bisher oft gegen vermeintliche Logik gewonnen. | |
Der Vergleich hinkt, aber trotzdem: Schauen Sie sich Präsident Duterte auf | |
den Philippinen an. Wir hatten lange ein gutes Verhältnis zu diesem Land, | |
dann wollte Duterte keine Zusammenarbeit mehr. Jetzt nimmt er das | |
schrittweise zurück, und seine Militärs sagen: Wir werden gute Beziehungen | |
mit den USA behalten. Mit Trump könnte es ähnlich sein. Das Militär muss | |
die Stimme der Vernunft sein. Wir nehmen die Politik aus der Situation und | |
sagen: Schau dir die Welt an, wie sie ist. Wir sind dazu da, unser Land zu | |
verteidigen. | |
Ab 20. Januar ist Donald Trump auch Oberbefehlshaber aller US-Streitkräfte. | |
Lässt es Sie ruhig schlafen, dass Trump den Code für Nuklearwaffen bekommt? | |
Darüber habe ich lange nachgedacht. Ich glaube, Trump weiß gar nicht, was | |
die „nukleare Triade“ ist, U-Boote, Raketen, Bomber. Der Mann ist Präsident | |
und kann buchstäblich von jedem dieser Elemente Atomwaffen abfeuern. Aber | |
er ist kein Verrückter, das wird einfach nicht passieren. Es gibt das | |
Potenzial, aber Putin hat das gleiche Potenzial, und auch der wirft nicht | |
mit Atombomben. Nein, ich kann gut schlafen, auch mit Trump am nuklearen | |
Drücker. Der Mann hat das politische Spiel sehr gut gespielt, er hat alle | |
geschlagen, er ist nicht dumm. Er lernt schnell, er wird auf die Vernunft | |
hören, auch wenn er ein paar feste Überzeugungen hat. Mit dem Klimawandel | |
wird das schwer, aber er hat jetzt auch schon gesagt, dass da doch was dran | |
sein könnte und dass er offen ist. Das ist doch positiv. | |
Sie machen sich selbst Mut. | |
Wir dürfen nicht in Panik verfallen. Jetzt ist die Zeit, Leute zu | |
mobilisieren, die sich um das Thema kümmern, die das gut darstellen können | |
und die ihn nicht angreifen, sondern es ihm beibringen. Das sind Militärs | |
wie bei uns im American Security Project oder der internationalen Gruppe | |
Global Military Advisory Council on Climate Change. Das gilt auch für | |
andere Staatsoberhäupter und Länder. | |
Wenn Sicherheitsberater Flynn es nicht tut: Ist es vorstellbar, dass sich | |
ein General vor den US-Präsidenten hinstellt und ihm ins Gesicht sagt: Wir | |
müssen etwas gegen den Klimawandel tun? | |
Das passiert dauernd. Militärische Planer kommen zum Verteidigungsminister | |
und zum Präsidenten und sagen, das planen wir und wir planen es aus diesem | |
Grund. Die Politik kann natürlich trotzdem sagen, dafür geben wir kein | |
Geld. Aber alle unsere Militärschulen ermutigen dazu, Probleme von allen | |
Seiten zu sehen. Wir machen immer Planspiele, die nach dem schlimmsten | |
Szenario fragen. Es gibt viele Möglichkeiten, andere Ansichten zu | |
vertreten, allerdings nicht in der Öffentlichkeit, Damit geht man nicht zur | |
Zeitung. Man macht das hinter geschlossenen Türen. | |
Wird er auf Angela Merkel hören, wenn sie ihm beim G-20-Treffen auf das | |
Klimathema anspricht? | |
Das könnte er tun, ja. Ich hoffe, dass Klima bei den G 20 zur Sprache | |
kommt. 70 Prozent aller Staaten, praktisch alle entwickelten Länder, haben | |
den Klimawandel in ihren Verteidigungsstrategien. Jemand sollte sagen, hey | |
USA, entzieht euch nicht eurer Verantwortung für das Pariser Klimaabkommen. | |
Der US-Kongress hat im Sommer dem Pentagon die Mittel verwehrt, um die | |
Flottenbasis in Norfolk, Virginia auf den steigenden Meeresspiegel | |
vorzubereiten – weil es den Klimawandel nicht gäbe. Wie kann das Militär | |
auf so etwas reagieren? | |
Es ist verrückt, wenn Kongressabgeordnete dem Militär sagen, für welche | |
Bedrohungen wir uns zu rüsten haben und welche wir ignorieren sollten. Das | |
ist genau das, was das Militär und die Leute tun, die für die nationale | |
Sicherheit zuständig sind: in langen Zeiträumen denken, neue Bedrohungen | |
erkennen und überlegen, wie man ihnen begegnen kann. | |
Wird Trump auf militärische Logik hören? | |
Ja. Ich glaube, die neue Regierung wird zuhören. Trump hat seine Sprache | |
und seine Ansichten schon bei so vielen Dingen geändert. Denken Sie dran: | |
„Lock her up!“, hat er über Hillary Clinton gesagt. Das wird er nicht tun. | |
Sie meinen: Wir müssen darauf hoffen, dass der Präsident sein Wort nicht | |
hält. | |
Bei manchen Sachen sicher, bei anderen nicht. Er wird und muss sich von | |
vielen Sachen distanzieren, die er im Wahlkampf gesagt hat. Wir wissen nur | |
bislang nicht, welche Punkte das sein werden. | |
11 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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