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# taz.de -- Völkermord in Ruanda: Die Kirche gesteht ihre Mitschuld
> An den Massakern an den Tutsi im Jahr 1994 waren auch viele Geistliche
> beteiligt. Das hat die Katholische Kirche nun eingestanden – und sich
> entschuldigt.
Bild: In der Kirche von Ntamara wurden mehrere tausend Menschen getötet. Sie w…
Berlin taz | Zum ersten Mal hat sich die katholische Kirche für die
Mittäterschaft katholischer Geistlicher beim Völkermord in Ruanda 1994
entschuldigt. In allen katholischen Kirchen Ruandas wurde am Sonntag eine
entsprechende Botschaft der katholischen Bischofskonferenz des Landes zum
Abschluss des „Heiligen Jahres der Barmherzigkeit“ verlesen.
„Obwohl die Kirche niemanden losschickte, um Böses zu tun, entschuldigen
wir, der katholische Klerus, uns für einige Kirchenmitglieder, Kleriker,
Diener Gottes und Christen im Allgemeinen, die eine Rolle beim Völkermord
an den Tutsi 1994 spielten“, hieß es in der Erklärung laut den am Montag
veröffentlichten Auszügen.
„Wir entschuldigen uns im Namen aller Christen für die verschiedenen
Verbrechen, wir sind traurig darüber, dass einige der Unseren ihr durch die
Taufe eingangenes Gelübde brachen (…) Wir entschuldigen uns für alle Sünden
des Hasses und der Spaltung, die in unserem Land geschaffen wurden, bis
dahin, dass wir unsere Landsleute wegen ihrer Volkszugehörigkeit hassten.
Wir bitten um Vergebung“, so die Erklärung weiter. „Wir entschuldigen uns
für alle Hirten, die Konflikte schürten und die Saat des Hasses säten.“
Ruanda war während der Kolonialzeit das katholischste Land Afrikas
geworden. Katholische Missionare lehrten, dass die vorkoloniale
Herrscherschicht der Tutsi ein fremdes Eroberervolk sei und die
Hutu-Bauernmehrheit das eigentliche ruandische Volk. Dies wurde zur
Staatsideologie Ruandas, als es 1962 unter Führung ehemaliger katholischer
Hutu-Seminaristen unabhängig wurde. Zahlreiche Tutsi wurden getötet oder
vertrieben.
## Katholische Kirchen waren Massakerorte
Als bewaffnete Tutsi-Flüchtlinge 1990 wieder in Ruanda einmarschierten,
reagierte die Hutu-Staatsmacht mit dem Versuch der organisierten Ausrottung
aller Tutsi im Land: rund eine Million Menschen wurden zwischen April und
Juli 1994 getötet, bis die Tutsi-Rebellen die Macht ergriffen und die
Völkermordtäter in den benachbarten Kongo flohen.
Katholische Kirchen waren 1994 Massakerorte. Zu Zehntausenden suchten Tutsi
damals Schutz in Kirchen. Viele Geistliche luden dann Armee und
Hutu-Milizen ein, sie umzubringen. Manche beteiligten sich selbst oder
segneten die Mörder.
Anbetung der Jungfrau Maria und strenger Katholizismus gehören bis heute
zur Ideologie flüchtiger Völkermordtäter und ihrer Sympathisanten wie der
in Deutschland inhaftierte Präsident der Hutu-Miliz FDLR (Demokratische
Kräfte zur Befreiung Ruandas), Ignace Murwanashyaka.
Bislang hatte die katholische Kirche ein Schuldeingeständnis abgelehnt.
Auch heute besteht sie darauf, nicht als Institution beteiligt gewesen zu
sein. Aber die neue Stellungnahme wurde nun vom Verband der ruandischen
Völkermordüberlebenden (Ibuka) begrüßt.
„Manche Priester dachten bisher, sie seien geschützt, weil die Kirche
schwieg“, sagte Ibuka-Chef Jean-Pierre Dusingizemungu. „Aber die Dinge
werden sich jetzt ändern.“
21 Nov 2016
## AUTOREN
Dominic Johnson
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