# taz.de -- Aufruf gegen Ruandas Völkermörder: Straflosigkeit muss ein Ende h… | |
> Die anhaltende Straflosigkeit für die noch flüchtigen Täter des | |
> ruandischen Völkermordes vergrößert das Leid der Überlebenden. Ein | |
> Appell. | |
Bild: Vor allem für die Angehörigen der Opfer des Geozids in Ruanda ist es wi… | |
Dutzende Verantwortliche für den ruandischen Völkermord leben in Europa, | |
vor allem in Frankreich – allzu oft unbehelligt von der Justiz. Während des | |
Völkermords an Ruandas Tutsi 1994 haben sie nicht nur geplündert, | |
gefoltert, vergewaltigt und massakriert, sondern auch rekrutiert, gelehrt | |
und organisiert. Es sind keine Mitläufer, sondern unter ihnen befinden sich | |
die Hauptverantwortlichen. | |
Mehrere von ihnen werden mit internationalem Haftbefehl gesucht oder wurden | |
bereits von Ruandas Justiz wegen Völkermords oder Verschwörung zum | |
Völkermord verurteilt. Seit über zwanzig Jahren [1][schützt die katholische | |
Kirche], die ihnen [2][bei der Flucht behilflich war], mehrere Täter, vor | |
allem in französischen Kirchengemeinden. | |
Sie befinden sich nicht zufällig in Frankreich. Es war die französische | |
Armee, die die Organisatoren und Täter der Auslöschung von über einer | |
Million Tutsi 1994 außer Landes brachte und ihre Flucht deckte. Dies war | |
ein Schlüsselmoment der Kollaboration mit Ruandas Völkermordregime, die vor | |
dem Völkermord begann und danach weiterging. Politiker von rechts und links | |
betrieben diese Politik auf höchster staatlicher Ebene. | |
Die Straflosigkeit, die die Täter des ruandischen Völkermords und ihre | |
Kollaborateure deckt, ist heute die letzte Hürde zur Schaffung von | |
Gerechtigkeit für diesen Genozid. Durch die beispiellosen Bemühungen der | |
ruandischen Bevölkerung und Institutionen seit 1994 sind mehrere | |
hunderttausend Mörder vor die „Gacaca“-Dorfgerichte gestellt worden, das | |
UN-Ruanda-Tribunal (ICTR) hat manche der höchstrangigen Täter abgeurteilt. | |
Doch die anhaltende Straflosigkeit für flüchtige Täter vergrößert das Leid | |
der Überlebenden. Das ist eine unentschuldbare Ungerechtigkeit, ein | |
skandalöser Rechtsbruch – und für die Jugend Ruandas und Europas ein | |
Hindernis auf dem Weg in eine gemeinsame Zukunft. | |
Unsere Forderung ist einfach: ein Ende der Straflosigkeit für | |
Völkermordtäter und ihre Komplizen. Es ist höchste Zeit, dass alle | |
beteiligten Länder, an erster Stelle Frankreich, die strafrechtliche | |
Verfolgung, mit Auslieferung nach Ruanda oder Gerichtsverfahren im Land | |
ihres Aufenthalts, von Völkermordtätern und ihren Komplizen ins Zentrum | |
ihrer Strafrechtspolitik stellen, damit endlich Gerechtigkeit waltet. Das | |
Ende der Straflosigkeit für Völkermordtäter und ihre Komplizen muss als das | |
gesehen werden, was es ist: eine moralische, menschliche, soziale, | |
politische, historische und damit juristische Dringlichkeit. Unsere | |
Generation steht in der Verantwortung, den nächsten Generationen die | |
Möglichkeit zu bieten, gemeinsame eine „imbere heza“ zu schaffen: eine gute | |
Zukunft. | |
(Übersetzung: Dominic Johnson) | |
Unterzeichnende sind unter anderem ([3][vollständige Liste finden Sie | |
hier]): | |
Benjamin Abtan, Vorsitzender des European Grassroots Antiracist Movement – | |
EGAM | |
Bernard Kouchner, früherer Außenminister, Mitgründer von „Ärzte ohne | |
Grenzen“ und „Ärzte der Welt“ (Frankreich) | |
Beate und Serge Klarsfeld, Vorsitzende von „Fils et filles de déportés | |
juifs deFrance“ (Deutschland und Frankreich) | |
John Hume, Friedensnobelpreisträger (Irland) | |
Patrick de Saint-Exupéry, Autor und Journalist (Frankreich) | |
Marie Darrieussecq, Schriftstellerin (Frankreich) | |
Munira Subašić, Sprecherin der „Mütter von Srebrenica“ (Bosnien und | |
Herzegowina) | |
Efraim Zuroff, Direktor des Simon Wiesenthal Center (Israel), | |
Jean Pierre Dusingizemungu, Präsident von IBUKA (Dachverband der | |
Überlebenden des Genozids in Ruanda) | |
Boubacar Boris Diop, Autor und Journalist (Senegal) | |
Louis Michel, Mitglied des Europaparlaments, ehemaliger EU-Kommissar für | |
Entwicklung und Humanitäre Hilfe, früherer stellvertretender | |
Premierminister und Außenminister (Belgien) | |
Gérard Biard, Chefredakteur von „Charlie Hebdo“ (Frankreich) | |
Miguel Ángel Moratinos, früherer Außenminister (Spanien) | |
Jonathan Littell, Autor und Filmemacher (USA/Frankreich) | |
Eren Keskin, Vizepräsidentin der Menschenrechtsorganisation IHD (Türkei) | |
Benjamin Stora, Historiker und Direktor des Museums für | |
Einwanderungsgeschichte (Frankreich) | |
Peter Meiwald, Mitglied des Bundestags (Deutschland) | |
Fadela Amara, Gründerin von „Ni Putes Ni Soumises“ und frühere | |
Staatssekretärin (Frankreich) | |
Linda Melvern, Investigativjournalistin (Großbritannien) | |
7 Apr 2017 | |
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