# taz.de -- Berliner Senatorin Lompscher (Linke): Auf sie baut Berlin | |
> Für das Schlüsselressort Stadtentwicklung ist Katrin Lompscher zuständig. | |
> Gelingt es ihr, genug Wohnungen zu bauen und den Mietanstieg zu dämpfen? | |
Bild: Ein linker Feger: Lompscher gemeinsam mit BSR-Mitarbeitern auf Putztour 2… | |
Glaubt man dem, was Berliner Sozialdemokraten dieser Tage erzählen, hat | |
Katrin Lompscher ein Rumpfressort bekommen. Stadtentwicklung ohne Verkehr | |
und Umwelt, so legt es sich die SPD zurecht, sei kein Gestaltungsressort | |
mehr, deshalb habe man sich bei der Aufteilung der Senatsverwaltungen für | |
Bildung entschieden. Mit dem vermeintlichen Rumpfressort muss nun die | |
designierte Linken-Senatorin Katrin Lompscher klarkommen. | |
Für die 54-jährige ehemalige Umweltsenatorin und | |
stadtentwicklungspolitische Sprecherin ist das nur Hintergrundrauschen. Sie | |
weiß, dass als Bau- und Stadtentwicklungssenatorin viele Augen in der Stadt | |
auf sie gerichtet sein werden. Wird sie genügend bauen, um den Mietanstieg | |
zu dämpfen? Schafft sie es, die SPD-geprägten Domänen Bauverwaltung und | |
Wohnungsbaugesellschaften auf Kurs zu bringen? Und welche Ideen hat sie für | |
die Mitte, den Alexanderplatz und andere Stadträume? | |
Wer dieser Tage mit Katrin Lompscher spricht, erlebt eine Politikerin, die | |
zunächst einmal die Erwartungen dämpft. „Man soll die Latte nicht so hoch | |
hängen, dass es unrealistisch wird“, sagt sie. Und auch: „Man kann | |
Prognosen nicht hinterherbauen.“ Die Botschaft ist klar: Während | |
Noch-Bausenator Andreas Geisel (SPD) seinen politischen Erfolg an die Zahl | |
fertiggestellter Wohnungen geknüpft hat, ist seine Nachfolgerin | |
vorsichtiger, man kann auch sagen: pragmatischer. Ohnehin hatte sich die | |
Linke im Wahlkampf immer wieder dafür eingesetzt, auch die 1,9 Millionen | |
bestehenden Wohnungen nicht aus den Augen zu verlieren. | |
320.000 Wohnungen davon verwalten die sechs landeseigenen | |
Wohnungsbaugesellschaften. In dieser Legislaturperiode sollen noch einmal | |
55.000 dazukommen. Bis 2025 will Rot-Rot-Grün die Zahl der landeseigenen | |
Wohnungen sogar auf 400.000 erhöhen – durch Neubau und Zukäufe. Die neue | |
Bausenatorin weiß, dass sie nur dann Erfolg haben wird, wenn sie mit | |
Degewo, Gesobau, Gewobag, der WBM, Stadt und Land und der Howoge gut | |
zusammenarbeitet. „Ich nehme die Vorstände der Gesellschaften nicht als | |
meine Gegner wahr“, sagt sie deshalb. Dicke Bretter hat sie dennoch zu | |
bohren. Viele dieser Vorstände sind aus der privaten Wohnungswirtschaft zu | |
den landeseigenen Gesellschaften gewechselt. Sie auf mehr Gemeinwohl zu | |
verpflichten, wie es der Koalitionsvertrag verspricht, dürfte keine leichte | |
Aufgabe werden. | |
Und dann ist die noch die eigene Verwaltung, von der viele Beobachter | |
sagen, dass sie durch und durch sozialdemokratisch sei. Auf der anderen | |
Seite haben viele Mitarbeiter zu verstehen gegeben, dass sie sich von | |
Lompschers SPD-Vorgängern Andreas Geisel und Michael Müller nicht | |
mitgenommen gefühlt haben. | |
Eine Steilvorlage für eine, die auch das Betriebsklima im Blick hat. „Ich | |
schätze es, wenn Mitarbeiter motiviert sind“, sagt Lompscher. Auch sie weiß | |
darum, dass mehr Tempo bei Genehmigungen und Entscheidungen nur möglich | |
ist, wenn Mitarbeiter risikobereit sind – und zur Not von oben | |
Rückendeckung bekommen. | |
Mit dem Bau- und Stadtentwicklungsressort kehrt Lompscher wieder auf ihr | |
angestammtes Feld zurück. Zu DDR-Zeiten arbeitete die gebürtige Berlinerin | |
in der Bauakademie, nach der Wende dann im Institut für Raumplanung und | |
Strukturforschung IRS in Erkner, wo sie auch Betriebsratsvorsitzende war. | |
Bevor sie 2006 Umweltsenatorin wurde, war sie fünf Jahre lang Baustadträtin | |
in Lichtenberg. | |
## Realitäten anerkennen | |
Ideologisches Herangehen an Themen ist der resoluten Politikerin fremd, | |
eher sagt sie, dass man Realitäten zur Kenntnis nehmen müsse. Das gilt auch | |
für den Alexanderplatz, wo sie sich nicht mit aller Kraft gegen neue | |
Hochhäuser stemmt. Am Rathausforum will sie das Ergebnis des | |
Bürgerbeteiligungsverfahren „Alte Mitte, neue Liebe“ weiterentwickeln. Soll | |
heißen: den Freiraum zwischen Fernsehturm und künftigem Humboldt-Forum | |
freundlicher gestalten. | |
Offen für Neues ist sie an der Spree. „Ich unterstütze die Idee eines | |
Flussbades“, sagt Lompscher. Allerdings müsse das Welterbe Museumsinsel | |
respektiert werden. Einen möglichen Einstieg in den Spreekanal sieht sie im | |
Staatsratsgarten, den man zur Spee hin öffnen könnte. | |
Anders als Andreas Geisel, der Bebauungsplanverfahren gern mal an sich zog, | |
wird Lompscher mit Sicherheit ein kollegialeres Verhältnis zu den Bezirken | |
pflegen. Das gilt nicht nur für die Ostbezirke, in denen die Linke | |
traditionell stark ist, sondern auch für Charlottenburg. Hier, tief im | |
Westen, hat Lompscher direkt für das Abgeordnetenhaus kandidiert. Und in | |
Charlottenburg hat sie inzwischen auch ihren Lebensmittelpunkt. | |
28 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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