# taz.de -- Nachwehen der Berliner Wahl: Szenen einer Staatspartei | |
> Der ehemalige SPD Senator für Stadtentwicklung, Andreas Geisel, trauert | |
> um den Verlust seines Ressorts. Dass er Innensenator wird, erscheint | |
> wenig tröstlich. | |
Bild: Da durfte er noch am großen Rad drehen: Andreas Geisel (SPD). | |
Geladen hatte am Donnerstagabend der SPD-Fachausschuss „Soziale Stadt“ ins | |
Kreuzberger IG-Metall-Haus, um über den Koalitionsvertrag und die | |
Wohnungspolitik zu debattieren. Da standen beim Socializing vor der Debatte | |
Andreas Geisel, der bereits fast ehemalige Senator für Stadtentwicklung, | |
und sein Staatssekretär Engelbert Lütke-Daldrup zusammen. Letzteren stellte | |
Moderator Volker Härtig bereits in der Vergangenheitsform vor. | |
Den Abend hatten sich alle etwas anders vorgestellt. Halb leerer Saal, von | |
„Erotik der Macht“ keine Spur. Hier trafen sich Verlierer, um sich zu | |
trösten. Die Stimmung beschrieb Moderator Härtig mit „darniederliegend“ u… | |
„dass alles nicht ganz leicht zu verdauen ist“. Auch Andreas Geisel sagte | |
zu seinen „lieben Genossinnen und Genossen“, dass er „mit der Fassung | |
ringe“ und sich frage, „wie es dazu kommen konnte.“ Trotzdem referierte | |
Geisel ohne jeden Selbstzweifel über all die Projekte der vergangenen zwei | |
Jahre, die er als Senator angeschoben hatte. Und dass er eigentlich nur dem | |
Dilemma zum Opfer gefallen sei, dass die SPD entweder Bildung oder | |
Stadtentwicklung habe aufgeben müssen. | |
Am Ende redete er sich seine Niederlage schön, indem er darauf verwies, | |
dass er nun Innensenator werde und tapfer „den Job übernimmt, den niemand | |
machen will“. Einen neuen Tonfall übend, beschrieb er die Zustände im | |
kommenden Berlin so: „Kiffen und den Verfassungsschutz abschaffen.“ Aber | |
man dürfe „den sozialen Zusammenhalt nicht nur links der Mitte | |
organisieren“. Als Einziger gut gelaunt auf dem Podium war Rainer Wild vom | |
Berliner Mieterverein: „Wir sind zufrieden!“ Voller Hoffnung auf einen | |
künftig „ausgeglichenen Mietmarkt“ war ihm klar, dass dies „einem privat… | |
Vermieter keinen Spaß macht“. Was einige im Saal murrend zur Kenntnis | |
nahmen. | |
Für „die Privaten“ bezog sich Bauunternehmer Thomas Groth wiederholt mit | |
verzweifeltem Unterton auf „die Normalverdiener“ und tat kund, er müsse | |
sich „nun mal mit Frau Lompscher treffen“. Und Noch-Staatssekretär | |
Lütke-Daldrup hoffte ganz positivistisch, „dass das Faktische sich | |
durchsetzen und nach einem Jahr an der Regierung einiges zurechtrütteln | |
wird“. | |
Offensichtlich trafen sich an diesem Abend viele Vertreter jener | |
Sozialdemokraten, die SPD-Fraktionschef Raed Saleh in einem Papier kurz | |
nach der letzten Wahl als „Staatspartei“ bezeichnet hatte. | |
18 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Christoph Villinger | |
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