# taz.de -- Hochhäuser in Berlin: Hoch hinaus und günstig | |
> Die City West hat es vorgemacht, nun kommt der Alexanderplatz. Doch das | |
> Hochhaus der Zukunft ist nur sechzig statt 150 Meter hoch und zudem | |
> wirtschaftlich. | |
Bild: Der ABC Tower am Alexa | |
Derzeit liegen die Russen vorne. Im Juni hat der Investor Monarch Group | |
die Baugenehmigung beantragt, und schon 2019 könnte der „Alexander – | |
Berlins Capital Tower“, Berlins erstes Wohnhochhaus, fertig sein. Mit | |
seinen 39 Geschossen, vier davon unter der Erde und einer Höhe von 150 | |
Metern, ist das von den Architekten Ortner und Ortner entworfene 250 | |
Millionen teure Bauwerk ein Projekt der Superlative. | |
Das spornt natürlich auch die Amerikaner an. Nachdem der Streit über die | |
Haftung für eine mögliche Havarie am Tunnel der U2 beigelegt ist, steht | |
auch der Investor Hines in den Startlöchern. Auch das vom Starachitekten | |
Frank Gehry geplante 150 Meter hohe „Alexanderplatz Residential“ neben | |
Saturn wird ein Wohnhochhaus. Damit wird nicht nur der Alexanderplatz zum | |
Hochhausplatz. Auch die Diskussionen über das Bauen hoch hinauf in den | |
Himmel wird in Berlin neu befeuert werden. | |
Schon vor einem Jahr hatte Daniel Libeskind, der Architekt des Jüdischen | |
Museums, gefordert, neu über das Bauen von Hochhäusern nachzudenken. | |
Berlin, so Libeskind, „muss damit aufhören, Gebäude nur noch horizontal zu | |
bauen“. Christoph Langhoff, Architekt des 118 Meter hohen Upper West am | |
Breitscheidplatz, legte Ende Dezember nach. „Berlin wird höher“, | |
prophezeite er in einem Zeitungsinterview. | |
Fast zwanzig Jahre nachdem Hans Kollhoff den Alexanderplatz mit zwölf 150 | |
Meter hohen Türmen zu einem Berliner Manhattan umbauen wollte, ist aus der | |
Hochhausdebatte ein Hochhausbauen geworden. In der City West wird neben dem | |
Waldorf Astoria ab Frühjahr das Upper West in die Höhe ragen, und am Estrel | |
in der Sonnenallee soll demnächst das mit 175 Metern höchste Berliner | |
Gebäude nach dem Fernsehturm entstehen. Demgegenüber nehmen sich die drei | |
hundert Meter hohen Häuser am Potsdamer Platz aus wie Spielzeugtürmchen. | |
Die Mehrzahl dieser Hochhäuser wird freilich nicht die Signalwirkung haben | |
wie das Upper West oder der geplante Alexander Tower. Und das hat vor allem | |
mit der Wirtschaftlichkeit zu tun, rechnet der Baustadtrat von Mitte, | |
Ephraim Gothe (SPD), vor. „Ab einer Höhe von sechzig Metern schreibt die | |
Bauordnung den Einbau eines zweiten Treppenhauses vor“, erklärt Gothe. Ab | |
sechzig Meter gehen also nicht nur die Häuser durch die Decke, sondern auch | |
die Baukosten. Wirtschaftlich würden Hochhäuser erst wieder ab einer Höhe | |
von 100 Meter, stimmt auch Architekt Langhoff zu. Dennoch bleiben die | |
Baukosten höher als im normalen Geschosswohnungsbau. Das erklärt auch, | |
warum die über hundert Meter hohen Wohntürme nur Wohnungen im Luxussegment | |
beherbergen. | |
Zehn- bis Zwanziggeschosser dagegen sind auch für Gothe die Wohnbauten der | |
Zukunft. In der Krautstraße südlich vom Strausberger Platz etwa will die | |
landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Mitte WBM zwei Hochhäuser mit | |
insgesamt 68 Wohnungen zwischen 37 und 86 Quadratmetern bauen. Luxus wird | |
hier nicht entstehen, sondern die vom rot-rot-grünen Senat gewünschte | |
Neubaumischung. So sollen zwei Drittel der Wohnungen altersgerecht oder | |
barrierefrei sein, ein Drittel der Wohnungen, so die WBM, „kann durch | |
Förderung im preisreduzierten Mietsegment angeboten werden“. | |
Allerdings gibt es Streit. „Die Krautstraße ist in Aufruhr“, sagte eine | |
Vertreterin einer Bürgerinitiative nach einer Anwohnerversammlung im | |
Sommer. Denn die WBM will nicht abwarten, bis ein neuer Bebauungsplan | |
erstellt wird, wie es die BVV fordert. Sie hat einen Bauantrag gestellt, | |
der sich allein an den vorhandenen Bauten der Umgebung orientiert. Und weil | |
in der Krautstraße ohnehin schon Hochhäuser stehen, hat die | |
Wohnungsbaugesellschaft gute Karten. | |
Florian Schmidt dagegen pocht auf den Bebauungsplan. Der neue Baustadtrat | |
der Grünen bezieht sich dabei auf den Koalitionsvertrag, der mehr Teilhabe | |
verspricht, und will im Januar alle Beteiligten noch mal an einen Tisch | |
holen. Die Wohnungsbaugesellschaften, sagt er, können nicht mehr so einfach | |
Fakten schaffen, für ihn gehören Bauen und Moderieren zusammen. | |
Mit ähnlichen Problemen muss sich auch Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe | |
herumschlagen. Hier will die WBM ein neues Hochhaus an der Fischerinsel | |
errichten. Auch wenn er in diesem Fall skeptisch ist, glaubt Gothe, dass | |
den 60 Meter hohen Häusern die Zukunft gehört. Für alles, was höher geht, | |
brauche es einen Plan auf Senatsebene. Das könnten die Bezirke nicht allein | |
stemmen. | |
Ein solches Hochhauskonzept hat zuletzt der Architekt Tobias Nöfer | |
vorgeschlagen. Überall dort, wo die großen Ausfallstraßen auf die Ringbahn | |
treffen, könnten Hochhäuser entstehen, etwa am Innsbrucker Platz, am | |
Heidelberger Platz oder am Südkreuz. An 25 Standorten schwebt Nöfer ein | |
„Ring aus Hochhäusern“ vor, der die Schnittstelle zwischen der inneren | |
Stadt und der äußeren Stadt markiere. | |
Obwohl die Gegner eines solchen Konzepts befürchten, dass nach dessen | |
Verabschiedung dort die Bodenpreise in die Höhe schnellen, hat sich auch | |
die neue Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) für einen | |
solchen Hochhausplan ausgesprochen. Am Alexanderplatz aber will sie nach | |
dem Alexander Tower und dem Hines Tower keine weiteren Türme. Der Grund: | |
„Das Verhältnis zur Fernsehturmkugel muss gewahrt werden.“ Gegen 120 Meter | |
hohe Türme, wie das Park Inn Hotel, hätte sie allerdings nichts. | |
12 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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