| # taz.de -- Sinnvolle Sanktionen gegen die Türkei: Von Putin lernen | |
| > Daumenschrauben anziehen – das ist die einzige Sprache, die Erdoğan | |
| > versteht. Doch die EU weiß nicht, wie das geht. Dabei hat's Russland | |
| > vorgemacht. | |
| Bild: Diesmal kein Türkei-Urlaub? Eine mögliche Strafe | |
| Sanktionen, warum Sanktionen, das trifft doch sowieso nur die Falschen. Das | |
| bringt auch gar nichts, stattdessen ist es besser, den Gesprächsfaden nicht | |
| abreißen zu lassen. Wollt ihr die Türkei etwa isolieren und die Opposition | |
| gänzlich der Willkür und Repression Präsident Erdoğansüberlassen? | |
| Tatsächlich sind Sanktionen immer eine zweischneidige Angelegenheit. Die | |
| Sanktionen, die die UNO in den 1980er Jahren gegen den Irak Saddam Husseins | |
| verhängt hatte, stürzten den Diktator nicht, sondern führten letztlich | |
| dazu, dass die Bevölkerung nicht einmal mehr mit Medikamenten versorgt | |
| werden konnte. | |
| Auch jahrelange Sanktionen gegen den Iran führten nicht dazu, dass das | |
| Mullah-Regime aufgeben musste, machten es aber immerhin möglich, dass der | |
| Iran nach jahrelangen Verhandlungen zu einem Verzicht auf ein | |
| Atomwaffenprogramm bereit war. | |
| Was würde also ein Sanktionsprogramm gegen die türkische Regierung und | |
| Präsident Erdoğanbringen? Vielleicht sollte man die Frage andersherum | |
| stellen. | |
| Was bringt es, weiterhin mit der türkischen Regierung über mögliche | |
| Verhandlungskapitel im Beitrittsverfahren zur EU zu reden? Was bringt es, | |
| wenn Bundeskanzlerin Merkel öffentlich verkündet, sie sei „in hohem Maße | |
| alarmiert“ über die Entwicklung und verurteile die massenhaften | |
| Verhaftungen von Oppositionellen. Als EU-Parlamentspräsident Martin Schulz | |
| Anfang letzter Woche verkündete, mit der Verhaftung von 12 Journalisten der | |
| Zeitung Cumhuriyet sei eine „rote Linie“ überschritten, antwortete ihm | |
| Ministerpräsident BinalYılderım,die roten Linien von Schulz seinen ihm | |
| egal, „nur das Volk könne in der Türkei rote Linien ziehen“. | |
| ## Erdoğan ist auf EU-Investitionen angewiesen | |
| Und als die EU-Führung sagte, bei Wiedereinführung der Todesstrafe würden | |
| die Beitrittsverhandlungen ausgesetzt oder beendet, reagierte Erdoğanmit | |
| der Ankündigung, das türkische Parlament würde demnächst über die | |
| Wiedereinführung der Todesstrafe abstimmen. Ganz offensichtlich ist | |
| Erdoğanund der Regierung Kritik aus der EU derzeit völlig egal, schlimmer | |
| noch, sie nutzen diese, um zu zeigen, wie wenig „der Westen“ sie | |
| „maßregeln“ kann, indem sie Kritik höhnisch zurückweisen. | |
| Will man auf das Verhalten Erdoğansnoch Einfluss nehmen, reicht folgenlose | |
| Empörung nicht mehr aus. Die Zurückweisung jeglicher Kooperation muss | |
| Konsequenzen haben, und zwar Konsequenzen, die wehtun. | |
| Die EU ist für die Türkei mit ganz großem Abstand der wichtigste | |
| Handelspartner.Erdoğanist dringend auf Investitionen aus der EU angewiesen. | |
| Allein die Textil- und Autoindustrie, die wichtigsten Devisenbringer | |
| jenseits des Tourismus, sind auf den europäischen Markt zwingend | |
| angewiesen. Wenn Erdoğanso weitermacht, muss man ihm die Daumenschrauben | |
| zeigen. | |
| Wie das geht, hat der russische Alleinherrscher Putin im letzten Jahr | |
| vorgemacht. Kein russischer Charterflieger landete mehr an der türkischen | |
| Mittelmeerküste, Turkish-Airlines erhielt Landeverbot in Russland, | |
| sämtliche türkische Baufirmen mussten das Land verlassen, die Grenzen | |
| wurden für türkische Agrarexporte geschlossen. | |
| Binnen weniger Monate war Erdoğanbereit, in Moskau Abbitte für den Abschuss | |
| eines russischen Kampfjets zu leisten. Die Abhängigkeit der türkischen | |
| Wirtschaft von der EU ist ungleich größer als von Russland. Man muss dieses | |
| Instrument nur nutzen wollen, selbst wenn vorübergehend darunter türkische | |
| Arbeitnehmer und Konsumenten zu leiden haben. | |
| Mit folgenloser Kritik machen die EU und allen voran Deutschland sich | |
| jedenfalls nur noch lächerlich. | |
| 7 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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