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# taz.de -- Bund soll für Fehmarn-Anbindung zahlen: Die ermüdende Brücke
> Die Fehmarnsund-Brücke ist zu schwach für Güterzüge, die eine feste
> Fehmarnbelt-Querung mit sich bringen wird. Die Bahn will nicht sanieren.
Bild: Bröckelt vor sich hin: die Fehmarn-Sund-Brücke.
Hamburg taz | Die Tage der Fehmarnsund-Brücke sind gezählt. Für den
künftigen Güterverkehr mit Skandinavien sei das 53 Jahre Bauwerk zwischen
dem schleswig-holsteinischen Festland und der Ostsee-Insel Fehmarn
„definitiv nicht nutzbar“, sagt Maja Weihgold, Sprecherin für Großprojekte
bei der Deutschen Bahn. Sie sei „statisch nicht in der Lage, die zu
erwartenden Mehrverkehre zu tragen“. Dennoch sei es „eine Option“, die
denkmalgeschützte Brücke zu erhalten – für Fußgänger, Radfahrer und
landwirtschaftlichen Verkehr.
Die Brücke habe „eine geringe beziehungsweise keine Restnutzungsdauer“,
ergab bereits 2013 eine statische Untersuchung unter Hinweis auf
„Materialermüdung“. Diese Prognose bezieht sich darauf, dass nach
Fertigstellung einer festen Fehmarnbelt-Querung zwischen Dänemark und
Deutschland täglich bis zu 78 schwere Güterzüge über den Sund fahren
sollen. Diese wären mit 860 Metern fast so lang wie die Brücke selbst und
würden sie folglich mit ihrem gesamten Gewicht belasten – zu viel.
Deshalb werden zurzeit vier Varianten einer künftigen Fehmarnsund-Querung
auf Machbarkeit und Sinnhaftigkeit überprüft: zwei Brücken- und zwei
Tunnelbauten, jeweils für eine vierspurige Straße und zwei Bahngleise. Das
sei viel zu wenig, findet Bettina Hagedorn. Die SPD-Bundestagsabgeordnete
aus Ostholstein fordert, zusätzlich eine neue Schienentrasse zu prüfen und
die Brücke für den Straßenverkehr zu erhalten. Sie bezweifelt aber, dass
die Bahn daran interessiert ist: „Die Glaubwürdigkeit für die seriöse
Instandsetzungsbereitschaft“ sei anzuzweifeln.
Hagedorns Worte haben besonderes Gewicht, weil sie die Vorsitzende des
Rechnungsprüfungsausschusses (RPA) des Bundestags ist. Ohne Zustimmung
dieses Gremiums fließt kein einziger Euro, von denen aber hätte die
Deutsche Bahn gerne ziemlich viel. Kritiker äußern den Verdacht, dass die
Bahn die Sanierung der betagten Brücke verschleppt, um einen Neubau
durchzusetzen. Denn den müsste der Bund bezahlen – nicht die Bahn.
## 15 Jahre lang fahrlässig versäumt
Der RPA indes fordert, die Betriebsfähigkeit der Brücke bis mindestens 2035
zu gewährleisten, und das könnte teuer werden. Wie teuer, ist noch unklar:
Erst nach einer umfangreichen Brückenprüfung, die für 2018 vorgesehen ist,
„können weitere Maßnahmen zur Unterhaltung festgelegt werden“, stellt das
Bundesverkehrsministerium in einem Bericht an die RPA-Vorsitzende Hagedorn
vom 25. Oktober klar. In den umfangreichen Anlagen zu dem Bericht, welcher
der taz.nord vorliegt, räumt die Bahn erstmals einen kurzfristigen
Sanierungsbedarf in Höhe von 19,8 Millionen Euro ein, lässt aber offen, ob
sie ihn zu beseitigen gedenkt.
Höchst ärgerlich findet das Herbert Behrens, Bundestagsabgeordneter der
Linken aus Niedersachsen und Mitglied des RPA. „Wir werden die Umsetzung
regelmäßig kontrollieren“, kündigt er misstrauisch an. Die Brücke müsse
vollständig instandgesetzt werden, um keine Sachzwänge zu schaffen.
Die würden entstehen, wenn der von Dänemark zu bauende Ostsee-Tunnel im
Fehmarnbelt fertiggestellt sein sollte. Nach aktuellen Berechnungen wird er
mindestens 7,4 Milliarden Euro kosten und frühestens 2028 fertig sein. Die
deutsche Anbindung bis Lübeck dürfte ebenfalls erst 2028 fertiggestellt
sein, die Kosten dafür gibt die Bundesregierung mit mindestens 2,2
Milliarden Euro an. Eine neue Brücke oder ein neuer Tunnel aber käme noch
obendrauf, die Kosten dürften locker auf drei Milliarden Euro steigen.
Hagedorn indes unterstellt, dass die Bahn die Instandhaltung der Brücke
mindestens 15 Jahre lang fahrlässig versäumt habe. Und deutet an, ohne
„glaubwürdige Kehrtwende“ den Geldhahn zuzudrehen. Am Freitag kommen sie
und Martin Burkert (SPD), Vorsitzender des Verkehrsausschusses des
Bundestages, von Gesprächen mit der dänischen Regierung über die
Fehmarnbelt-Querung aus Kopenhagen zurück. Die Aussichten für das
Milliardenprojekt seien düster, sagt Hagedorn: „Ich sehe Gewitterwolken am
parlamentarischen Himmel.“
3 Nov 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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