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# taz.de -- Die Rache des Tunnelarbeiters: Halbgare Fehmarnbelt-Pläne
> Der Bau des Ostsee-Tunnels zwischen Dänemark und Deutschland wird sich
> weiter verzögern und trotzdem hat es Kiels Verkehrsminister plötzlich
> ganz eilig
Bild: Fehmarnbelt: Für quer oben drüberweg braucht's kein Planungsrecht.
HAMBURG taz | Nach zehn Jahren Planung für eine Fehmarnbelt-Querung ist es
jetzt plötzlich total eilig. Ab Mitte Juli werden in zwölf Gemeinden in
Schleswig-Holstein die Planunterlagen für den Ostsee-Tunnel zur
öffentlichen Einsicht ausgelegt. Auf die Gefahr hin, dass die halbgaren
Planungen juristisch angreifbar sind: „Ein unsicheres Verfahren auf Biegen
und Brechen“, wirft der CDU-Landtagsabgeordnete und Tunnel-Fan Hans-Jörg
Arp daher dem schleswig-holsteinischen Verkehrsminister Reinhard Meyer
(SPD) vor.
Im Herbst 2015 waren in Kiel insgesamt mehr als 3.100 Einwendungen von
Privatpersonen und Naturschutzverbänden gegen das Tunnelprojekt (siehe
Kasten) öffentlich erörtert worden. Daraufhin hatten die staatliche
dänische Projektgesellschaft Femern A/S und der schleswig-holsteinische
Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr unfangreiche Planänderungen
vorgenommen, weil die Pläne „zahlreiche, gravierende Mängel“ aufwiesen, w…
mit dem Vorgang Vertraute zu berichten wussten.
Ganz offensichtlich hatte Femern A/S die deutsche Rechtsprechung bei
Infrastrukturprojekten ignoriert und eine Maximallösung angestrebt. Die
werde aber, so verlautete es aus deutschen Planungskreisen, „vor dem
Bundesverwaltungsgericht keinen Bestand haben“. Das dämmerte in diesem Jahr
auch Femern A/S. Bei der Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts über die
Pläne für den Bau der Autobahn A20 samt eines Elbtunnels bei Glückstadt
saßen führende Vertreter der dänischen Realisierungsgesellschaft im
Leipziger Gerichtssaal. Und erlebten mit, wie das Gericht als höchste
Instanz die schleswig-holsteinische Planfeststellung „für rechtswidrig und
nicht vollziehbar“ erklärte und einen Baustopp verhängte. Jetzt wüssten
sie, spottete ein Vertreter eines klagenden Umweltverbandes, „in welcher
Tiefenschärfe deutsche Gerichte ökologische Fragen prüfen“.
Obwohl die Tunnelplanungen weiterhin Mängel aufwiesen, so Arp, werde die
öffentliche Auslegung dennoch vorgezogen, um nicht in die
schleswig-holsteinische Ferienzeit ab Ende Juli zu kommen. Das könnte von
den Einwendern vor Gerichten als Behinderung ihrer
Informationsmöglichkeiten ausgelegt werden, teilte Meyer vorige Woche auf
einer Kabinettssitzung mit. Deshalb bestehe nun also Handlungsbedarf.
Zudem droht bei einigen Umweltuntersuchungen und Gutachten, die Teil der
Planunterlagen sind, das Ende der Haltbarkeitsdauer. Bei einer späteren
Auslegung müssten neue Untersuchungen vorgelegt werden. Das aber brauche
mindestens zwei Jahre Zeit, weil zum Beispiel Vegetationsperioden von
Pflanzen und Reproduktionszyklen von Fischen oder Schweinswalen untersucht
werden müssten.
Der äußerst enge Zeitplan lässt das gar nicht zu, wenn der Bau des Tunnels,
der 2021 eigentlich bereits den Betrieb aufnehmen sollte, dann zumindest
beginnen und 2028 abgeschlossen werden soll. Zudem verfallen 2019 die
Preisgarantien der Baukonsortien, die im Mai mit Femern A/S Verträge
abschlossen: Neuverhandlungen und höhere Preise wären die Folge.
Meyers Sprecher Harald Haase räumt ein, „dass jede Zeitverzögerung ein
Dominostein sein könnte“, der das Projekt gefährde. Er widerspricht aber
der Einschätzung, dass dann neue Umweltuntersuchungen notwendig wären: „Die
Zeit läuft uns nicht davon über die Sommerpause.“ Aber man müsse jetzt mit
der Auslegung beginnen, um vor der Landtagswahl im Mai 2017 einen
Planfeststellungsbeschluss fassen zu können. Das wäre die Voraussetzung, um
eine Tunneleröffnung zum Ende des kommenden Jahrzehnts ins Auge fassen zu
können.
Christdemokrat Arp indes findet, dass Minister Meyer sich nicht rechtzeitig
gekümmert habe. Das Projekt stehe „auf Messers Schneide“.
23 Jun 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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