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# taz.de -- Druck auf Fehmarnbelt-Tunnel: Buddeln ohne Plan und Recht
> Dänemark möchte rasch mit dem Bau des Ostseetunnels beginnen – auch ohne
> Rechtssicherheit auf deutscher Seite. Naturschützer sind empört.
Bild: Protest gegen „Nordeuropas größte Bau-und Umweltsünde“: Zu Tausend…
KIEL taz | Beim geplanten Ostsee-Tunnel zwischen Dänemark und
Schleswig-Holstein verschärft die dänische Seite den Druck. Ein Baubeginn
sei ohne abgeschlossenen gerichtlichen Weg auf deutscher Seite vorstellbar,
ließ jetzt der Chef der dänischen Realisierungsgesellschaft Femern A/S,
Claus Baunkjaer, durchblicken. Die regionale Tageszeitung Lolland-Falsters
Folketidende zitiert ihn mit den Worten, es bestehe „die Möglichkeit,
wenigstens mit einem Teil der Bauarbeiten zu beginnen, bevor der ganze
Planfeststellungsbeschluss die Gerichtsinstanzen durchlaufen hat“.
Femern A/S, das im Auftrag des dänischen Staates den Bau des Bahn- und
Straßentunnels realisieren soll, „bereitet sich intern auf die anstehende
Bauphase vor“, so Baunkjaer laut Folketidende: „Die kann plötzlich
anlaufen, weshalb wir bereit sein sollten.“ Das schleswig-holsteinische
Wirtschafts- und Verkehrsministerium wiegelt auf taz-Anfrage ab. Er habe
„keinen Zweifel“, sagt Minister Reinhard Meyer (SPD), „dass die Dänen vor
dem Tunnel-Baustart den rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss auf
deutscher Seite abwarten werden“.
Mal eben Fakten zu schaffen wäre „ein Affront“, kommentiert Karin Neumann,
Sprecherin der „Beltretter“, die den Tunnel noch verhindern wollen: Der
Dachverband von mehr als 60 Vereinen, Organisationen und Gemeinden an der
Anschlussstrecke zwischen Fehmarn und Lübeck organisiert mit blauen Kreuzen
den Widerstand gegen „Nordeuropas größte Bau- und Umweltsünde“, den
Fehmarnbelt-Tunnel. Mehr als 9.000 förmliche Einwendungen und 84.000
Online-Petitionen wurden bis Ende August gegen die Tunnelpläne eingereicht;
sie werden derzeit geprüft. Der Zeitplan für die öffentliche Erörterung
liegt noch nicht vor.
Sowohl die deutsche als auch die dänische Seite gehen inzwischen davon aus,
dass der Bau des Tunnels nicht vor 2021 beginnen und wahrscheinlich erst
2028 abgeschlossen sein kann. Mit einem Planfeststellungsbeschluss auf
deutscher Seite ist nicht vor Ende kommenden Jahres zu rechnen. Die zu
erwartenden Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht dürften weitere drei
bis vier Jahre in Anspruch nehmen.
Auf dänischer Seite hingegen schuf das Parlament am 28. April 2015 mit
einem Baugesetz gültiges Recht. Vor diesem Hintergrund ist die wachsende
Ungeduld mit dem weitaus komplizierteren deutschen Planungs- und
Umweltrecht verständlich, zumal Dänemark den Tunnel vollständig selbst
finanzieren will. Gleichwohl beginnt in der Mitte des Fehmarnbelts
deutsches Hoheitsgebiet – also der Geltungsbereich deutschen Rechts.
Eben das sieht der Naturschutzbund (Nabu) in Gefahr: Mit dem Tunnelbau zu
beginnen, während auf deutscher Seite noch Gerichte „die Vereinbarkeit des
Mammutvorhabens mitten in einem europäischen Schutzgebiet mit nationalen
und europäischen Umweltrechtsnormen klären“, hält der Fehmarn-Experte des
Nabu, Malte Siegert, für eine „zumindest zweifelhafte Rechtsauffassung“
seitens Femern A/S. Ein solches Vorgehen könnte auch als Versuch gewertet
werden, „unabhängige deutsche Gerichte in ungebührlicher Art und Weise
unter Druck zu setzen“, findet er.
Das sei natürlich überhaupt nicht beabsichtigt, sagt Felix Irmer, Sprecher
von Femern A/S in Deutschland. „Wir kennen und respektieren das deutsche
Genehmigungsverfahren. Ohne den Planfeststellungsbeschluss werden keine
Tunnelbauarbeiten vorgenommen.“ Die Äußerungen Baunkjaers in der Presse
seien lediglich so zu verstehen, dass „die Vorbereitungen für die Bauphase“
weitergingen.
Selbst das wäre aber verzwickt: 2019 enden die Preisgarantien der
Baukonsortien, mit denen Femern A/S im Mai Verträge abgeschlossen hat.
Danach stünden Neuverhandlungen an. Höhere Preise wären die Folge.
22 Sep 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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