# taz.de -- Verzögerter Tunnelbau im Fehmarnbelt: Ohne Plan und ohne Geld | |
> Der Tunnel in der Ostsee wird frühestens 2024 eröffnet – wenn überhaupt. | |
> Zeit und Kosten laufen Dänemark davon. | |
Bild: Die Fähre der Reederei Scandlines könnte noch sehr lange zwischen Fehma… | |
HAMBURG taz | Der geplante Tunnel im Fehmarnbelt verzögert sich weiter. Das | |
hat der dänische Verkehrsminister Hans Christian Schmidt (Liberale) jetzt | |
erstmals eingeräumt. In einem Schreiben an die schleswig-holsteinische | |
Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn (SPD), das der taz vorliegt, nennt | |
er nun 2024 als möglichen Eröffnungstermin. | |
Das wäre eine Verschiebung um fast drei Jahre: Ursprünglich war von Ende | |
2021 die Rede, dann von Anfang 2022. Hagedorn, als Berichterstatterin für | |
Verkehrspolitik im Haushaltsausschuss des Bundestages mit dem Projekt seit | |
Langem vertraut, wertet Schmidts Brief als „Ausdruck von Hilflosigkeit“. | |
Weitere Verzögerungen deutete am Donnerstag nach einem Krisentreffen mit | |
Schmidt Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) in Kiel | |
an: „Mögliche Korrekturen in der Planung“ könnten zu Verzögerungen um ein | |
weiteres Jahr führen, so Meyer. | |
Auf deutscher Seite lassen zudem die Planfeststellungen für die Straßen- | |
und Schienenanbindung an den Tunnel zum Teil noch Jahre auf sich warten. | |
Auch sind die zu erwartenden Gerichtsverfahren aufgrund von Klagen von | |
Betroffenen und Umweltverbänden im Zeitplan nicht berücksichtigt. | |
## Autobahn wird priorisiert | |
Nach einer mehrstündigen Erörterung in der deutsch-dänischen | |
Verkehrskommission, die seit 2011 über grenzüberschreitende Projekte berät, | |
erklärten Meyer und Schmidt übereinstimmend, dass, unabhängig von der | |
Querung des Fehmarnbelt, „die Jütlandroute die wichtigste Verkehrsachse | |
zwischen Dänemark und Deutschland bleiben wird“. Diese Priorisierung der | |
Autobahn 7 über Flensburg und der parallel laufenden Bahnlinie darf als | |
Andeutung verstanden werden, dass die Bedeutung der Beltquerung sinkt. | |
Denn zu den zeitlichen Verzögerungen kommt die finanzielle Ungewissheit: | |
Von den veranschlagten Baukosten in Höhe von etwa 7,4 Milliarden Euro | |
(siehe Kasten) will die EU nach einer Mitteilung von Ende Juni lediglich | |
589 Millionen Euro tragen –weniger als die Hälfte der Summe, die Dänemark | |
bereits eingeplant hatte. | |
Von einem Minus von rund 700 Millionen Euro sprach Schmidt daraufhin und | |
verlangte von der staatlichen dänischen Baugesellschaft Femern A/S, in | |
Neuverhandlungen mit den Baufirmen deren Kostenvoranschläge um diesen | |
Betrag zu drücken. | |
## Einwendung vom Nabu | |
Diese Verhandlungen indes laufen so schleppend, dass Dänemark die für | |
diesen Herbst terminierte Verabschiedung des Baugesetzes im Parlament | |
ausgesetzt hat. Frühestens Ende 2018 könnte nun mit dem auf sechs Jahre | |
veranschlagten Tunnelbau begonnen werden –sofern die Finanzierung gesichert | |
ist und die deutschen Gerichte entschieden haben. | |
Das aber dürfte so nicht eintreten. Denn der Hamburger Rechtsanwalt Rüdiger | |
Nebelsieck, der auch die Klagen von Umweltverbänden gegen die Vertiefung | |
von Weser und Elbe in jahrelangen Verfahren vor dem | |
Bundesverwaltungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof vertritt, hält | |
den Tunnelbau für verfassungswidrig. | |
In einer Einwendung im Auftrag des Naturschutzbundes (Nabu) gegen die | |
Planungen argumentiert Nebelsieck, dass die dänische Staatsfirma Femern auf | |
–oder in –deutschem Boden gar nicht tätig werden dürfe. Bis zur Mitte des | |
Fehmarnbelts ist unstrittig deutsches Hoheitsgebiet. | |
Ein nicht von Deutschland –sondern nur von Dänemark –beauftragtes | |
Unternehmen dürfe da keinen Tunnel bauen und schon gar nicht auf Fehmarn | |
eine Ein- und Ausfahrt errichten. Die Tunneltrasse sei überdies bis zur | |
Mitte die deutsche Bundesstraße 207 –und für die dürfe Femern A/S keine | |
Maut erheben. | |
Der schleswig-holsteinische Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr weist das | |
in einer druckfrischen und ebenfalls der taz vorliegenden Erwiderung | |
zurück: Weder das Bundesverfassungsgericht noch der Europäische Gerichtshof | |
hätten bei den Planungen eine „Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz“ | |
festgestellt, heißt es dort. Indes sind beide Gerichte mit dieser Frage | |
auch noch gar nicht befasst worden. | |
Das aber, so deutet der Nabu an, könne ja noch passieren. Und das, siehe | |
Vertiefung von Weser und Elbe, kann richtig lange dauern. | |
20 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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