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# taz.de -- Kritik an Fehmarnbelt-Tunnel: Pläne außer Kontrolle
> Dänemark will das Baugesetz für den Ostsee-Tunnel beschließen. Auf
> fehlerhafter Grundlage, meint Dänemarks Ex-Verkehrsplaner.
Bild: Soll gebaut werden, obwohl noch nicht mal die Bausumme feststeht: Ostsee-…
KOPENHAGEN taz | Heute verabschiedet das dänische Parlament (Folketing) das
Gesetz über den Bau der festen Querung des Fehmarnbelts zwischen
Deutschland und Dänemark. Der Beschluss wird gefasst, obwohl weder die
Bausumme, der Umfang des EU-Zuschusses noch die Genehmigung der deutschen
Umweltbehörden geklärt ist.
Das Folketing darf und muss nach dem dänischen Grundgesetz große
Investitionsmaßnahmen beschließen. Aber das darf nur auf einer klaren und
fachlich qualifizierten Grundlage geschehen.
Das Abkommen der dänischen politischen Parteien über die feste Querung
wurde 2008 auf einer sehr unsicheren Grundlage getroffen. Aber mit dem
Abkommen hatte die staatliche Realisierungsgesellschaft Femern A/S freie
Hand zur Erstellung von – unglaubwürdigen – Planungsgrundlagen.
Die Parteien haben aber jetzt schon vereinbart, dass die Mauteinnahmen der
Große-Belt-Brücke nicht für das Fehmarnbelt-Projekt verwendet werden
dürfen. Daran kann man sehen, dass sie selber befürchten, dass sich das
Fehmarnbelt-Projekt durch seine Mauteinnahmen voraussichtlich nicht trägt.
Also wird es wahrscheinlich der dänische Steuerzahler sein, der auf dem
Defizit sitzen bleibt.
Denn die Maut über die Große-Belt-Brücke könnte im Jahr 2030 wesentlich
reduziert werden, weil dann die Darlehen zurückgezahlt sein werden. Aber
diesen großen Vorteil für den dänischen Binnenverkehr darf man sich aus der
Fehmarn-Perspektive nicht erlauben, da ihn auch die Reisenden aus
Ostdänemark nach Deutschland nutzen würden, selbst wenn sie dabei 150
Kilometer Umweg in Kauf nehmen müssen.
Daher müsste die Fehmarnbelt-Querung weiter durch die hohe Große-Belt-Maut
geschützt werden – zum Nachteil der dänischen Bürger und der dänischen
Wirtschaft.
Die Mauteinnahmen von den Nutzern des Tunnels müssen Amortisierung und
Zinsen des Anlagedarlehens sowie die laufenden Betriebsausgaben für den
Tunnel decken. Die Prognose der Verkehrsnachfrage ist deshalb entscheidend
für die Wirtschaftlichkeit.
Deshalb sollten internationale und unabhängige Experten die Qualität der
Prognosen prüfen. Die Fehmarn AG hat ein hohes Eigeninteresse daran,
optimistische Verkehrsprognosen zu liefern. Deshalb hätten die Zahlen von
neutralen Fachleuten kontrolliert werden müssen. Das aber ist nicht
geschehen.
Ein Verkehrsprognosemodell aus den 1990er-Jahren hat berechnet, dass die
heutige Fährroute zwischen Rødby und Puttgarden bei einer festen Querung
eingestellt würde, wegen zu geringen Verkehrs.
Aber diese Prognose beruht nicht auf heutigem Verkehrsverhalten und auch
nicht auf einem zukünftig optimierten Fährbetrieb. Mit häufigeren
Überfahrten in den Hauptverkehrszeiten und niedrigeren Preisen könnte die
Fährroute mit dem Tunnel ernsthaft konkurrieren. Eine Analyse dieses
Konkurrenzszenarios gibt es aber nicht in der Beschlussgrundlage.
Der LKW-Verkehr steht unter enormem Kostendruck. Die Konkurrenz durch immer
mehr osteuropäische LKWs drückt die Preise, die Spediteure suchen die
billigsten Routen. Die Überfahrtszeit der Fähren passt genau zur
gesetzlichen Ruhezeit der Fahrer, wodurch, kombiniert mit niedrigen
Überfahrtspreisen, die Fähre zusätzlichen LKW-Verkehr anzieht. Analysen
einer solchen Entwicklung liegen ebenfalls nicht vor.
35 Prozent des PKW-Verkehrs über den Fehmarnbelt werden heute von Bewohnern
nördlich des Belts generiert, die den Bordershop in Puttgarden besuchen, um
billiges Dosenbier und ähnliches zu kaufen. Für sie kostet die
Rückfahrkarte mit der Fähre heute 40 Euro, zu gewissen Zeiten sogar nur 13
Euro.
Diesen Verkehr rechnet die Femern A/S einfach zum Tunnelverkehr hinzu, für
den eine Maut von 130 Euro zugrunde gelegt wird. Gäbe es dort den gleichen
Rabatt wie auf der Fähre, würden die entsprechenden Einnahmen fehlen.
Der eigentliche Reiseverkehr ohne Bordershop ist seit 1990 um 15 Prozent
zurückgegangen. Der Markt hat sich verlagert, hauptsächlich auf den
Luftverkehr, häufig kombiniert mit einem Mietauto am Zielort. Ungeachtet
dessen rechnet die Femern A/S mit einem gewaltigen Zuwachs an Verkehr.
Die Femern A/S und die Mehrheit im Parlament werden wahrscheinlich ihren
Willen durchsetzen. Die Verlierer in diesem Spiel wären die dänischen
Steuerzahler – sowie der Ost-West-Verkehr innerhalb Dänemarks über den
Großen Belt, weil er dann mehr als 50 Jahre lang eine „Schutz-Maut“
bezahlen müsste.
28 Apr 2015
## AUTOREN
Knud Erik Andersen
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Dänemark
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