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# taz.de -- Querungsquatsch: Notausgang aus dem Tunnel
> Der Naturschutzbund fordert den Ausstieg Deutschlands aus dem
> Fehmarnbelttunnel. Kosten von 14 Milliarden Euro für das "ökonomisch und
> ökologisch überflüssige Großprojekt" befürchtet.
Bild: Das will der Nabu verhindern: So soll die Tunneleinfahrt auf Fehmarn auss…
HAMBURG taz | Den Ausstieg Deutschlands aus dem Projekt einer
Fehmarnbelt-Querung fordert der Naturschutzbund Deutschland (Nabu).
Fehlerhafte Berechnungen zum tatsächlichen Bedarf, lange überholte
Verkehrsprognosen und veraltete Kostenberechnungen attestierte
Nabu-Präsident Olaf Tschimpke am Donnerstag nach Prüfung der
Planfeststellungsunterlagen: „Die Fehmarnbelt-Querung wird ökonomisch so
desaströs enden wie Stuttgart 21 oder der Flughafen Berlin-Brandenburg“,
glaubt Tschimpke.
Bis zum gestrigen Donnerstag, dem Ende der Einwendungsfrist gegen das
Projekt, wurden auf deutscher Seite rund 1.800 Einwände bei der
schleswig-holsteinischen Verkehrsbehörde eingereicht, die nun geprüft
werden müssen. Überraschend wenig seien das, sagte der Chef der dänischen
Projektgesellschaft Femern A/S, Claus Baunkjaer: „Wir hatten uns auf mehr
als 10.000 Einwendungen eingestellt.“
Dänemark und Deutschland haben 2008 in einem Staatsvertrag vereinbart, eine
feste Querung der etwa 18 Kilometer breiten Meeresstraße zu errichten. Die
Kosten von etwa 5,5 Milliarden Euro für einen Straßen- und Bahntunnel will
Dänemark allein tragen, ebenso den Ausbau von Straßen und Schienen bis nach
Kopenhagen für weitere rund 1,2 Milliarden Euro. Diese Summen, für die das
Königreich mit Staatsgarantien haftet, sollen über 39 Jahre aus
Mauteinnahmen refinanziert werden. Deutschland muss lediglich Straßen und
Schienen zwischen Lübeck und dem Tunnel ausbauen. Der Bundesrechnungshof
schätzt die Kosten dafür auf etwa 1,7 Milliarden Euro, Kritiker sprechen
von bis zu drei Milliarden.
Aus ökologischer Sicht berge der Tunnel völlig unkalkulierbare Risiken,
fürchtet der Nabu. Angesichts des bestehenden erheblichen Nutzungsdrucks
durch Fischerei, Schifffahrt, Offshore-Windkraft und weiteren
Infrastrukturprojekten sei die Ostsee „eines der am stärksten gefährdeten
und belasteten Ökosysteme weltweit“.
Darüber hinaus hätten Gutachter im Auftrag des Nabu ermittelt, dass die von
Dänemark eingereichten Verkehrsprognosen zu hoch und die
Kostenkalkulationen zu niedrig seien. „Die Gesamtkosten können bis zu 14
Milliarden Euro reichen“, glaubt Tschimpke. Deshalb solle Deutschland von
der Rücktrittsklausel im Staatsvertrag Gebrauch machen, die ausdrücklich
bei starken Kostensteigerungen greife. „Diese Chance muss genutzt werden,
um aus diesem ökonomisch wie ökologisch überflüssigen Großprojekt
auszusteigen“, so der Nabu.
Der Sprecher von Femern A/S in Deutschland, Obinna van Capelleveen, erklärt
hingegen, weiterhin „von der wirtschaftlichen Stabilität des Projekts
überzeugt“ zu sein. Zugleich kündigte er an, dass dem dänischen Parlament
bis zum Ende des Jahres „eine aktualisierte Beurteilung der finanziellen
Situation vorgelegt“ werde. Das Folketing in Kopenhagen muss den Bau der
Querung formal beschließen.
Das Bundesverkehrsministerium hat sich verpflichtet, in Kürze dem
Haushaltsausschuss des Bundestags „eine solide Kostenprognose“ für den
deutschen Anteil vorzulegen, teilte die schleswig-holsteinische
SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn mit, in dem Gremium für
Verkehrspolitik zuständig. Sie schätzt die deutschen Kosten auf mindestens
2,5 Milliarden Euro. „Angesichts der Kostenexplosion“ fordert auch Hagedorn
deshalb, dass Deutschland aus dem Projekt aussteigen solle.
## Wirtschaft + Umwelt SEITE 7
3 Jul 2014
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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