# taz.de -- Politische Debatte um „Reichsbürger“: „Knallharte Neonazis, … | |
> Sollten „Reichsbürger“ besser überwacht werden? Der Verfassungsschutz | |
> prüft eine Neubewertung, die Länder wollen Waffenscheine einziehen. | |
Bild: Mit eigenem Merchandising und Slogan: „Königreich Deutschland“ | |
Berlin taz | Es wird ungemütlich für die „Reichsbürger“. [1][Nach dem | |
mutmaßlichen Mord an einem Polizisten] wird gegen die Szene härter | |
vorgegangen. Der SEK-Beamte war in der Nacht auf Donnerstag seinen | |
Verletzungen erlegen, nachdem der „Reichsbürger“ Wolfgang P. aus dem | |
bayerischen Georgensgmünd am Vortag auf ihn und drei weitere Beamte | |
geschossen hatte. | |
Eine „entsetzliche Nachricht“ nannte Bundesinnenminister Thomas de Maizière | |
(CDU) den Todesfall. Er beauftragte den Verfassungsschutz, dessen bisherige | |
Bewertungen über „Reichsbürger“ zu überprüfen. Bayerns Innenminister | |
Joachim Herrmann (CSU) kündigte an, die Szene stärker zu überwachen. Allen | |
„Reichsbürgern“, die legal eine Waffe besäßen, müsse diese entzogen wer… | |
Aus dem Bundestag gab es Kritik, [2][dass solche Überprüfungen nicht längst | |
erfolgten.] Der SPD-Innenexperte Uli Grötsch sagte: „Wir müssen es endlich | |
beim Namen nennen: Das sind knallharte Neonazis, sonst nichts.“ Damit | |
gehörten „Reichsbürgern“, wie allen anderen Rechtsextremen auch, ihre | |
Waffen sofort entzogen. | |
Vor zwei Jahren hatte der Verfassungsschutz bei einer Länderabfrage | |
festgestellt, dass bundesweit rund 400 Neonazis einen Waffenschein | |
besitzen. Aktuelle Zahlen gibt es nicht. Die Behörden können den Schein | |
einziehen, wenn der Besitzer als „unzuverlässig“ gilt – so wie es im Fall | |
Wolfgang P. der Plan war. | |
## Wegen versuchten Totschlags in der JVA | |
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte, auch seine Behörden prüften einen | |
Entzug von Waffenscheinen bei „Reichsbürgern“. „Waffen gehören nicht in… | |
Hände erklärter Staatsfeinde.“ In NRW zählt der Verfassungsschutz eine | |
„niedrige dreistellige Zahl“ an „Reichsbürgern“. | |
Auch Brandenburg, mit mehr als 300 Anhängern eine der Hochburgen der Szene, | |
prüft einen Waffenentzug der „Reichsbürger“. „Wo wir einen Besitz | |
feststellen, sehen wir zu, diesen zu untersagen“, sagte ein Sprecher des | |
Innenministeriums. Die „Reichsbürger“ zeigten zuletzt „eine klare Tendenz | |
Richtung Rechtsextremismus“. „Auch treten sie zunehmend aggressiv auf. Das | |
ist eine ernste Gefahr.“ | |
Bereits Ende August hatte ein „Reichsbürger“ in Sachsen-Anhalt auf | |
Polizisten geschossen, der frühere „Mr Germany“ Adrian Ursache. Die Beamten | |
wollten eine Zwangsräumung durchsetzen, zwei wurden leicht verletzt. | |
Ursache, der seinen eigenen Staat „Ur“ ausgerufen hatte, sitzt wegen | |
versuchten Totschlags in der JVA Leipzig in U-Haft. | |
Erst am vergangenen Wochenende hatten „Reichsbürger“ dort für seine | |
Freilassung demonstriert: Ursache werde „ohne Rechtsgrundlage durch die BRD | |
gefangen gehalten“. Auch die Tat von Wolfgang P. wird in der Szene | |
verteidigt. „Notwehr“ sei diese gewesen, heißt es in Internetgruppen der | |
Szene. P. sei schließlich „ohne rechtliche Grundlage überfallen“ worden. | |
## Die Szene ist äußerst zersplittert | |
Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic kritisierte, die „Reichsbürger“ | |
würden seit Jahren verharmlost, obwohl teils „ganze Waffenlager ausgehoben | |
wurden“. Gerade dem Bundesverfassungsschutz fehle hier „bisher jede | |
Sensibilität“. | |
Tatsächlich wird die Szene nur von den Landesämtern für Verfassungsschutz | |
überwacht. Dort habe man sie aber im Blick, wie es aus diesen Reihen am | |
Donnerstag hieß. „Es erscheint uns sinnvoll, die Beobachtung der | |
Reichsbürgerbewegung auszuweiten“, sagte dennoch Thüringens | |
Verfassungsschutzchef Stephan Kramer. „Dies ist nötig, um das | |
Gesamtlagebild weiter zu verdichten und die Gefährdungseinschätzung zu | |
konkretisieren.“ | |
Das Problem für die Sicherheitsbehörden: Die Szene ist äußerst | |
zersplittert. Die Reichsbürger organisieren sich in vielfältigen | |
Fantasiestaaten, bestreiten aus unterschiedlichsten Gründen die Existenz | |
Deutschlands. | |
Dennoch gibt es Bezüge zueinander. Immer wieder Treffen „Reichsbürger“ auf | |
Demonstrationen aufeinander. Und auch Wolfgang P. etwa solidarisierte sich | |
mit Adrian Ursacher. Von „Unrechtstätern“ sei dieser „angegriffen“ wor… | |
teilte der P. einen Internetbeitrag. Einen Tag später zog er selbst eine | |
Waffe. | |
Inzwischen prüft die Bundesanwaltschaft, ob dessen Schüsse in ihre | |
Zuständigkeit fallen. „Wir haben den Fall im Blick“, sagte ein Sprecher der | |
taz. | |
20 Oct 2016 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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