# taz.de -- Kommentar Generaldebatte im Bundestag: Alles, was uns lieb und teue… | |
> Die politische Sprache verflacht, es wird mehr gejohlt und geschrien als | |
> argumentiert. Merkels Rede war ein Aufruf gegen den Populismus. | |
Bild: Ein bisschen allein auf weiter Flur, doch nicht verlegen um klare Worte: … | |
Dietmar Bartsch brachte es auf den Punkt: „Wir haben alle hier im Haus ein | |
Problem“, sagte der Linke-Fraktionsvorsitzende gleich zu Beginn der | |
Generaldebatte im Bundestag. Gemeint war das Erstarken des | |
Rechtspopulismus. | |
Im Parlament in Berlin stand am Mittwoch die Frage im Raum, was für einen | |
Gesamteindruck die Politik auf Wählerinnen und Wähler macht. Ob sich die | |
hier versammelten Abgeordneten künftig mal ein bisschen zusammenreißen | |
sollten, statt einander weiterhin lustvoll zu schmähen. Gerade dieser Tage, | |
da der Politikbetrieb wieder losgeht, wäre so etwas wie Besinnung auf guten | |
Umgang bedenkenswert. | |
Oder, wie es die Kanzlerin in ihrem Redebeitrag zur Debatte formulierte: | |
„Wenn auch wir anfangen, in unserer Sprache zu eskalieren, gewinnen nur | |
die, die es noch einfacher ausdrücken.“ | |
Beispiele gibt es genug. Da ist der SPD-Vizekanzler, der tönt, „die | |
Politik“ habe immer dann Geld, wenn es gelte, „Banken zu retten oder jetzt | |
auch Flüchtlingen zu helfen“. | |
Da ist ein CSU-Innenminister, der fordert, Bundestag und Regierung müssten | |
endlich „Nägel mit Köpfen machen“ und eine Flüchtlingsobergrenze einfüh… | |
Da ist aber auch das ungehörige Gejohle auf den Plätzen der Unionsfraktion, | |
wenn die Opposition spricht. Und da ist das „Schande!“-Geschrei einer | |
Abgeordneten der Linkspartei, wenn die Kanzlerin redet. Ein Blick auf die | |
während der Generaldebatte mit Schülern eng besetzte Zuschauertribüne | |
reichte, um sich einen Eindruck vom Ausmaß der dort einsetzenden Irritation | |
zu verschaffen. | |
In ihrer – für ihre Verhältnisse nahezu fesselnden – Rede hat Angela Merk… | |
gesagt: „Wenn wir uns an denen orientieren, die an Lösungen nicht | |
interessiert sind, verlieren am Ende wir die Orientierung.“ Das ist keine | |
Aufforderung zu Duckmäuserei oder Hinterzimmerpolitik. Aber ein deutlicher | |
Hinweis auf die schmerzhaft gereifte Erkenntnis, dass es am Wahltag nur | |
schadet, den Populisten nach dem Munde geredet zu haben, gar ihren Stil zu | |
kopieren. | |
Insofern ist Merkels Sentenz „Deutschland wird Deutschland bleiben“ nicht | |
vollständig ohne ihren zweiten Teil. Der lautet: „mit allem, was uns daran | |
lieb und teuer ist“. Der öffentliche Umgang der Volksvertreter miteinander | |
gehört unbedingt dazu. | |
7 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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