# taz.de -- Generaldebatte im Bundestag: Gepöbelt wird hier nicht | |
> Die Opposition kritisiert die Regierung scharf. Die Große Koalition mahnt | |
> zur Zusammenarbeit und die Kanzlerin will Respekt. | |
Bild: „Jetzt muss ich ihnen mal wieder ordentlich die Leviten lesen“, mag s… | |
BERLIN taz | „Wir schaffen das“ – diesen Satz hat Angela Merkel am Mittwo… | |
nicht gesagt. Stattdessen hat sie in der Generaldebatte zum Kanzleretat | |
wiederholt, was sie letzte Woche schon im Interview mit der Süddeutschen | |
Zeitung formuliert hatte: „Deutschland wird Deutschland bleiben – mit | |
allem, was uns daran lieb und teuer ist.“ | |
Man mag diese rhetorische Beruhigungspille belächeln. Doch angesichts der | |
Wahlerfolge der AfD in den Ländern scheint es höchste Zeit, den WählerInnen | |
zu vermitteln, dass mit den Flüchtlingen im Land keineswegs das Ende des | |
Sozialstaates eingeläutet ist. In ihrer Rede stellte Merkel denn auch | |
mehrfach darauf ab, dass Steuergelder „für alle Menschen in Deutschland und | |
nicht nur für Flüchtlinge“ ausgegeben werden. Ob für Sozialleistungen oder | |
die innere Sicherheit. | |
„Wählerbeschimpfungen bringen gar nichts“, sagte Merkel, sie habe das noch | |
nie richtig gefunden. Überhaupt sollten sich Politiker in ihrer Sprache | |
mäßigen. Wenn gepöbelt werde, „sind Antworten in der Sache nicht mehr | |
möglich“. | |
Gleich zu Beginn der Generaldebatte hatte der Oppositionsführer, | |
Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch, deutlich seine Meinung zum „letzten | |
Haushalt“ dieser Regierung geäußert. Nachdem er sich kurz am Rednerpult | |
sortiert hatte, erklärte er unter dem Applaus der Opposition: „Jeder hier | |
will, dass die Große Koalition beendet wird.“ | |
## Linke Regierungsverantwortung | |
Durch den Flüchtlingsdeal mit der Türkei habe sich die Regierung erpressbar | |
gemacht. Der Umgang mit der Resolution zum Völkermord an den Armeniern sei | |
eine „planmäßige Eierei des Regierungssprechers“ gewesen, sagte Bartsch. | |
„Ganze Gruppen und Regionen interessieren euch nicht“, kommentierte Bartsch | |
das Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern. „Was ist das für eine | |
Koalition?“ Um die wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft und die | |
Spaltung des Landes zu verhindern, brauche es einen Politikwechsel. „Ja, | |
die Linke will auch Regierungsverantwortung übernehmen“, erklärte Bartsch | |
an die Grünen und die SPD gewandt. | |
Das Schweriner Wahlergebnis war auch ein Thema für Katrin Göring-Eckardt. | |
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen betonte, dass das Bild von der | |
„Überforderung des Volkes“ eine Verzerrung der Wirklichkeit sei. 80 Prozent | |
der Menschen in Deutschland seien mit der Demokratie zufrieden, auch in | |
Mecklenburg-Vorpommern habe eine Mehrheit für Offenheit und Toleranz | |
gestimmt. Gegen Populismus helfe nur Vernunft, mahnte Göring-Eckardt. | |
Die Grüne ging scharf mit CSU-Chef Horst Seehofer ins Gericht: Wer den | |
„Blödsinn der Populisten“ nachplappere, müsse sich nicht wundern, wenn | |
diese auch gewählt würden. | |
## Keine Angst vorm Wandel | |
Ein Wandel der Gesellschaft komme „so sicher wie der nächste Winter“, sagte | |
Göring-Eckardt. Sie freue sich darauf. Es sei aber dumm, aus Angst vor | |
Veränderung das infrage zu stellen, „was uns ausmacht: Demokratie und | |
Zusammenhalt“. | |
In einer schwachen Rede warf SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann der Union | |
vor, mit „Phantomdebatten“ Ängste zu schüren. Als Beispiel nannte der den | |
Streit über ein Burkaverbot. Den Erfolg der AfD nannte Oppermann eine | |
Gefahr für das friedliche Zusammenleben der Menschen in unserem Land. | |
Verlierer dieser Entwicklung werde die Demokratie insgesamt sein. | |
Unionsfraktionschef Volker Kauder mahnte den Koalitionspartner zu mehr | |
„Redlichkeit“ in der Flüchtlingsdebatte. Die Menschen machten die | |
Erfahrung, dass bei der Integration nicht alles richtig funktioniere. So | |
bewege sich auch die Religionsfreiheit auf dem Boden des Grundgesetzes. | |
„Das gilt für alle. Wir sind kein Gottesstaat und wir wollen’s auch nicht | |
werden“, rief der CDU-Politiker. Religionsbezeugungen hätten in Schulen und | |
Gerichten nichts verloren. | |
CDU, CSU und SPD rate er, „dass wir das letzte Jahr dieser Großen Koalition | |
auch als Beweis dafür bringen, dass wir in der Lage sind, diesem Land eine | |
gute Regierung zu stellen“. Die Koalition dürfe „nicht Anlass geben, dass | |
draußen Menschen sagen, die leisten sich nur noch Diskussionen und darin | |
geht unter, was wir machen“. | |
7 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
Dinah Riese | |
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