# taz.de -- Wahlen in Gabun: Bongos wundersamer Sieg | |
> Ein Machtwechsel lag in der Luft. Aber dann gingen in der Heimatprovinz | |
> des Präsidenten offiziell mehr als 99,9 Prozent der Wähler an die Urnen. | |
Bild: Präsident Ali Bongo beim Wählen, Samstag | |
Berlin taz | Wer das alte neokoloniale Afrika der Franzosen sucht, findet | |
es in dem kleinen Ölstaat Gabun. In dem größtenteils von Urwald bedeckten | |
Land mit rund 1,7 Millionen Einwohnern, der Hälfte davon in der Hauptstadt | |
Libreville, regiert dieselbe frankophile Familie seit fast 50 Jahren, | |
umgeben von einer auf Paris fixierten Elite, die 90 Prozent des | |
Nationaleinkommens verprasst, während die Bevölkerungsmehrheit in Armut | |
lebt. Am Rande der Hauptstadt Libreville stehen 450 französische Soldaten | |
in Frankreichs Militäreinsatzkommando für ganz Zentralafrika. | |
Zwar ist auch an Gabun das Ende der autoritären Einparteiensysteme nicht | |
spurlos vorbeigegangen, aber der 1967 von Frankreich eingesetzte | |
Langzeitherrscher Omar Bongo und sein seit 2009 regierender Sohn Ali Bongo | |
haben noch jede Wahl irgendwie überstanden. | |
So auch die Präsidentschaftswahl vom 27. August 2016, bei der erstmals ein | |
gewichtiger Gegner Präsident Ali Bongo herausforderte: Jean Ping, | |
ehemaliger Kommissionschef der Afrikanischen Union (AU), davor Gabuns | |
Außenminister und angeblich auch mal mit einem weiblichen Mitglied der | |
Präsidentenfamilie liiert. | |
Der Halbchinese Ping, der ebenfalls über einflussreiche Freunde in Paris | |
verfügt, würde seinem Land als Präsident wohl die Aura zurückgeben, die | |
Gabun seit dem Tod von Omar Bongo 2009 vermisst: Der kannte alle | |
Geheimnisse seiner frankofonen Amtskollegen in Afrika, während sein Sohn | |
nicht einmal alle seine intriganten Verwandten im Griff hat. | |
Aber die Zeiten der alten Seilschaften sind in Gabun nicht vorbei. | |
Frankreichs Staatsfernsehen rief am Mittwochmittag Präsident Bongo zum | |
Wahlsieger aus, obwohl sich die Wahlkommission nicht offiziell geäußert | |
hatte. Französische Medien sind Gabuns Leitmedium, also ist damit Ali | |
Bongos Verbleib im Amt quasi offiziell, ohne dass ein gabunischer | |
Verantwortlicher dafür die Verantwortung übernehmen muss. | |
## Erst führt die Opposition… | |
Eigentlich ist Stimmenzählung in Gabun einfach, zumal es nur 627.805 | |
registrierte Wähler gibt. Die Auszählungsprotokolle jedes Wahllokals werden | |
von Vertretern der Parteien unterschrieben und dann von der Wahlkommission | |
zusammengerechnet. Am Dienstag um 17 Uhr sollte die Wahlkommission das | |
Endergebnis verkünden. | |
Das Ping-Lager legte schon mal Teilergebnisse vor: die bestätigten Zahlen | |
aller Provinzen außer einer gaben Ping 59,32 Prozent und Bongo 37,37. Es | |
fehlte nur noch Haut-Ogooué, Heimatprovinz der Bongo-Familie. | |
Nichts war entschieden, aber die Sensation lag in der Luft. Die Straßen | |
leerten sich, Panzerfahrzeuge bezogen Stellung, das übliche Dekor bei | |
umstrittenen Wahlen. Und dann geschah nichts – die ganze Nacht. | |
## …dann überholt der Präsident | |
Am Mittwoch früh ging die Wahlkommission in Klausur. Ausländische | |
Beobachter wurden höflich hinauskomplimentiert. Die offiziellen Zahlen aus | |
Haut-Ogooué sickerten durch: 95,46 Prozent für Bongo bei einer | |
Wahlbeteiligung von 99,93 Prozent der 71.714 registrierten Wähler. | |
Landesweit kam damit der Amtsinhaber plötzlich auf 49,85 Prozent, sein | |
Gegner Ping nur noch auf 48,16 Prozent. | |
Ein Wunder, das sogar der Regierungspartei suspekt war: Ihr | |
Generalsekretär verlangte ein „glaubwürdiges“ Wahlergebnis. Die Opposition | |
legte ihre eigene Zählung aus Haut-Ogooué vor: Nur 47 Prozent Beteiligung, | |
nur 78 Prozent für Bongo. Damit bliebe Ping landesweit Wahlsieger. | |
Das Ergebnis: Der Vizepräsident der Kommission trat empört zurück, das | |
Innenministerium verkündete den Sieg: 49,8 Prozent für Bongo, 48,23 Prozent | |
für Ping. Auf der Straße brachen Unruhen aus, am Abend wird von drei Toten | |
berichtet. In Gabun bleibt alles beim Alten. | |
31 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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