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# taz.de -- Vor dem Gipfel der Afrikanischen Union: Kontinent in Bewegung, Poli…
> Am Wochenende diskutieren Afrikas Führer die Folgen von
> Tunesien-Revolution und Sudan-Aufspaltung. Es dominiert die Suche nach
> Stabilität auf dem Kontinent.
Bild: Salva Kiir (mit Hut), Präsident des Südsudan, mit dem aktuellen AU-Vors…
BERLIN taz | Noch nie fand ein Staatengipfel der Afrikanischen Union (AU)
in einem so unruhigen Kontext statt. Im Norden Afrikas erschüttern
Volksaufstände eine Diktatur nach der anderen. Westafrika kämpft mit einer
beispiellosen Machtprobe zwischen zwei Präsidenten in der Elfenbeinküste.
Südafrika zittert um Nelson Mandela, den weltweit wohl berühmtesten und am
meisten respektierten Afrikaner überhaupt.
Und ausgerechnet am Sonntag, während die Staats- und Regierungschefs in
Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba tagen, wird im benachbarten Südsudan in
einer großen Feier das überwältigende Votum der Südsudanesen für
Unabhängigkeit bei der Volksabstimmung vom 9. bis 15. Januar verkündet
werden, womit die Staatenordnung Afrikas auseinanderfliegt.
Selten gab es in Afrika so viele Legitimitätskrisen auf einmal. Das Motto
"Gemeinsame Werte für mehr Einheit und Integration" des Treffens, zu dem
auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Frankreichs Präsident Nicolas
Sarkozy als G-20-Präsident erwartet werden, wirkt da wie ein schlechter
Witz.
Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi, einer der treibenden Kräfte
hinter der afrikanischen Integration, hat sich im Umgang mit Tunesien als
Gewaltherrscher alter Schule entpuppt, engster Verbündeter und Fürsprecher
des Diktators Ben Ali auch nach seinem Sturz. AU-Kommissionspräsident Jean
Ping kommt aus Gabun, bislang das einzige Land Afrikas südlich der Sahara,
dessen Opposition sich explizit Tunesien zum Vorbild nehmen will. Ali Bongo
übernahm sein Amt 2009 in Nachfolge seines Vaters Omar Bongo, der nach 32
Jahren an der Macht gestorben war; Ping war früher Omar Bongos
Außenminister.
Am Dienstag rief sich Gabuns Oppositionsführer André Mba Obame, der sich
gern "Obama" nennt, zum Präsidenten aus, rief die Gabuner zum Aufstand auf
und brachte sich vorsichtshalber gleich im lokalen Gebäude der
UN-Entwicklungsagentur UNDP in Sicherheit. Ping hat dies als "Untergrabung
legitimer Institutionen" kritisiert.
Was die AU aber tut, um legitime Institutionen dort zu schützen, wo sie
wirklich untergraben werden, bleibt unklar. In der Elfenbeinküste hat die
AU Alassane Ouattara als Sieger der Präsidentschaftswahlen vom November
2010 und als legitimen Präsidenten anerkannt, aber nach wie vor regiert in
Abidjan der Wahlverlierer Laurent Gbagbo. Die AU ernannte Kenias
Premierminister Raila Odinga, der zu einer Militärintervention gegen Gbagbo
aufgerufen hatte, zum Vermittler. Der Kenianer wird nun dem Gipfel
Vorschläge unterbreiten. Doch selbst falls Odinga dazu aufrufen sollte,
Gbagbo zu stürzen, was in westafrikanischen Ländern durchaus diskutiert
wird, dürfte die AU einem solchen Vorschlag kaum folgen.
Die AU-Präsidentschaft, bei der Umsetzung von Gipfelbeschlüssen
einflussreich, wird derzeit von Malawi gehalten, dessen Präsident Bingu wa
Mutharika Gbagbo vor wenigen Tagen "Bruder und Freund" nannte. Auf dem
Gipfel soll die AU-Präsidentschaft an das winzige Äquatorialguinea
übergehen, dank seiner gigantischen Öleinnahmen der wohl korrupteste Staat
Afrikas. Äquatorialguineas Langzeitherrscher Teodoro Obiang Nguema gilt als
enger Freund des größeren Ölnachbarn Angola, Gbagbos wichtigster
afrikanischer Verbündeter.
Gbagbo habe es geschafft, den unter Afrikas Politikern verbreiteten Unmut
gegenüber westlichen Diktaten zu seinen Gunsten zu kanalisieren,
analysieren Beobachter. "Gewisse autoritäre Mächte, die im Lichte der
Ereignisse in Tunesien wenig von Befehlen an Gbagbo halten, zu gehen",
würden die Reihen schließen, erklärt ein afrikanischer Diplomat gegenüber
AFP. Ein gern gesehener Gipfelgast dürfte dagegen Sudans Präsident Omar
Hassan al-Bashir sein, gegen den ein internationaler Haftbefehl des
Internationalen Strafgerichtshofs wegen Völkermords in Darfur vorliegt.
Äthiopien wird diesen Haftbefehl nicht vollstrecken, Sudan dürfte ebenso
wie Kenia Lobbyarbeit beim Gipfel dafür betreiben, dass Afrika seine
Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof beendet.
Störend könnte sich hierbei höchstens auswirken, dass Südsudan bereits
verkündet hat, nach seiner Unabhängigkeit dem Rom-Statut des
Internationalen Strafgerichtshof beizutreten. Dieser Gipfel wird der letzte
der AU sein, an dem Südsudan noch nicht als eigener Staat teilnimmt. Was
Südsudans Abspaltung für Afrika bedeutet, ist noch längst nicht ausgemacht.
28 Jan 2011
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Gabun
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