# taz.de -- Frankophonie-Gipfel in Afrika: „Jetzt oder nie“ | |
> In Kongos Hauptstadt Kinshasa treffen sich die frankophonen Staaten der | |
> Welt. Trotz massiver Kritik kommt auch Frankreichs Präsident Hollande. | |
Bild: Ankündigung der Ereignisse in Kinshasa, Kongo. | |
BRÜSSEL taz | Wer vom neuen französischen Präsidenten Francois Hollande | |
eine neue französische Afrikapolitik erhofft hätte, dürfte jetzt enttäuscht | |
sein. Hollande kommt zum Gipfel der Internationalen Organisation der | |
Frankophonie (OIF) vom 12. bis 14. Oktober in Kongos Hauptstadt Kinshasa – | |
trotz Kritik kongolesischer und französischer Menschenrechtler. Denn aus | |
Sicht der kongolesischen Opposition war die Wiederwahl des Präsidenten | |
Joseph Kabila im November 2011 gefälscht. Dass jetzt die größte Gipfelgala | |
in Kinshasa seit Jahrzehnten stattfindet, kritisieren Oppositionelle als | |
falsches Signal. | |
Es gibt viele Gründe, die Regierung Kabila nicht zu beehren. Noch immer ist | |
die Ermordung des bekannten Menschenrechtlers Floribert Chebeya durch | |
Polizisten im Jahr 2010 nicht restlos aufgeklärt. Seit drei Monaten ist der | |
Führer der oppositionellen Christdemokraten, Eugène Diomi Ndongala, | |
verschwunden. Im September floh ein anderer Oppositionsführer, Roger | |
Lumbala, nach Frankeich. Der ostkongolesische Oppositionsabgeordnete | |
Dieudonné Bakungu Mitondeke sitzt ohne Aufhebung seiner Immunität in | |
Kinshasa in Haft. Seit September sitzen drei Aktivisten der größten | |
Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), | |
dessen Führer Etienne Tshisekedi sich für den wahren Sieger der Wahl von | |
2011 hält, in einem Verlies der Luftwaffe am Flughafen von Kinshasa. Im | |
Ostkongo sind Teile der Armee im Aufstand. | |
Frankreichs Ministerin für Frankophonie, Yamina Benguigui, erhielt im | |
Sommer von Kongos Präsident Kabila die Zusage, die Menschenrechtslage zu | |
verbessern und die umstrittene Wahlkommission zu reformieren. Aber nun | |
beginnt der Gipfel, ohne dass in diesen Bereichen Fortschritte zu erkennen | |
sind. | |
Warum reist Hollande also? Seine Abwesenheit wäre ein „Affront“, sagt | |
Benguigui – gegen die Präsidenten von Kamerun und Gabun, zwei Säulen des | |
„Francafrique“. Die Demokratische Republik Kongo soll gedroht haben, aus | |
der OIF auszutreten, sollte der Gipfel verlegt werden. Und drei | |
französische Multis haben Lobbyarbeit gemacht: das Nuklearunternehmen | |
Areva, das einen Exklusivvertrag zur Uranprospektion im Kongo unterzeichnet | |
hat; die Telefonfirma Orange, die die Lizenz des Mobilfunkanbieters | |
Congo-Chine erworben hat; und die Ölfirma Total, die einen | |
Prospektionsblock im ostkongolesischen Virunga-Nationalpark hält. Totals | |
Geschäftsführer Christophe de Margerie und sein Sicherheitschef Jérôme | |
Ferrier waren auf der Botschafterkonferenz in Paris Ende August, bei der | |
Hollande seine Gipfelteilnahme ankündigte. | |
Die kongolesische Organisation „Convergence pour l’émergence du Congo“ | |
reichte daraufhin gegen die OIF Klage in Frankreich ein. Es gehe, sagt der | |
Anwalt der Gruppe, Norbert Tricaud, um die Nichteinhaltung der | |
OIF-Grundsätze: Die „Erklärung von Bamako“ aus dem Jahr 2000 hält fest, | |
dass die OIF keine Veranstaltungen in Ländern abhält, in denen | |
demokratische Grundsätze verletzt werden. So wurde der Frankophonie-Gipfel | |
von 2009 aus Madagaskar wegen eines Militärputsches dort in die Schweiz | |
verlegt. Aber die Klage jetzt wurde nicht angenommen. | |
## Zahlreiche Proteste | |
Die Stimmung in Kinshasa ist angespannt. Kabilas Präsidialgarde ist massiv | |
auf den Straßen präsent. Die UDPS ruft unter dem Motto „Ngonga Ebeti!“ | |
(Jetzt oder nie) zu Protesten auf. Hollande selbst wird angeblich aus | |
Sicherheitsgründen gar nicht in Kinshasa übernachten. Aber er soll am | |
Samstag in der französischen Botschaft UDPS-Führer Etienne Tshisekedi | |
treffen. Dessen Anhänger möchten ihn mit einem Großaufmarsch zum | |
Botschaftsgebäude „begleiten“. | |
Im Vorfeld kam Hollande seinen Kritikern entgegen. Am Dienstag sagte er, | |
die Lage im Kongo sei „komplett inakzeptabel, was Menschenrechte, | |
Demokratie und die Anerkennung der Opposition angeht“. Das wiederum ärgert | |
Kongos Regierung. | |
Unterwegs macht Hollande in Senegal Station. 2007 hatte dort sein Vorgänger | |
Nicolas Sarkozy in einer Rede für Empörung gesorgt mit dem Satz, der | |
„afrikanische Mensch“ sei „noch nicht in die Geschichte eingetreten“. | |
Zumindest hier dürfte Hollande neue Akzente setzen. | |
12 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
François Misser | |
## TAGS | |
Gabun | |
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