| # taz.de -- EU-Militär im Kongo: Kabilas letzte Chance | |
| > Die EU-Militärberater der Mission „Eusec“ bei Kongos Regierungsarmee ist | |
| > erneut verlängert worden. Obwohl ihr Sinn in Zweifel steht. | |
| Bild: Die Mission europäischer Militärberater im Kongo ist zwar sinnlos, wird… | |
| BRÜSSEL taz | Seit im Sommer die 102.000 Mann starke Armee der | |
| Demokratischen Republik Kongo es nicht schaffte, die damals rund 400 | |
| Kämpfer der Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) im Osten des | |
| Landes niederzuwerfen, mehren sich im Ausland die Stimmen, die an der | |
| Sininhaftigkeit der militärischen Zusammenarbeit mit Kongos Regierung | |
| zweifeln. Belgien, Frankreich, die USA, China, Südafrika und Angola bilden | |
| kongolesische Soldaten aus. | |
| Seit dem Jahr 2005 kümmert sich darüberhinaus die EU-Militärmission Eusec | |
| mit 50 zivilen und militärischen Experten um Beratung, Ausbildung auf | |
| Kommandoebene und Einrichtung eines modernen Verwaltungs- und | |
| Soldzahlungssystems. Die einst 350.000 Soldaten, zusammengewürfelt aus | |
| Milizen, wurden unter EU-Aufsicht auf 102.000 geschrumpft, und diese | |
| erhielten von Eusec biometrische Ausweise. | |
| Aber all das erwies sich als nutzlos, als Offiziere im Osten des Landes | |
| unter dem Namen M23 in den Aufstand traten und Teile des Staatsgebiets in | |
| der Provinz Nord-Kivu unter ihre Kontrolle brachten. | |
| Das Auslaufen des aktuellen Eusec-Mandats Ende September bot eine | |
| Gelegenheit, dieses Trauerspiel zu beenden. Nach Informationen der taz | |
| sprach sich Deutschland mit Unterstützung der finanzklammen EU-Südstaaten | |
| dafür aus, Eusec ersatzlos auslaufen zu lassen. Doch die alte Kolonialmacht | |
| Belgien - die Eusec führt - setzte sich durch: Eusec sowie die ähnliche | |
| operierende Polizeiberatermission Eupol wurden am Montag von den | |
| EU-Außenministern um ein weiteres Jahr verlängert, bis zum 30. September | |
| 2013. | |
| Doch gegenüber 2011-12 wird das Budget von Eusec von 13,5 auf 11 Millionen | |
| Euro gekürzt, und die Aufgaben der Mission sollen sich auf Logistik | |
| beschränken. In einem zweiten Schritt soll Eusec dann bis September 2014 | |
| endgültig abgewickelt. | |
| ## Verbrecherische Soldaten | |
| Fraglich erscheint, ob zwei Jahre ausreichen, um eine so dysfunktionale | |
| Institution wie Kongos Armee FARDC zu reformieren, nachdem sie sich seit | |
| der Unabhängigkeit des Landes 1960 vor allem durch Korruption, Willkür | |
| gegenüber Zivilisten und Indisziplin in den eigenen Reihen auszeichnet und | |
| die bisherigen sieben Eusec-Jahre keine grundlegende Veränderung gebracht | |
| haben. Die meisten Erpressungen, Aufstände und Vergewaltigungen im Kongo | |
| gehen nach wie vor von Regierungssoldaten aus. | |
| Aus EU-Sicht ist ein Grund für die fehlende Effektivität der Eusec der | |
| Umstand, dass die UN-Blauhelmmission im Kongo (Monusco), mit über 18.000 | |
| Soldaten und einem Jahresbudget von 1,36 Milliarden Dollar die größte der | |
| Welt, ihr Mandat sehr restriktiv versteht. Ihre miteinander verfeindeten | |
| Einheiten aus Indien und Pakistan im Ostkongo dürfen laut UN-Mandat zum | |
| Schutz der Zivilbevölkerung Gewalt anwenden, aber angesichts der jüngsten | |
| Ausbreitung von Milizen und Rebellen sind sie meist still geblieben, außer | |
| einigen wenigen Luftangriffen auf M23-Stellungen. Sie greifen höchstens in | |
| Unterstützung der FARDC ein, aber auch das angesichts des Zustandes der | |
| Armee eher ungern. | |
| Von UN-Seite wird darauf hingewiesen, dass sich Partner der kongolesischen | |
| Regierung zunehmend fragen, ob Präsident Joseph Kabila - der mit seiner | |
| Präsidialgarde eine eigene Parallelarmee unterhält - überhaupt will, dass | |
| die reguläre Armee FARDC reformiert wird. Vom jetzigen Chaos profitieren | |
| viele. Was bringt es, Soldaten für den Kampf gegen Rebellen auszubilden, | |
| wenn hinterher Munition, Benzin und Lebensmittelrationen gar nicht an der | |
| Front ankommen und stattdessen Offiziere dadurch reich werden, dass sie für | |
| fiktive Lieferungen überteuerte Rechnungen schreiben? | |
| Es kommt vor, dass Kabilas Präsidialamt einzelnen Generälen Geld gibt, ohne | |
| dass der Generalstab davon erfährt. Wie Diplomaten gegenüber der taz | |
| bestätigen, liegt das Problem aber auch darin, dass in all den Jahren die | |
| EU-Geberländer nicht den geringsten Druck auf Kabila ausgeübt haben, damit | |
| er in diesem Bereich Ordnung schafft. | |
| „Erst jetzt wurde ein Armeegesetz verabschiedet“, sagt ein | |
| Eusec-Verantwortlicher, „und es muss erst noch angewandt werden.“ | |
| Vergangenes Jahr wurde eine neue Militärakademie in der westkongolesischen | |
| Stadt Kananga eröffnet - aber die ersten Absolventen werden erst in zwei | |
| Jahren ihren Dienst antreten. | |
| 28 Sep 2012 | |
| ## TAGS | |
| Kongo | |
| Kongo | |
| Kongo | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Frauen im Kongo: Vergewaltigt mit vorgehaltener Waffe | |
| Ab sechs Jahren aufwärts mussten Mädchen in Minova im November 2012 damit | |
| rechnen, von Regierungssoldaten missbraucht zu werden, schreibt ein | |
| UN-Bericht. | |
| 130.-133. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess II: „Die Kongolesen schreien viel… | |
| „Sie schreien immer, weil sie Angst haben“: Ein ehemaliger FDLR-Kämpfer | |
| plaudert über den Umgang mit kongolesischen Regierungssoldaten. | |
| 106. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Murwanashyaka ist der Chef | |
| Beim Stuttgarter Kriegsverbrecherprozess belastet Human Rights Watch den | |
| FDLR-Milizpräsident Ignace Murwanashyaka schwer. | |
| Frankophonie-Gipfel in Kinshasa: Hollande gönnt Kabila zwei Sekunden | |
| Frankreichs Präsident übt im Kongo deutliche Kritik an Präsident Kabila. | |
| Zur Imageaufpolierung wurde von der Regierung ein inhaftierter | |
| Oppositioneller freigelassen. | |
| Frankophonie-Gipfel in Afrika: „Jetzt oder nie“ | |
| In Kongos Hauptstadt Kinshasa treffen sich die frankophonen Staaten der | |
| Welt. Trotz massiver Kritik kommt auch Frankreichs Präsident Hollande. | |
| Krieg im Osten des Kongo: Jede Nacht Tote auf der Straße | |
| In der Provinzhauptstadt des Ostkongo verbreiten Regierungssoldaten Angst | |
| und Gewalt. Offiziell wird die Schuld dem Nachbarland Ruanda zugeschoben. | |
| Nach den Olympischen Spielen in London: Kongolesen beantragen Asyl | |
| Athleten aus dem Kongo sind in London geblieben und haben Asylanträge | |
| gestellt. Weil sie das Regime Kabila kritisieren, ist ihr Leben gefährdet. | |
| Bürgerwehr in Ostkongo: Totenschädel und Rebellion | |
| Die Menschen im Osten Kongos sind die brutalen Überfälle der Hutu-Rebellen | |
| leid: Sie verteidigen sich selbst. Eine neue Miliz entsteht. | |
| Kolumne Nebensachen aus Ostkongo: Ein Geist leitet die Bürgerwehr | |
| Spukgeschichten im kongolesischen Dschungel: „Verärgertes Volk“ genannte | |
| Milizen schützen Dörfer vor Rebellen – der Anführer ist ein „Geist“ mit | |
| Handy. | |
| Kommentar Ostkongo: Unkoordinierte Soldaten | |
| Eine regionale Friedenstruppe im Ostkongo macht Sinn. Aber eine neue Truppe | |
| wird den ohnehin schon schwierigen Einsatz noch verkomplizieren. | |
| Konflikt im Ostkongo: Tansania will Truppen schicken | |
| Die Teilnehmer einer regionalen Konferenz zum Ostkongo wollen eine | |
| internationale Eingreiftruppe zusammenstellen. Nur Ruandas Präsident Kagame | |
| war nicht da. Ein klares Zeichen? |