# taz.de -- Konflikt im Ostkongo: Tansania will Truppen schicken | |
> Die Teilnehmer einer regionalen Konferenz zum Ostkongo wollen eine | |
> internationale Eingreiftruppe zusammenstellen. Nur Ruandas Präsident | |
> Kagame war nicht da. Ein klares Zeichen? | |
Bild: Sollen bald Verstärkung aus Tansania bekommen: UNO-Truppen im Ostkongo. | |
KAMPALA taz | Die Verhandlungen fanden hinter geschlossenen Türen statt. | |
Ugandas Präsident Yoweri Museveni hatte die Regierungen der Internationalen | |
Konferenz der Großen Seen (ICGLR) nach Kampala eingeladen, um eine Lösung | |
für den derzeitigen Konflikt im Ostkongo zu finden. Kongos Präsident Joseph | |
Kabila und dessen Amtskollegen aus Tansania, Jakaya Kikwete, und Südsudan, | |
Salva Kiir, waren gekommen. | |
Nur Ruandas Präsident Paul Kagame glänzte durch Abwesenheit. Er wurde von | |
Ruandas Außenministerin Louise Mushikiwabo und Verteidigungsminister James | |
Kabarebe vertreten – ein scheinbar klares diplomatisches Zeichen. | |
Überraschend war letztlich aber doch, dass ausgerechnet die ruandische | |
Delegation sich diskussionslos mit den Beschlüssen einverstanden gezeigt | |
hat. | |
Kongos Regierung sowie die UN-Ermittler beschuldigen Ruanda, die | |
M23-Rebellen mit Waffen und Soldaten zu unterstützen, die seit April einen | |
Landstrich in den Vulkanbergen entlang der Grenzen zu Ruanda und Uganda | |
erobert haben. | |
## Suche nach neutralen Truppen | |
Die elf ICGLR-Mitgliedstaaten bemühen sich in der mittlerweile vierten | |
Verhandlungsrunde, eine „internationale neutrale Eingreiftruppe“ | |
zusammenzustellen, die im Ostkongo die Rebellen der M23-Miliz (Bewegung der | |
23. März), die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur | |
Befreiung Ruandas) sowie „andere negative Kräfte“ bekämpfen soll. Kongo | |
besteht darauf, dass weder Ruanda noch Uganda oder Burundi Truppen schicken | |
können, weil die östlichen Nachbarländer bereits in mehrere Kriege und in | |
Rohstoffausbeutung im Ostkongo involviert waren. | |
Am Samstag bot Tansanias Präsident Kikwete in Kampala an, Soldaten | |
bereitzustellen. Der Konferenzbeschluss fordert weitere Länder auf, | |
innerhalb eines Monats über die Entsendung von Soldaten zu beschließen. | |
Die Verteidigungsminister verlangen eine minimale Truppenstärke von 4.000 | |
Mann. Die Gretchenfrage bleibt jedoch die Finanzierung dieser Operation: | |
Die neutralen Truppen sollen unter einem Mandat der Afrikanischen Union | |
(AU) sowie der UNO entsandt werden. Sie sollen möglichst innerhalb der | |
nächsten drei Monate im Ostkongo ankommen, so der Konferenzbeschluss. | |
## Viele ungeklärte Fragen | |
Kongos Außenminister Raymond Tshibanda zeigt sich mit den Ergebnissen | |
zufrieden: „Wir hoffen jetzt auf eine schnelle Umsetzung“, sagte er | |
gegenüber der taz. Roger Meece, Chef der UNO-Friedensmission im Kongo | |
(Monusco) betont, es sei positiv, dass sich die Regierungen über die Krise | |
im Ostkongo austauschen. Die Monusco werden „so eng wie möglich mit diesen | |
Truppen zusammenarbeiten“. | |
Jenseits der offiziellen Erklärungen debattierten die Delegationen in den | |
Pausen jedoch noch viele ungeklärte Fragen. Auch Zweifel werden geäußert: | |
In den Wäldern des Ostkongo ist es bereits schwierig, die knapp 19.000 | |
stationierten UNO-Blauhelme in gemeinsamen Militäroperationen mit Kongos | |
Armee (FARDC) bei Kampfhandlungen zu koordinieren. | |
In den Kämpfen um die Grenzstadt Bunagana Anfang Juli beschossen sich die | |
UNO und die FARDC zum Teil gegenseitig, woraufhin es der M23 gelang, | |
Bunagana einzunehmen. Eine dritte Einheit könnte diese Koordinierung weiter | |
verkomplizieren. Diese Fragen sollen auf dem nächsten Gipfel Anfang Oktober | |
diskutiert werden. | |
9 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess | |
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