# taz.de -- Autokraten und Widerstand in Afrika: Volksaufstand gegen Terror | |
> Wer Autokraten herausfordert, die sich an der Macht verewigen wollen, | |
> lebt gefährlich. Doch soziale Bewegungen geben nicht auf. | |
Bild: Machthaber in Gabun: Ali Bongo Ondimba | |
BERLIN taz | „Y’en a marre“ (Es reicht) hießen sie in Senegal, „Balai | |
citoyen“ (Bürgerbesen) in Burkina Faso, und in der Demokratischen Republik | |
Kongo gibt es „Filimbi“ (Abpfiff): Eine neue Form sozialer Bewegung breitet | |
sich in den frankophonen Ländern Afrikas aus. Inspiriert vom Arabischen | |
Frühling des Jahres 2011, organisiert sich die städtische Jugend außerhalb | |
der traditionellen Politik und fordert die Machthaber heraus. | |
In Senegal erzwang „Y’en a marre“ im Jahr 2012 saubere Wahlen, die | |
Präsident Abdoulaye Wade verlor. In Burkina Faso stürzte „Balai citoyen“ … | |
Jahr 2014 per Volksaufstand den Langzeitherrscher Blaise Compaoré, als | |
dieser länger an der Macht bleiben wollte, als von der Verfassung erlaubt. | |
Doch seit Burkina Fasos Revolution lässt keine Regierung in Afrika ihre | |
Unzufriedenen mehr gewähren. [1][Die Ereignisse in Gabun] zeigen: Afrikas | |
Autokraten ist heute jedes Mittel recht. | |
Im März 2015 reisten senegalesische und burkinische Aktivisten in die | |
Demokratische Republik Kongo, nachdem dort Dutzende Demonstranten | |
erschossen worden waren. Kongos Regierung bezeichnete die Aktivisten als | |
„Terroristen“ und deportierte sie, einige verhaftete „Filimbi“-Leute ka… | |
erst jetzt wieder frei. Im Kongo bahnt sich eine massive Konfrontation | |
wegen der Pläne des Präsidenten Joseph Kabila an, die Ende 2016 fälligen | |
Wahlen und damit das Ende seiner letzten verfassungsmäßigen Amtszeit auf | |
unbestimmte Zeit zu verschieben. | |
## Burundi, das Vorbild der Autokraten | |
Als „Terroristen“ bezeichnet auch Burundis Präsident Pierre Nkurunziza | |
seine Gegner, seit er im Mai 2015 einen Putschversuch überstand. Um den | |
Preis eines latenten Bürgerkriegs mit Hunderten Toten zog Nkurunziza danach | |
seine verfassungswidrige Wiederwahl zu einer dritten Amtszeit durch. Die | |
meisten burundischen Oppositionellen sind jetzt tot, verschwunden, in Haft | |
oder im Exil. | |
Während Burkina Faso den Aktivisten als Vorbild dient, ist Burundi das | |
Vorbild der Autokraten. Dieses Jahr stellte sich nicht nur in Gabun ein | |
Langzeitpräsident zur Wahl. Ähnliches geschah auch in Uganda, | |
Äquatorialguinea, Kongo-Brazzaville und Tschad. Alle Machthaber ließen | |
durchblicken, dass sie zu massiver Gewalt bereit wären. Allein die Drohung | |
genügte zum Wahlsieg. | |
In Gabun reichte das offenbar nicht. Hier wirkt ein Umstand, der auch in | |
Tunesien beim Arabischen Frühling 2011 eine Rolle spielte: das verbreitete | |
Gefühl, der herrschende Familienclan monopolisiere alle Macht und alle | |
Aufstiegschancen. Die Familie Bongo regiert Gabun seit 1967 und tut nichts | |
für die Mehrheit der Bevölkerung. So etwas treibt perspektivlose Menschen | |
entweder in die Flucht – oder in die Revolte. | |
Die Gabuner zahlen jetzt einen hohen Preis für die Revolte. Und sie sind | |
auch schlecht organisiert. Als sie 2011 auch in Gabun ein Protestbündnis | |
unter dem Namen „Ca suffit comme ca“ (So reicht es) gründen wollten, blieb | |
dies kurzlebig: Die Protestierenden traten zu Wahlen an, verloren und | |
verschwanden in der politischen Versenkung. Auf diese Weise hat die Familie | |
Bongo noch jeden Gegner kleingekriegt. Außer Oppositionsführer Jean Ping, | |
der allerdings als mutmaßlicher Exfreund der Präsidentenschwester selbst | |
schon fast zur Familie gehört. Zustände zum Davonlaufen. | |
2 Sep 2016 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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