| # taz.de -- Kommentar Flüchtlinge aus Afrika: Wir brauchen neue Spielregeln | |
| > Deutschland will Fluchtursachen in Afrika bekämpfen. Doch wer Diktaturen | |
| > stärkt, die selbst die Fluchtursache sind, kommt nicht weit. | |
| Bild: „Wir gehen nicht zurück!“ Denn zu Hause regiert wahrscheinlich ein A… | |
| Nehmen wir einmal an, Deutschland meinte es ernst mit der Bekämpfung von | |
| Fluchtursachen in Afrika. Experten könnten sich zu Übungszwecken ein Land | |
| ausdenken: ökonomisch eher solide und in der Lage, seine Bevölkerung zu | |
| ernähren; politisch eine Katastrophe, mit einem machtsüchtigen Familienclan | |
| an der Staatsspitze; aber von Europa leicht zu beeinflussen, da nicht | |
| zuletzt militärisch von Frankreich abhängig. Da fälscht dann im Planspiel | |
| der Präsident die Wahlen, lässt Demonstrationen dagegen zusammenschießen | |
| und die Opposition wird unterdrückt. | |
| Wie verhindert man nun, dass Bürger dieses Landes hierher fliehen? Richtig: | |
| Man sorgt dafür, dass die Wahlfälschung nicht durchkommt, dass die Soldaten | |
| keine Menschen erschießen und dass Reformen auf den Weg gebracht werden. | |
| Das wäre Fluchtursachenbekämpfung. | |
| Zufällig hat sich ausgerechnet ein Jahr nach „Wir schaffen das“ ein kleines | |
| Land in Afrika bereit erklärt, genau dieses Planspiel durchzuexerzieren. | |
| Der kleine reiche Ölstaat Gabun, wo Frankreich seine | |
| Interventionskapazitäten für ganz Zentralafrika in Reserve hält, hat | |
| Präsident Ali Bongos Wiederwahl dreist manipuliert und verteidigt diese nun | |
| mit Gewalt gegen die empörte Bevölkerung. | |
| Jetzt wäre die Bundesregierung am Zug. Sie könnte nun in Paris anrufen und | |
| anregen, dass Frankreich seinen beträchtlichen Einfluss in Gabun geltend | |
| macht, um das Regime zur Räson zu bringen. Oder sie könnte der | |
| Afrikanischen Union (AU) nahelegen, dass diese ihren einstigen | |
| Kommissionschef Jean Ping, den um seinen Wahlsieg betrogenen | |
| Oppositionsführer Gabuns, nicht fallen lässt. Schließlich will Angela | |
| Merkel im Oktober den AU-Sitz in Äthiopien besuchen – noch so ein Land, | |
| dessen Regierung gleichzeitig Hilfe zur Flüchtlingsabwehr kassiert und | |
| unbewaffnete Demonstranten erschießt. | |
| Fluchtursachenbekämpfung kommt nicht weit, wenn sie Diktaturen stärkt, die | |
| selber Fluchtursachen sind. Im Gegenteil: Regierungen dafür zu belohnen, | |
| dass sie ihre eigenen Bürger Richtung Europa vergraulen, macht überhaupt | |
| keinen Sinn. Jeder getötete Demonstrant in Afrika bedeutet irgendwann 100 | |
| afrikanische Flüchtlinge in Europa – oder, zynischer, 100 Tote im | |
| Mittelmeer. | |
| Wie wäre es mit einer neuen Spielregel: Jeder tote Demonstrant in Afrika | |
| bedeutet Punkteabzug bei der Suche nach Partnern in Europa. Wer spielt mit? | |
| 2 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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