Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Flixbus schluckt Postbus: Die Fernbuskrake
> So war das nicht gemeint: Seit der Marktöffnung 2013 gibt es günstige
> Fernbusse. Jetzt wird Flixbus zum Monopolisten. Droht ein Preisdiktat?
Bild: Aus zwei mach eins: Flixbus übernimmt Postbus
Berlin taz | Christian Janisch ist stinksauer am Telefon. Der
Geschäftsführer von DeinBus.de schimpft auf den neuen, alten Konkurrenten
Flixbus. „Da kommt so ein Turbokapitalist und frisst einfach alle auf.
Unglaublich ist das. Uns regt das wahnsinnig auf.“
Was Janisch so in Rage versetzt: Der bisherige Marktführer bei Fernbussen,
Flixbus, schluckt den Konkurrenten Postbus. Die Post hatte mit ihrer
Bustochter kein Geld verdient, sagt deren Finanzchef Larry Rosen. Jetzt
gibt sie das Geschäft auf. Das ist allerdings keine normale Übernahme,
sondern rein nach Zahlen eine de-facto Monopolisierung im Fernbusbereich.
Denn mit 80 Prozent Marktanteil hat Flixbus nun kaum noch Konkurrenten in
Deutschland. „Das kann langfristig nur zu höheren Fahrpreisen und einem
reduzierten Angebot führen“, sagt Marion Jungbluth von der
Verbraucherzentrale Bundesverband der taz. Vermutlich würden weniger
ausgelastete Strecken geschlossen werden, kleinere Städte also seltener
angefahren.
Ähnlich sieht es Anja Smetanin, Sprecherin des Verkehrsclubs Deutschland:
„Eigentlich müsste allmählich das Kartellamt eingreifen“, sagt sie. Doch
das Kartellamt, eigentlich dafür zuständig Monopole zu verhindern, winkt
ab: „Wir haben weder die betroffenen Märkte noch die möglichen Auswirkungen
auf den Wettbewerb im vorliegenden Fall näher analysiert“, sagt Andreas
Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes.
## Dem Kartellamt sind die Hände gebunden
Ihm sind schlicht die Hände gebunden, weil seine Prüfer erst eingreifen
dürfen, wenn die beteiligten Unternehmen weltweit Umsatzerlöse von mehr als
500 Millionen Euro erzielt haben. Das gilt weder für Flixbus noch für die
Bustochter der Post.
Thomas Lutze sitzt für die Partei Die Linke im Verkehrsausschuss des
Bundestages und sieht durch die neue Übernahme die Liberalisierung des
Fernbusmarktes als gescheitert an. Die Linksfraktion hatte als einzige
Fraktion 2013 im Bundestag gegen diese Liberalisierung gestimmt. Damals
versprachen sich Union, SPD und Grüne auch mehr Konkurrenz für die Bahn.
„Aus ‚mehr Wettbewerb‘ zu Gunsten der Fahrgäste ist spätestens heute ein
zweites Verkehrsmonopol entstanden“, sagt Lutze. Es sei nur noch eine Frage
der Zeit, bis die Fahrpreise deutlich ansteigen.
Die Expansion von Flixbus vollzog sich in mehreren Etappen. Anfang 2015
schloss sich das Unternehmen mit MeinFernbus zusammen, Ende Juni schluckte
das fusionierte Unternehmen dann Magebus.com. Möglich machte das auch das
Geld der New Yorker Investmentfirma General Atlantic, die oft in Startups
wie Airbnb, Uber oder BuzzFeed investiert, die durch schnelles Wachstum
einen Markt dominieren wollen.
## Wenig Konkurrenz
An Konkurrenten in Deutschland bleibt jetzt noch ausgerechnet die Bahn mit
Berlinlinienbus und dem IC Bus. Doch damit könnte es bald vorbei sein.
Nicht nur, weil die Bahn mit ihren Zügen im Fernverkehr wegen der
billigeren Bussen mit 250 Millionen Euro weniger Umsatz pro Jahr rechnet.
Bahnchef Rüdiger Grube hält das Fernbusgeschäft, mit dem sich die Bahn
quasi selbst Konkurrenz macht, für „Blödsinn“. Dann wäre Christian Janis…
mit seinem Unternehmen DeinBus, das sich 2014 nach einer Insolvenz neu
aufgestellt hat, der letzte Konkurrent.
Nicht alles sehen die Fusion so kritisch, am wenigsten natürlich Flixbus
selbst. „Wir möchten jetzt ein Produkt für alle Alters- und Zielgruppen
bieten“, teilte André Schwämmlein, FlixBus-Gründer und Geschäftsführer m…
– die Post hatte sich eher auf Komfort für ältere Kunden spezialisiert.
„Der Fernbus steht im Wettbewerb mit allen Verkehrsträgern“, sagt Kai
Neumann, Referent Fernbus beim Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer.
Rechne man PKW raus, entfallen 75 Prozent des Fernverkehrs in Deutschland
auf die Bahn, 13 auf das Flugzeug und nur 11,5 Prozent auf Fernbusse (Werte
gerundet). Außerdem wagten sich schon wieder neue Unternehmen nach
Deutschland: Seit einigen Wochen gibt es Hellö, eine Tochter der
Österreichischen Bundesbahnen, die mit ihren Bussen nach Deutschland und
zwischen deutschen Städten verkehrt.
Für die Post war das Fernbusgeschäft übrigens nicht zentral. Der Verkauf
schlägt sich kaum in den Zahlen nieder. Die sind so gut wie nie zuvor: So
viel Gewinn wie zwischen April und Juni, 752 Millionen Euro, konnte der
Bonner Konzern noch nie in einem zweiten Quartal verbuchen.
3 Aug 2016
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Fernbusse
Mobilität
Verkehr
Hannover
Fernverkehr
Mobilität
Fernbus
Sigmar Gabriel
Fernbusse
Fernbusse
Reisen
Mobilität
Fernbus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ticket Teilen in Hannover: Bahn für Trittbrettfahrer
Eine Initiative in Hannover ruft dazu auf, dass Fahrgäste ihr Monatsticket
mit Fremden teilen. Der Verkehrsbetrieb Üstra sieht das gelassen.
Wachstum bei Bus und Bahn: Die Schiene wird wieder beliebter
Der fast monopolisierte Fernbusmarkt wächst nur noch moderat. Dafür kann
der DB-Fernverkehr Passagiere hinzugewinnen.
Testbericht des ADAC: Schlechte Noten für Fernbusbahnhöfe
Der plötzliche Boom der Fernbuslinien überfordert die Infrastruktur an den
Haltestellen. Es fehlt auch an Informationen im Netz.
Rekordzahlen im Jahr 2015: Immer mehr Reisende fahren Bus
Zunehmend mehr Menschen entscheiden sich für den Bus. Der Marktanteil im
Vergleich zur Bahn betrug im vergangenen Jahr bereits 15 Prozent.
Kommentar Fusion Edeka Tengelmann: Gabriels Kurzschluss
Er wolle die Arbeitsplätze retten, beteuert Sigmar Gabriel immer wieder.
Eine Fusion von Edeka und Tengelmann kann das aber nicht leisten.
Fernbusse in Deutschland: Bahn fährt weniger Bus
Auf dem Fernbusmarkt in Deutschland gibt es kaum noch Konkurrenz für
Flixbus. Kritiker fürchten höhere Preise und schlechtere Angebote.
Fernbusse in Deutschland: Raus aus der City
Weil die Verkehrssituation angespannt ist, verbannt Köln als erste
Großstadt Fernbusse aus der Innenstadt. Der größte Anbieter fährt die Stadt
jetzt nicht mehr an.
Die Wahrheit: Reflux im Flixbus
Das neue Fortbewegungsmittel Fernbus verheißt aufregendes Reisen.
Tatsächlich bringt es geballte menschliche Schick- und Scheusale.
Liberalisierter Fernbusmarkt: Fusion bei Bussen greift Bahn an
Ein neues Großunternehmen will tausend Busse auf die Straße bringen und das
Angebot verbessern. Die Grünen sehen die Deutsche Bahn unter Druck.
MeinFernbus und FlixBus: Gemeinsam in die Ferne
Die beiden größten deutschen Fernbusbetreiber wollen ihre Streckennetze
verbinden. Es soll auch ein europaweites Liniennetz entstehen.
Fernbusse ab Hamburg: Mehr Schienenersatzverkehr
Seit Beginn dieses Jahres dürfen Fernbuslinien innerhalb Deutschlands der
Bahn Konkurrenz machen. Auch im Norden bauen Verkehrsunternehmer ihr Netz
aus.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.