# taz.de -- Köstliche Käfer: „Eine leicht nussige Note“ | |
> Die preisgekrönte Osnabrücker Bugfoundation macht Burger aus | |
> Buffalowürmern. Vermarkten darf sie dies aber nur in Belgien und in den | |
> Niederlanden | |
Bild: Da ist Salat drin, Tomate – und viel Käfer: Bux Burger im Fotostudio | |
taz: Herr Krämer, lässt sich der Geschmack Ihrer Burger beschreiben? | |
Max Krämer: Interessant finde ich, dass jeder, der ihn isst, findet: Das | |
erinnert mich an etwas. Ich kann aber nicht sagen, an was. | |
Also sind Buffalowürmer kein völlig fremdes Aroma? | |
Nein, eben nicht. Man schmeckt sie auf jeden Fall durch, nur die meisten | |
können den Geschmack nicht zuordnen. Wenn ich es beschreiben soll, würde | |
ich sagen, die Insekten haben eine leicht nussige Note. Der Geschmack ist | |
vergleichbar dem Geruch, der entsteht, wenn man Nüsse in der Pfanne röstet. | |
Warum beliefern Sie von Ihrem Firmensitz Osnabrück aus nur belgische und | |
niederländische Restaurants? | |
Weil wir die Burger in Deutschland nicht verkaufen dürfen. | |
Wieso? | |
Anfangs hatten wir das vor, aber dann haben wir die Rechtslage | |
recherchiert. Das war schwierig, weil die niemand genau kannte. Selbst das | |
[1][Bundesamt] für Risikobewertung wusste keine Antwort. Am Ende hat sich | |
herauskristallisiert, dass wir unsere Bux Burger in Deutschland derzeit | |
nicht verkaufen dürfen. | |
Es gibt doch beispielsweise in Hamburg Restaurants, die Insekten auf der | |
Karte haben? | |
Es wird toleriert, Insekten zum Verzehr zu verkaufen, solange sie als | |
Insekten zu [2][erkennen] sind. Sobald sie, wie bei uns, zerkleinert | |
werden, ist das in Deutschland illegal. | |
Warum haben Sie dann nicht auf sichtbare Genuss-Insekten umgeswitcht? | |
Die Entscheidung, Burger zu machen, reagiert ja genau auf die Vorbehalte | |
gegen Insekten: [3][Die Hürde, Insekten zu essen, ist hoch]. Und mit dem | |
optischen Reiz liegt sie noch viel höher: Das ist durch Studien belegt. Wir | |
müssen also alles dafür tun, den Ekel zu überwinden. Und dafür ist der | |
Burger der richtige Weg. | |
Ist es denn wenigstens möglich, ihn per Versand in Deutschland zu | |
vertreiben? | |
Nein, auch das nicht. Wenn es um Muster geht, die man anderen Unternehmen | |
zur Verfügung stellt, könnte es zusammen mit dem Hinweis „Nicht für den | |
Verzehr geeignet“ funktionieren. Aber wir sind da sehr vorsichtig. Es ist | |
uns wichtig alle Regeln einzuhalten. | |
Sonst kommt das Ordnungsamt und macht den Laden dicht …? | |
Das könnte zumindest passieren. Ein paar Unternehmen haben das in | |
Deutschland auf diese Weise probiert, die sind per Amt geschlossen worden. | |
Dieses Risiko wollten wir nicht eingehen und haben uns auf Belgien und | |
Holland konzentriert. Immerhin ist es geplant, die Gesetzeslage einheitlich | |
in der ganzen EU [4][bis 2018 anzupassen] … | |
Und dann entern Sie den hiesigen Markt? | |
Darauf freuen wir uns. Das ist dann auch ein Heimspiel für uns. | |
Aus Verbraucher- und Genießerperspektive bleibt dieses Hickhack bis dahin | |
ärgerlich: erstens, weil Käfer lecker schmecken, zweitens: Sie sind total | |
gesund. | |
Genau. Es hat einfach [5][nur Vorteile]. Auch unter dem Gesichtspunkt der | |
Nachhaltigkeit. | |
Versuchen Sie mit dem Burger auch Menschen anzusprechen, die sich sonst | |
vegetarisch oder vegan ernähren? | |
Bei Veganern sehe ich wenig Chancen. Das sind meistens Leute, die sehr | |
entschieden sagen, ich will überhaupt nicht, dass für mein Essen Tiere | |
getötet werden. Bei den Vegetariern liegt das anders. Denn eine ganze Reihe | |
von Argumenten, die dafür sprechen, auf Fleisch zu verzichten, treffen auf | |
Insekten nicht zu. Zum Beispiel die Haltungsbedingungen: Für unsere | |
Buffalowürmer ist es kein Problem, in Massen auf einem Fleck zu leben, und | |
auch Sonnenlicht meiden die in der Natur eher. Auch das Tötungsverfahren | |
ist extrem schonend: Insekten sind wechselwarme Tiere. Es wird also die | |
Temperatur so weit gesenkt, bis die Lebensfunktionen ausgeschaltet werden. | |
Also eine Winterstarre? | |
Genau, nur eben mit dem Unterschied, dass sie bei uns danach eben nicht im | |
Frühjahr wieder aufwachen. Und wer auf Fleisch verzichtet, weil er den | |
Ressourcenverbrauch unverantwortlich findet: Das gilt eben bei uns auch | |
nicht. Ökologische Vegetarier können ohne schlechtes Gewissen Insekten | |
essen. | |
Ihr erster Kunde war ein Restaurant in Brüssel, einer echten | |
Feinschmecker-Stadt. Ist der Bux-Burger da gut angekommen? | |
Wir haben sehr positive Erfahrungen gemacht: Es gibt mittlerweile schon | |
Stammkunden, die nur dafür ins B34 gehen. | |
Das ist ein edles, aber sonst normales Steak- und Burger-Haus? | |
Genau das war uns wichtig: Wir wollen ein Produkt, das eine gleichwertige | |
Alternative zu normalen Burgern darstellt. Und es ist ein Premium-Produkt, | |
weil die Insekten natürlich noch etwas teuer sind, weil die Industrie ja | |
gerade erst entsteht in Europa. | |
Züchten Sie selbst? | |
Nein, unsere Züchter sitzen in Belgien und in den Niederlanden. Anfangs | |
hatten wir natürlich überlegt, das selbst in die Hand zu nehmen. Aber wenn | |
man in Deutschland Insekten züchten würde, dürfte man sie nicht als | |
Lebensmittel deklarieren. | |
In den Niederlanden haben Sie sich den größten Absatzmarkt: Ab sofort | |
bieten dort sieben Restaurants Ihren Bux-Burger. Wie kommt’ s? | |
Wir haben den Markt dort als sehr offen erlebt. Ich glaube, das ist so eine | |
Grundeinstellung der Niederländer: Die hören sich da jede Idee in Ruhe an | |
und verurteilen nicht alles gleich. Das dürfte hier später interessant | |
werden. Die Deutschen gelten in puncto Lebensmittel als konservativ. | |
Zu lernen, Insekten zu essen, hieße dann auch, sich kulturell zu öffnen: | |
Hat ein solcher Überbau bei der Gründung der Bugfoundation eine Rolle | |
gespielt? | |
Ein anderer. Für mich ist Folgendes wichtig: Früher wurden relativ viele | |
Insekten gegessen. Aber dieser Konsum hat stark nachgelassen – weil sich | |
die McDonald’s-Kultur der westlichen Welt überall verbreitet hat. Insekten | |
gelten dadurch als Arme-Leute-Essen. Das ist ein Problem. | |
Warum? | |
In den Ländern, in denen Hungersnöte auftreten, sind Insekten von großer | |
Bedeutung. Sie enthalten viele lebenswichtige Vitamine, sie sind | |
hochwertige Eisenquellen. Und Eisenmangel ist eine wichtige Ursache von | |
Säuglingssterblichkeit in Entwicklungsländern. Unsere Hoffnung ist: Wenn | |
Insekten in der westlichen Welt zu einem anerkannten Lebensmittel werden, | |
nimmt die Bereitschaft, Insekten zu essen, weltweit wieder zu. Das wäre ein | |
Beitrag gegen die globale Mangelernährung. | |
19 Aug 2016 | |
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[1] http://www.bfr.bund.de/de/start.html | |
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[3] http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=62163 | |
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## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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