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# taz.de -- Konsum und Umweltbewusstsein: Arm, aber gut für das Klima
> Umweltbewusstsein allein reicht nicht: Die hohe Mobilität und der
> Energieverbrauch drücken auf die CO2-Bilanz der Bessergestellten, so eine
> Studie.
Bild: Wer arm ist, hat weniger Geld, um teure Sachen zu kaufen – aber eine ni…
Berlin taz | Die beste Methode ist: arm sein. Arm bleiben oder arm werden,
je nachdem. Wer arm ist, hat erwiesenermaßen eine niedrigere CO2-Bilanz.
Wer arm ist, reist weniger, schon gar nicht mit dem Flugzeug. Wer arm ist,
hat eher kein Auto, und wenn, dann kein SUV. Wer arm ist, hat weniger
Wohnraum, der im Winter beheizt werden muss. Und weniger Geld, um teure
Sachen zu kaufen. Wer arm ist, isst auch weniger Fleisch.
So weit ist diese Erkenntnis nicht unbedingt neu: Verzichtsprediger und
Kapitalismuskritiker (exemplarisch genannt sei hier Naomi Kleins neuestes
Buch, „Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima“, 2015) weisen seit Jahren
auf den Zusammenhang zwischen Konsum und Umweltbilanz hin. Neu ist, dass
das jetzt auch das Umweltbundesamt (UBA) weiß. Das UBA hat in der
vergangenen Woche eine Studie veröffentlicht, die zu ebendiesen Ergebnissen
gelangt ist: Mobilität und Wohnen sind entscheidend für die Klimabilanz der
Deutschen.
Die Ironie daran: Das Umweltbewusstsein spielt nur eine geringe bis gar
keine Rolle. Entscheidend für den CO2-Verbrauch ist das Einkommen: Steigt
es, steigen auch die Ansprüche – und klimaschädliche Taten. Oder, wie es
die Studie sagt: „Menschen aus einfacheren Milieus, die sich selbst am
wenigsten sparsam beim Ressourcenschutz einschätzen und die ein eher
geringeres Umweltbewusstsein haben, belasten die Umwelt am wenigsten.“ Das
grüne Gewissen hilft lediglich als Bremse: „Mehr Einkommen fließt allzu oft
in schwerere Autos, größere Wohnungen und häufigere Flugreisen“, sagt Maria
Krautzberger, Präsidentin des UBA.
Das Amt hat für die Untersuchung 1.000 Menschen aus ganz Deutschland zu den
Themen Heizung, Wasserverbrauch, Haushaltstätigkeiten, Alltagsmobilität,
Ernährung und Urlaubsreisen befragt. Die Teilnehmenden sollten darüber
hinaus ihr Verhalten einschätzen.
## Klebeschinken aus dem Discounter
Was also tun? Noch weniger reisen, wohnen, Auto fahren? Das wird nicht
reichen. Auch Müll trennen und der tägliche Einkauf im Biomarkt sind eher
Alibihandlungen. So schafft man ein grünes Bewusstsein, das laut UBA-Studie
wenig mit der tatsächlichen CO2-Bilanz zu tun hat. Die Klimakiller Verkehr
und Energie fallen erheblich stärker ins Gewicht. Da hilft kein
individuelles Greenwashing. Schön ist das natürlich für die grün-skeptische
Arbeiterklasse, die sich kurzzeitig im Recht fühlen darf: Sie hat trotz
Klebeschinken aus dem Discounter und Mallorca-Urlaub alle zwei Jahre die
wesentlich bessere Klimabilanz als die grünorientierte Mittelschicht.
Einfach weil sie sich eine schlechtere Klimabilanz nicht leisten kann.
Die Individualisierung der Gesamtproblematik scheint indes grundsätzlich
der falsche Weg – es stellt sich über kurz oder lang die Systemfrage, und
sie stellt sich heftig. „Kapitalismus abschaffen“? Leichter gesagt als
getan. Es müssen wohl Zwischenschritte erfolgen. Und natürlich ist „Armut
für alle“ auch keine Lösung. Stattdessen ökologisch technischer Fortschritt
– und sozialer.
15 Aug 2016
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
CO2
Umwelt
Konsum
Umweltverschmutzung
Bio-Lebensmittel
Umweltbundesamt
Klima
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Autokonzerne
Ökologie
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