# taz.de -- Noch mehr Gift im Meer als gedacht: „Eindeutig krebserregend“ | |
> Wasser und Böden von Nord- und Ostsee sind mit Plastikmüll verseucht. | |
> Über die Nahrungskette gelangen die Giftstoffe wieder zurück zum | |
> Menschen. | |
Bild: Hochgiftig und allgegenwärtig: Mikroplastik-Kügelchen | |
HAMBURG taz | Giftiges Mikroplastik belastet Wasser und Böden in | |
norddeutschen Flüssen und Meeren weit stärker als bisher bekannt. Das ist | |
das Ergebnis zweier wissenschaftlicher Expeditionen eines Forscherteams der | |
Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW). „Was wir gefunden | |
haben, ist ein brisanter Giftcocktail“, sagte HAW-Forschungsleiterin Gesine | |
Witt bei der Vorstellung der Ergebnisse am gestrigen Montag. | |
Nachgewiesen sind hohe Konzentrationen an Mikroplastikan fast allen | |
untersuchten Stellen der Nord- und Ostsee sowie den Mündungen der Flüsse | |
Weser, Elbe und Trave. Die höchsten Belastungen wurden in der Trave vor der | |
Lübecker Kläranlage sowie in den Hafengewässern von Rostock und Stralsund | |
gemessen. | |
Mit unterschiedlichen Giftstoffen hoch belastet sind auch die | |
Mündungsgebiete von Elbe und Weser. Allerdings fehlen Vergleichswerte, weil | |
die HAW-Expedition eine der ersten überhaupt war. „Aber das läuft jetzt | |
EU-weit an“, sagt Witt, schon bald lägen umfangreiche Daten auch aus | |
anderen Ländern und Meeresgebieten vor. | |
Im Wasser nicht abbaubare Kunststoffe wirken auf dort treibende Schadstoffe | |
wie Polychlorierte Biphenyle (PCB) oder das Insektizid DDT wie Magnete. Sie | |
vereinigen sich zu Giftklumpen. In den Sedimenten werden diese von Muscheln | |
und Würmern aufgenommen und gelangen über Krabben und Fische letztlich in | |
die menschliche Nahrung. Einige dieser Stoffe können auch menschliche | |
Körperzellen durchdringen, sagt Witt: „Sie sind eindeutig krebserregend.“ | |
Das HAW-Forscherteam war mit dem privaten Forschungsschiff „Aldebaran“ des | |
Hamburger Biologen Frank Schweikert zwei Mal für je drei Wochen auf Nord- | |
und Ostsee zum Probensammeln unterwegs. Die Analyse der Proben erfolgte an | |
Bord und in den Laboren der HAW in Hamburg. | |
Elemente von Mikroplastik sind selbst in Zahnpasta, Kosmetika und | |
Putzmitteln vorhanden, zudem entstehen sie durch Auflösung größerer Teile | |
wie Joghurtbecher oder Plastiktüten. Sinnvoll sei deshalb, sagt Witt, diese | |
Stoffe durch weniger schädliche Stoffe zu ersetzen. „Man sollte auf | |
plastikhaltige Kosmetikprodukte verzichten. Es gibt auch welche mit | |
unschädlichen Inhaltsstoffen.“ | |
Selbst die modernsten Kläranlagen sind kaum in der Lage, Mikroplastik aus | |
dem Abwasser herauszufiltern. So gelangen diese Teilchen aus dem heimischen | |
Badezimmer in die Meeresumwelt und teilweise zurück auf den Teller des | |
Menschen. Die Umweltorganisation BUND fordert deshalb bereits seit langem | |
ein Verbot von Plastiktüten und den Verzicht von Mikroplastik in Hygiene- | |
und Kosmetikartikeln. Ein Einkaufsführer, der über alle Produkte mit | |
Mikroplastik informiert, [1][ist auf der BUND-Homepage zu finden.] | |
1 Aug 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bund.net/themen_und_projekte/meeresschutz/muellkampagne/mikropla… | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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