| # taz.de -- Neue Erkenntisse zu Mikropartikeln: Plastikpest bremst Fische aus | |
| > Kunstoffpartikel im Wasser schädigen Barsche. In den USA ist Mikroplastik | |
| > verboten. In Deutschland setzen die Behörden auf Dialog mit der | |
| > Industrie. | |
| Bild: Barsch mit Mikroplastikfiguren | |
| Berlin taz | Mikroplastik im Wasser macht Fische träge, sie sterben früher | |
| und aus dem Laich schlüpfen weniger Fischlarven. Das zeigt eine kürzlich im | |
| Magazin Science veröffentlichte [1][Studie der schwedischen | |
| Wissenschaftler] Oona M. Lönnstedt und Peter Eklöv. „Wenn andere Arten | |
| ähnlich von Mikroplastik beeinträchtigt werden sollten“, heißt es in der | |
| Studie, „könnte dies tiefgreifende Folgen für das Wasserökosystem haben“. | |
| Als Mikroplastik werden Plastikpartikel mit einer Größe von einem | |
| Millionstel bis fünf Millimeter bezeichnet, die in der Natur nahezu | |
| unzerstörbar sind. Die Wissenschaftler der Universität Uppsala haben | |
| untersucht, wie sich Mikroplastik auf junge Flussbarsche auswirkt. Mit | |
| Blick auf Entwicklung, Verhalten und Überlebensrate der Jungbarsche | |
| stellten sie massive Veränderungen fest. | |
| Beispielsweise schlüpften 15 Prozent weniger Barschlarven bei einer | |
| Konzentration von 80.000 Polystyrolpartikeln pro Kubikmeter. Zum Vergleich: | |
| An der schwedischen Küste liegt die durchschnittliche Konzentration | |
| zwischen 7000 und 10.000 Partikeln pro Kubikmeter. | |
| Stark beeinflusst werde auch das Verhalten der jungen Fische durch | |
| Mikroplastik: Flussbarsche in kontaminiertem Wasser bewegten sich im | |
| Vergleich weniger und schwammen kürzere Strecken. In Kombination mit einer | |
| abnehmenden Reaktion auf Gefahrenhinweise führte dies zu einer erhöhten | |
| Sterblichkeit: Alle Fischlarven, die einer hohen Mikroplastik-Konzentration | |
| ausgesetzt waren, starben im Versuch innerhalb von 24 Stunden, wenn sie | |
| ihrem natürlichen Feind, dem Junghecht, ausgeliefert waren. | |
| In Vergleichsfall mit sauberen Wasser starb nur knapp die Hälfte der | |
| Fischlarven. Weiter stellten Lönnstedt und Eklöv fest, dass eine hohe | |
| Konzentration von Mikroplastik sowohl zu einem vermindertem Wachstum der | |
| Fische als auch zu einem veränderten Nahrungsverhalten führte. | |
| Unterschieden wird zwischen sekundärem Mikroplastik, das durch | |
| Wellenbewegung und Sonneneinstrahlungen aus größeren Kunstoffteilen | |
| entsteht, und primärem Mikroplatik, das schon in Form winziger Kügelchen | |
| hergestellt wird, etwa Basispellets für die Kunststoffherstellung oder | |
| sogenannte Mircobeads, die in Kosmetik und Reinigungsmitteln eingesetzt | |
| werden. | |
| ## Dialog mit der Industrie | |
| Während Herstellung und Verkauf von primärem Mikroplastik durch den | |
| „Microbead Free Waters Act“ in den USA von Juli 2017 an verboten ist, setzt | |
| Deutschland im Rahmen des „Nationalen Kosmetikdialogs“ auf die Einsicht und | |
| Selbstverantwortung der Industrie. Die Kosmetikindustrie strebe | |
| mittlerweile den Komplettausstieg aus der primären Mikroplastik an, sagte | |
| Stephan Gabriel Haufe, Pressesprecher im Bundesumweltministerium. | |
| Der Umstellungsprozess dazu habe bereits begonnen, und Ersatzstoffe wie | |
| Walnussmehl, Zellulose oder Holzmehl würden bereits Verwendung finden. „Das | |
| ist ein wesentlicher Erfolg des Kosmetikdialogs“, meint Haufe. Um | |
| vergleichbare Maßnahmen in anderen Industriebereichen zu fördern, sollen | |
| jetzt auch „vergleichbare Dialoge mit anderen relevanten Sektoren geführt | |
| werden“. | |
| Darüber hinaus habe das Ministerium in Zusammenarbeit mit dem | |
| Umweltbundesamt und dem Land Niedersachsen im März dieses Jahres den ersten | |
| runden Tisch gegen Meeresmüll einberufen. An diesem Dienstag und Mittwoch | |
| findet zudem eine Konferenz zu Plastik in Binnengewässern statt. | |
| Nadja Ziebarth vom Meeresschutzbüro der Umweltschutzorganisation BUND ist | |
| das alles nicht genug: „Aus meiner Sicht ist eine freiwillige Vereinbarung | |
| zu wackelig.“ Hersteller von Kosmetikprodukten seien zwar aktuell durch | |
| Medienberichte unter Druck geraten, das könne sich aber wieder ändern, | |
| sobald die Berichterstattung nachlässt. „Wir brauchen ganz klar ein | |
| Verbot“, sagt Ziebarth. | |
| 20 Jun 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://science.sciencemag.org/content/352/6290/1213 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Koßmann | |
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