# taz.de -- Plastikfressendes Bakterium entdeckt: Sie lieben Müll | |
> Vor allem für Meeresbewohner ist Plastikmüll ein Problem. Nun haben | |
> Wissenschaftler ein Bakterium entdeckt, das PET abbauen kann. | |
Bild: Plastik zersetzt sich mit der Zeit in kleine Partikel, die sich in Meeres… | |
BERLIN taz | Bakterien fressen Plastik auf und beseitigen das globale | |
Müllproblem – solch sprühende Visionen hat am Donnerstag ein Vorabbericht | |
von Science genährt. Japanische Wissenschaftler vom Kyoto Institute of | |
Technology berichten in dem renommierten Wissenschaftsmagazin [1][von einem | |
Bakterium, das einen der weltweit häufig eingesetzten Kunststoffe aus Erdöl | |
in ungefährliche Bestandteile zersetzen kann]. | |
Eine Forschergruppe rund um Shosuke Yoshida entdeckte den Mikroorganismus | |
auf PET-Flaschen. Er produziert zwei Enzyme und spaltet | |
Polyethylenperephtalat in Glykol und Therephtalsäure. Diese ist | |
Ausgangsstoff für neues Plastik. Bekannt sind bislang Bakterien, die Erdöl | |
zersetzen können; Mikroorganismen mit Appetit auf Plastik aus Erdöl sind | |
neu. Dass die japanischen Mikrobiologen eine bedeutsame Entdeckung gemacht | |
haben, darüber sind sich die Experten einig. | |
Weltweit werde an Bakterien geforscht, die Kunststoffe – und anderen Müll – | |
zersetzen können. Von marktfähigen Anwendungen sei man sicherlich noch weit | |
entfernt, meint Uwe Bornscheuer, Professor für Biochemie an der Universität | |
Greifswald. Trotzdem sei die Entdeckung ein Durchbruch in der Forschung, | |
weil das entdeckte Bakterium Ideonella Sakaiensis „alle Schritte vom | |
gezielten Anhaften an die Oberfläche des PETs über die Bildung der sehr | |
aktiven Enzyme bis hin zur vollen Verstoffwechslung durchführen kann“. | |
Lars Blank, Professor für Mikrobiologie an der RWTH Aachen, forscht an | |
einer sehr ähnlichen Problemstellung wie seine Kollegen in Kioto. In einem | |
von ihm koordinierten EU-weiten Forschungsprojekt werden Bakterien des | |
Stammes Pseudomonas putida dazu gebracht, PET in einen Biokunststoff zu | |
verwandeln, der biologisch abbaubar ist. Im Grunde können sie das zwar, | |
aber wie immer liegt der Teufel im Detail: Beispielsweise brauchen die | |
Bakterien einige Wochen, um eine dünne Schicht PET zu zersetzen – ähnlich | |
in Kioto. | |
## „Das wird nichts“ | |
„Für Recyclingfirmen ist das uninteressant“, so Blank, „das muss in Stun… | |
passiert sein“. Außerdem sind Massen von Bakterien nötig, damit | |
Stoffwechselprozesse in Gang kommen. „Ein paar Bakterien aufs Meer sprühen | |
und hoffen, dass sie den Müllstrudel fressen“, warnt Blank, „das wird | |
nichts.“ | |
Die Entdeckung von Ideonella Sakaiensis sei zwar interessant, sagt Claudia | |
Engelbrecht vom Biotechnologieverband „Bio Deutschland“. Langfristig sei es | |
aber wichtig, von Materialien aus Erdöl zu biobasierten Rohstoffen zu | |
wechseln. Aus Abfall neue Biokunststoffe zu entwickeln sei für die weiße, | |
also industrielle Biotechnologie derzeit ein großes Thema. | |
Christiane Schnepel, Abfallexpertin des Umweltbundesamtes, will das neue | |
Bakterium mit Gelassenheit „beobachten“. Das globale Müllproblem lasse sich | |
am besten mit einer guten Mülltrennung und Mehrwegsystemen lindern, sagt | |
sie, dabei sei Deutschland gut aufgestellt. | |
11 Mar 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://science.sciencemag.org/content/351/6278/1162.1 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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