# taz.de -- Konflikt in der vegan-vegetarischen Szene: Der Vebu und die Fleisch… | |
> Wiesenhof & Co. stellen jetzt auch vegetarische Wurst her. Der | |
> Vegetarierbund findet das gut. Andere rein vegane Firmen, ganz und gar | |
> nicht. | |
Bild: Topas, Hersteller der Fleischalternative Wheaty, will aus dem Vebu ausste… | |
Berlin taz | Der Streit in der vegan-vegetarischen Szene über die | |
Zusammenarbeit von Vegetarierbund (VEBU) und Fleischindustrie geht in die | |
nächste Runde: Topas, Pionier der veganen Produkte in Deutschland, kündigte | |
an, den deutschen Vegetarierbund (Vebu) zu verlassen. „Wenn der Vebu | |
dauerhaft Firmen unterstützt, die sich nicht von der Verarbeitung von | |
Tieren abwenden oder diese reduzieren, dann passt das für mich nicht mehr | |
zusammen“, sagte Geschäftsführer Klaus Gaiser der taz. Den Vegetarierbund | |
hatte er ursprünglich so verstanden, dass sich dieser für die Reduzierung | |
von Tierleid einsetzten wolle. Aber de facto sei genau das Gegenteil der | |
Fall. | |
2015 wurden laut dem Kölner Institut für Handelsforschung Waren mit | |
Fleisch- und Milchalternativen im Wert von 454 Millionen Euro umgesetzt, | |
ein Viertel mehr als im Jahr zuvor. Der Markt boomt, ein Ende ist laut | |
Institut „nicht in Sicht“. | |
Diesen Trend nutzt auch die Fleischindustrie. Immer mehr Unternehmen, die | |
ihr Geld bisher überwiegend mit ethisch problematischen Produkten | |
verdienten, springen auf den Trend auf. Schattenseite des Ganzen: Die | |
vegetarischen Alternativen der Fleischindustrie bestehen zu großen Teilen | |
aus Eiweiß von Hühnereiern, kritisiert Topas-Chef Gaiser. Es sei | |
mathematisch nachweisbar, dass dadurch sogar mehr Tierleben geopfert werden | |
müssten. | |
Für vegetarische Mortadella beispielsweise müssten mehr Tiere sterben als | |
für die Mortadella aus Fleisch: Einem einzigen für die Fleischvariante | |
geschlachtetes Schwein stünden elf für die vegetarische Variante getötete | |
Hühner gegenüber. Es sei ihm unbegreiflich, wie der Vebu so etwas | |
unterstützen könne. Kritik übt Gaiser vor allen an den auf diesen Produkten | |
prangenden Logos. Aufschrift: „Unterstützt vom Vebu“. | |
Topas ist nicht das erste Unternehmen, das den Vebu verlässt. Bereits im | |
Oktober vergangen Jahres war das Lörracher Familienunternehmen Lord of Tofu | |
ausgetreten. Es hatte damals als Grund angegeben, dass man von immer mehr | |
Lebensmittelgeschäften ausgelistet werde, seit der Vebu große | |
konventionelle Fleischkonzerne unterstütze. | |
## „Richtige Strategie aus tierischer Sicht“ | |
Auch bei Topas spürt man eine gewisse Stagnation, gibt Geschäftsführer | |
Gaiser zu. Die Umsatzsteigerung der letzten Jahre fehle nun. „Ein Teil der | |
Kunden geht jetzt einfach im Supermarkt einkaufen und kauft eben diese | |
Alternativen, die hauptsächlich von den Fleischfirmen kommen.“ Die | |
Situation sei aber nicht existenzbedrohend. | |
Zu den bekanntesten Beispielen von Fleischkonzernen, die nun vermehrt auf | |
den vegan-vegetarischen Markt drängen, zählen die Rügenwalder Mühle und der | |
Geflügelriese Wiesenhof. Auch hinter der Marke „Vegetaris“ steckt | |
beispielsweise die wegen Listerienbefall in die Insolvenz gegangene Sieber | |
Wurst GmbH aus Bayern. Hinter „Veggie Gourmet“ die Metzgerei Ponnath. Der | |
Geschäftsführer von „Like Meat“, Timo Recker, ist zudem gleichzeitig | |
Teammitglied der „Schnitzelmacher“, einer Marke des Familienunternehmens | |
Recker Convenience. | |
Der Vebu wehrt sich gegen die Kritik. Jedes Tier, das sterbe, sei für den | |
Verband mit seinen 12.000 Mitgliedern eines zu viel, sagt Sprecherin | |
Stephanie Stragies der taz. Man wolle Unternehmen unterstützen, die | |
fleischfreie Produkte am Markt etablieren möchten, unterstütze aber nicht | |
nur rein vegan-vegetarische, sondern alle Arten von Unternehmen. | |
Langfristig hoffe der Vebu, so mehr Menschen für den ausschließlichen | |
Konsum veganer Produkte zu begeistern. Auch Topas erreiche mit seinen | |
eifreien Produkten Flexitarier, so Gaiser. Rein geschmacklich seien die | |
Konkurrenzprodukte der Fleischindustrie nicht schlecht, gibt er zu. Er habe | |
sie selbst schon probiert. Aber: Die Tiere würden nicht davon profitieren. | |
Gaiser: „Wenn ich der Vebu wäre, dann würde ich solche Firmen unterstützen, | |
die die aus tierischer Sicht richtige Strategie fahren.“ | |
11 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Daniel Koßmann | |
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