# taz.de -- Grünem Klimafonds fehlen Antragsteller: Milliarden suchen Öko-Pro… | |
> Der „Grüne Klimafonds“ der UN hat ein Luxusproblem: Geld ist genug da. | |
> Was fehlt, sind gute Ideen, um es auszugeben. Die Zeit drängt. | |
Bild: Bau einer Fotovoltaik-Anlage in Südafrika | |
BERLIN taz | 23 Millionen Dollar, um mit genaueren Wetterberichten die | |
Ernten im afrikanischen Mali zu sichern; 20 Millionen, um in Armenien | |
Kredite für die energetische Sanierung von Häusern anzustoßen; 30 bzw. 36 | |
Millionen, um in Vietnam und im Inselstaat Tuvalu die Küsten zu befestigen | |
und die Bevölkerung zu schützen; 38 Millionen, um Kleinbauern in Sri Lanka | |
beim Kampf gegen die Trockenheit zu unterstützen. Das sind einige der | |
insgesamt neun Projekte, die der Aufsichtsrat des „Grünen Klimafonds“ (GCF) | |
genehmigen soll. Dabei werden sich die 24 Mitglieder, je zur Hälfte | |
Vertreter aus Industriestaaten und Entwicklungsländern, ausnahmsweise nicht | |
darum sorgen, woher das Geld kommt – sondern wie es möglichst gut und | |
schnell ausgegeben werden kann. | |
Denn der GCF, der wichtigste Finanztopf im Kampf gegen den Klimawandel, hat | |
ein Luxusproblem: Auf seinen Konten lagern 10,3 Milliarden Dollar, die von | |
18 Ländern eingezahlt wurden. Allein 2016 sollen davon insgesamt 2,5 | |
Milliarden für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel fließen. Aber | |
noch fehlt es an geeigneten Projekten. Bisher stehen Projekte für etwa 250 | |
Millionen auf der Liste. | |
„Wir sind bereit fürs Geschäft, Geld ist auch da, jetzt bringt uns eure | |
Projekte!“, forderte Zaheer Fakir, südafrikanischer Ko-Chef des | |
Aufsichtsrats, die Delegierten bei der halbjährlichen UN-Klimakonferenz in | |
Bonn auf. „Wenn ihr das nicht tut, wird es schwer für uns.“ Schließlich | |
hätten alle „extrem hohe Ansprüche an den Fonds, die wir nicht alle | |
erfüllen können.“ | |
Beim grünen Klimafonds stehen nicht nur Milliarden auf dem Spiel. Sondern | |
die Glaubwürdigkeit des Pariser Abkommens zum Klimaschutz. Denn der GCF ist | |
die wichtigste Pipeline, mit der staatliche Gelder aus dem Norden in den | |
Süden fließen sollen – in Zukunft ein guter Teil der 100 Milliarden Dollar | |
pro Jahr, die die Industrieländer versprochen haben. | |
## Kriegskasse des Pariser Abkommens | |
Dieser Topf soll „fundamental anders sein“ als andere Geldtöpfe für | |
Entwicklung, sagt Fakir: Er soll ausdrücklich die weltweite Energiewende | |
voranbringen und „die Billionen umschichten“, wie GCF-Mitglieder sagen. Als | |
Kriegskasse des Pariser Abkommens sei der Fonds „sehr wichtig“, meint auch | |
Finanzexpertin Niranjali Amerasinghe vom World Resources Institute in | |
Washington. | |
Aber von dieser „transformativen Aufgabe“ sind viele der vorliegenden | |
Projekte weit entfernt. Viele sehen so aus, als hätten die internationalen | |
Entwicklungsbanken ihre Projekte einfach beim GCF angemeldet, monieren | |
Kritiker. Sie fordern mehr Risikobereitschaft bei den Investitionen. Ideal | |
wären Ideen, wie dezentrale Solaranlagen in Entwicklungsländern | |
Stromversorgung liefern und neue Märkte entstehen lassen können. | |
„Die Pipeline ist enttäuschend“, meint auch Lutz Weischer von der Umwelt- | |
und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Viele arme Staaten hätten aber | |
damit zu kämpfen, aus ihren Klimaplänen vom letzten Jahr jetzt | |
Investitionspläne zu machen – und dann auch noch Projekte zu schneidern, | |
die den Ansprüchen des GCF für Transparenz und Anti-Korruptionskampf | |
genügen. Er sieht aber auch das Dilemma: Prüft er zu lange, wird gemeckert, | |
dass kein Geld fließt. Gibt er schnell die Milliarden aus, läuft er Gefahr, | |
unsinnige Projekte zu fördern. | |
## Bürokratische Hürden | |
„Gründlichkeit ist wichtiger als Schnelligkeit“, meint Weischer. | |
Allerdings: Je schneller das Geld ausgegeben ist, desto eher wird der Topf | |
wieder aufgefüllt. | |
Ein Problem ist auch, wer das Geld durchreicht. Der Fonds hat 33 Institute | |
akkreditiert, darunter nationale und weltweite Institute, aber auch private | |
Banken wie HSBC und Deutsche Bank – die von Umweltschützern gerade wieder | |
einmal als Finanziers der weltweiten Kohleindustrie bloßgestellt wurden. | |
Der „direkte Zugang“ ist bisher nur über wenige Institute eingelöst. Auch | |
hier sind die bürokratischen Hürden hoch. | |
Der Fonds war eine schwere Geburt. Nach einem langen Tauziehen um seinen | |
Standort werden jetzt Dutzende von neuen Mitarbeitern gesucht. Allerdings | |
sind Spitzenkräfte schwer in die koreanische Provinz zu locken. Und bald | |
endet die erste Amtszeit der Geschäftsführerin Hela Cheikhrouho. Wer auf | |
die begrenzt charismatische Tunesierin folgt, ist völlig offen. | |
27 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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