# taz.de -- NGOs bei UN-Aidskonferenz: Muslime blockieren LGBT-Gruppen | |
> Auf Druck islamischer Länder sind LGBT-Gruppen von einer UN-Aidskonferenz | |
> ausgeschlossen worden. Nun gibt es Protest aus Europa und Amerika. | |
Bild: Kein Zutritt für Trans- und Homosexuelle: UN-Gebäude in New York | |
GENF taz | Auf Druck der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) | |
dürfen elf LGBT-Verände nicht an einer UN-Konferenz zu HIV/Aids teilnehmen. | |
Bei dem „High-level meeting“ der 193 UNO-Mitgliedsstaaten sollen Strategien | |
erarbeitet werden, wie die Aids-Epidemie bis zum Jahr 2030 beendet werden | |
kann. Die Konferenz findet vom 8. bis 10. Juni in der New Yorker | |
UNO-Zentrale statt. | |
Der Ausschluss ist Teil einer steigenden Zahl von Bemühungen, bei denen | |
Staaten die Mitwirkung von ihnen unliebsame Nichtregierungsorganisationen | |
bei der UNO zu verhindern versuchen. Aktuell betroffen sind neben den | |
LGBT-Verbände auch die globalisierungskritische NRO Alliance Süd aus der | |
Schweiz. | |
Zu den ausgesperrten LGBT-Organisationen gehören unter anderem das „Asia | |
Pacific Transgender Network“ aus Thailand, die länderübergreifende | |
ostafrikanische Organisation „Ishtar Men Who Have Sex With Men“ und die in | |
Estland ansässige „Eurasian Coalition on Male Health“. Ihren Ausschluss | |
hatte Ägypten im Namen der 57 Staaten der OIC mit einem Schreiben an den | |
Präsidenten der Generalversammlung veranlasst. Das Schreiben enthielt keine | |
Begründung. | |
Nach den Regularien der UNO kann eine qualifizierte Minderheit der | |
Mitgliedsstaaten die Zulassung von NRO zu einer UNO-Konferenz blockieren. | |
Bei der UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) reicht nach der | |
Geschäftsordnung der Organisation sogar der begründungslose Widerspruch | |
eines einzigen Landes, dessen Identität der vom Auschluss betroffenen NRO | |
nicht einmal mitgeteilt werden muss. | |
Im April wurde die Allianz Süd in einem zweizeiligen Schreiben informiert, | |
ihr Akkreditierungsantrag für die Jahreskonferenz der UNCTAD Mitte Juli in | |
Nairobi sei „wegen des Widerspruchs eines Mitgliedslandes“ abgelehnt | |
worden. Amel Haffouz, die bei der UNCTAD seit 20 Jahren die für | |
Akkreditierungen zuständige Abteilung leitet, sagte auf Anfrage sie habe | |
„noch nie einen solchen Fall erlebt“. | |
Allianz Süd kritisierte das Akkreditierungsverfahren. Dieses gebe einem | |
Land die Möglichkeit, „eine NRO aus wahrscheinlich politischen Gründen“ zu | |
boykottieren. „Dieser undurchsichtige und antidemokratische Prozess | |
verletzt das Recht auf Information sowie das Recht auf Beteiligung der | |
Zivilgesellschaft“. Nachdem sich die Schweizer Regierung einschaltete und | |
der Fall Ende letzter Woche öffentlich wurde, wurde der Widerspruch | |
zurückgezogen und Alliance Süd zu der Konferenz zugelassen. | |
## USA, Kanada und EU protestieren | |
Auf eine Korrektur ihres Ausschlusses hoffen nun auch die LGBT-Verbände. | |
Das forderten auch die USA, die EU und Kanada in Briefen an den Präsidenten | |
der Generalversammlung. Washingtons UNO-Botschafter Samantha Power schrieb: | |
„Wenn man bedenkt, dass Transgender-Menschen 49-mal eher mit HIV leben als | |
die Durchschnittsbevölkerung, wird der Ausschluss von einem Treffen auf | |
höchster Ebene dazu führen, dass der globale Kampf gegen die | |
HIV/Aids-Pandemie behindert wird und wir unser Ziel einer aidsfreien | |
Generation nicht erreichen können.“ | |
Die für den Ausschluss der LGBT-Verbände verantwortliche OIC sieht sich als | |
Sprachrohr der islamischen Welt. Dem Verbund gehören vor allem autokratisch | |
regierte Länder aus Nordafrika und dem Nahen Osten an, die Homosexualität | |
verbieten. Mit Albanien und der Türkei hat die OIC auch zwei europäische | |
Mitgliedsstaaten. Die Organisation hat sich bereits in der Vergangenheit | |
gegen LGBT-Rechte eingesetzt. 2014 scheiterte sie unterstützt vom Vatikan, | |
Russland und China mit dem Versuch, die von Generalsekretär Ban Ki Moon | |
verfügte Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartner von der UN | |
wieder rückgängig zu machen. | |
In den Vereinten Nationen gibt es immer wieder Streit zwischen | |
LGBT-freundlichen Staaten, die hauptsächlich aus Nord- und Südamerika und | |
der Europäischen Union stammen, sowie LGBT-feindlichen Staaten insbesondere | |
aus Afrika und Asien. Im Jahr 2014 setzten etwa mehrheitlich autokratische | |
Staaten im UN-Menschenrechtsrat eine Resolution zum „Schutz der Familie“ | |
durch, mit der sie offenbar das Ziel verfolgen, langfristig gegen | |
LGBT-Rechte vorzugehen – für die Resolution stimmten etwa Saudi-Arabien, | |
China und Russland. | |
19 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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