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# taz.de -- Nachruf auf Fred Phelps: Der Hassprediger aus Topeka
> Einer der provozierendsten US-Aktivisten ist tot. „Gott hasst
> Schwuchteln!“ war sein Motto. Seinen Schwulenhass nimmt Fred Phelps mit
> ins Grab.
Bild: Fred Phelps, hier 2006 in seiner Kirche.
BERLIN taz | Es passiert nicht oft, dass der Tod eines Menschen im Netz mit
Häme, Genugtuung und offener Freude begrüßt wird. Fred Phelps ist da eine
Ausnahme. Als am späten Donnerstag bekannt wurde, dass der inzwischen
84jährige Hassprediger, der mit dem Spruch „Gott hasst Schwuchteln“ bekannt
geworden ist, in einem Krankenhaus verstorben war, hagelte es auf Twitter
bitterböse Verwünschungen. „Ruhe in der Hölle, die Welt ist besser ohne
dich!“ schrieb jemand. „Stell dir vor, die ganze Welt freut sich, dass du
tot bist. Schade, dass er nicht mehr lebt und das sehen kann,“ schrieb
jemand anderes.
Phelps hat zu Lebzeiten genug dafür getan, solche Emotionen auszulösen.
Seine „Westboro Baptist Church“, der fast ausschließlich Mitglieder seiner
eigenen großen Familie angehörten, wird vom Southern Poverty Law Center
seit Jahren als eine der aggrssivsten Hate Groups in den USA bezeichnet.
Richtig bekannt wurde die Gruppe Anfang der 2000er Jahre vor allem dadurch,
dass sie bei Soldatenbeerdigungen auftauchte. „Dank Gott für tote
Soldaten!“, stand auf Schildern, die sie den entsetzten Angehörigen getöter
Soldaten aus den Kriegen in Afghanistan und Irak entgegenhielten. Sie waren
der festen Überzeugung, dass Gott die USA mit den Anschlägen vom 11.
September 2001 gestraft hatte, weil das Land in der Sünde der
Homosexualität unterzugehen drohe.
Jeder erschossene Soldat verdiene den Tod, weil er einer Regierung diene,
die Homosexualität dulde. Auf die solle nämlich, so Phelbs, die Todesstrafe
stehen. Jeder Sturm, jeder Hurrikan, der Teile der USA verwüstet, ist für
Phelbs und seine Leute eine Strafe Gottes für die in den USA grassierende
Homosexualität.
## 13 Kinder, 54 Enkel und 7 Urenkel
Phelps war nicht immer so, und wie genau er so geworden ist, bleibt auch
nach seinem Tod unklar. 1929 wurde er als älteres von zwei Kindern eines
Bahnpolizisten und einer Hausfrau im Bundesstaat Mississippi geboren. Seine
Mutter starb früh, eine Tante übernahm die Erziehung der Kinder. Phelps war
ein guter Schüler, sportlich, Pfadfinder und ging in eine methodistische
Kirche. Nach gutem Schulabschluss wurde er an der Westpoint-Militärakademie
angenommen, ging dort aber nie hin, nach eigenem Bekunden wegen eines
göttlichen Erweckungserlebnisses.
Stattdessen besuchte er die protestantische Bob-Jones-Universität in
Cleveland, wechselte schon 1947 von den Methodisten zum Baptismus, fiel in
der Uni als religiöser Eiferer auf, der gegen die „Fleischeslust“ zu Felde
zog. 1952 heiratete er seine Frau Margie M. Simms, 1954 zogen sie nach
Topeka in Kansas, bekamen 13 Kinder, 54 Enkel und 7 Urenkel.
In Topeka übernahm Phelps eine Predigerstelle bei einer Baptistengemeinde,
wurde 1955 beauftragt, im Westteil der Stadt eine Zweigkirche aufzubauen,
tat das auch, spaltete sie aber bald von der Hauptkirche ab: Die Westboro
Baptist Church war gegründet. Nur: Es kam kaum jemand, und Phelps musste
als Staubsaugervertreter um die Häuser ziehen, um den Lebensunterhalt
zusammen zu bekommen.
## Bürgerrechtsanwalt Phelps
In seiner Kirche predigte er eine radikalfundamentalistische Auslegung –
vor allem die Ablehnung nicht nur von Homosexualität, sondern auch aller
anderen religiösen Glaubensbekenntnisse. Insbesondere durch einen schroffen
Antisemitismus und Anti-Katholizismus fiel Phelps immer wieder auf.
Weil die kirchlichen Aktivitäten ihm kaum Einkünfte brachten, begann Phelps
ein Jura-Studium, das er 1964 abschloss. Und – das scheint so gar nicht ins
Bild zu passen – Phelps machte sich in Kansas einen Namen als
Bürgerrechtsanwalt, der etliche Verfahren im Nachgang der
Bürgerrechtsbewegung erfolgreich führte. Von US-Bürgerrechtsorganisationen
wie der NAACP wurde er dafür später sogar ausgezeichnet.
Seine Lizenz als Anwalt verlor er jedoch schon nach 15 Jahren wieder –
Jahre, die dadurch geprägt waren, dass er eine Unzahl von
Disziplinarverfahren an den Hals bekam, eine Gerichtsschreiberin mit einem
Prozess überzog, der ausschließlich dazu diente, sie zu demütigen, Zeugen
einschüchterte und insgesamt wenig für die anwaltliche Berufsethik übrig
hatte.
## Zu Besuch bei Saddam Hussein
Die öffentliche Aktivititäten seiner Kirche – die keinem der größeren
Dachverbände der Baptisten in den USA angehört – begannen Anfang der 90er
Jahre. Wenige Blocks vom Haus der Familie Phelps entfernt, gab es in Topeka
einen Park, der offenbar als Cruising Point für Homosexuelle diente. Phelps
und seine Verwandten begannen, am Park gegen Homosexuelle zu demonstrieren,
er versuchte, die Stadtverwaltung zum Einschreiten zu bewegen. Seither sind
Picketlines, Kleindemonstrationen weniger Kirchenmitglieder mit vielen
Schildern das Markenzeichen der Westboro Baptist Church, und alsbald auch
nicht mehr nur in Kansas, sondern überall in den USA.
1997 schrieb Phelps einen Brief an den damaligen irakischen Diktator Saddam
Hussein – er lobte ihn dafür, dass der Irak das muslimische Land sei, in
dem Christen am freiesten ihre Religion ausüben durften. Saddam lud ihn
ein, und Phelps fuhr nach Bagdad, demonstrierte dort für Saddam, gegen die
USA – und gegen Analsex.
Den vorläufigen makabren Höhepunkt erreichten die Aktivitäten der Gruppe im
Folgejahr, als die Phelps-Leute bei der Beerdigung des schwulen Studenten
Matthew Shepard in Wyoming auftauchten, der Homophoben erschlagen worden
war, und ihm die Hölle wünschten. Auch bei vielen Beerdigungen von an Aids
Verstorbenen tauchten sie auf, erklärten, die Homosexuellen verdienten den
Tod – stets in Hör- und Sichtweite der Angehörigen.
## Abtrünnige Familienmitglieder
In Kansas, aber auch in etlichen anderen Bundesstaaten und schließlich 2006
auch landesweit wurden Gesetze eingeführt, die Proteste bei Beerdigungen
ganz untersagen oder Bannmeilen festlegen – sie alle sind direkt auf die
Aktivitäten von Phelps und seinen Verwandten in der Westboro Baptist Church
zurückzuführen.
Dabei sind durchaus nicht alle Familienmitglieder Fred Phelps treu
geblieben. Sein Sohn Nate etwa hat der Kirche schon lange den Rücken
zugekehrt, ist überzeugter Atheist – und Aktivist in der LGBT-Szene. Gründe
zu gehen muss auch der persönliche Umgang gegeben haben: Nicht nur Nate,
auch andere Familienmitglieder berichteten, das Phelps sowohl seine Frau
als auch seine Kinder regelmäßig brutal prügelte.
Fred Phelps ist tot, die Kirche gibt es weiter. Auf eine Beerdigung ihres
Gründers wollen sie verzichten.
21 Mar 2014
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Homophobie
Vereinte Nationen
Homosexualität
Republikaner
Sexualität
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