# taz.de -- Knapper Kulturhaushalt in Bremen: Fachjury für freie Freie | |
> Die Kulturdepu entscheidet bald über Mittel für die freie Szene. Die | |
> äußert im Vorfeld geharnischte Kritik. Langfristig gibt es jedoch auch | |
> positive Tendenzen. | |
Bild: Muss auch mit finanziellen Ressourcen improvisieren: das Bremer Improthea… | |
Bremen taz | Intransparent, willkürlich, unausgegoren, undemokratisch: Mit | |
scharfen Worten geißelt der Bremer Landesverband für freie darstellende | |
Künste den derzeit in der Aufstellung befindlichen Kulturhaushalt 2016/17. | |
Auch nach einer Erwiderung des Kulturressorts hält Nicole Erichsen für den | |
Landesverband an der Kritik fest: Es sei „frustrierend“, wie in Bremen mit | |
den Akteuren der freien Szene umgegangen werde. | |
Erichsens Verband vertritt 62 Gruppen, die sich von der Förderpolitik | |
benachteiligt fühlen. Die meisten, wie Erichsens Improtheater, sind „freie | |
Freie“ – in Gegensatz etwa zur Deutschen Kammerphilharmonie, die nach der | |
in Bremen praktizierten Definition von „frei“ ihrer Staatsferne wegen als | |
frei firmiert, aber über einen erheblichen festen Haushaltstitel verfügt. | |
Für die freien Freien stehen nach Lesart des Landesverbandes im für 2016 | |
geplanten Haushalt lediglich 214.000 Euro für alle Sparten zu Verfügung. | |
Dem stehe ein Antragsvolumen von über 420.000 Euro gegenüber. | |
Neben der aus Sicht des Landesverbandes ungenügenden Förderhöhe empört ihn | |
vor allem das Vergabeverfahren: Einige Großprojekte erhielten bereits | |
frühzeitig eine Mittelzusicherung, den meisten Antragstellern sei eine | |
solche „politische Vorarbeit“ jedoch nicht möglich. Zudem verhindere die | |
späte Mittelvergabe, komplementär Bundesmittel einzuwerben. „Dies schädigt | |
die freie darstellende Szene in Bremen nachhaltig“, betont Erichsen. | |
Neben einer Kontingentierung der Projektmittel zugunsten der freien | |
ProduzentInnen fordert der Landesverband daher die Einrichtung eine | |
Fachjury, die „unabhängig und frei“ über ein „verlässliches Quantum“… | |
Projektmitteln entscheiden soll – dieser Forderung wird nun entsprochen, | |
wie Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) gestern der taz versicherte. Es | |
werde zeitnah eine Fachjury gebildet, der unter anderem VertreterInnen der | |
Freien Szene, des Vereins Stadtkultur und – wie das beim bisherigen | |
Projektmittelausschuss schon der Fall war – der Hochschule für Künste | |
angehören. Abgeordnete werden hingegen nicht mehr dabei sein. | |
In Bezug auf die Förderhöhe weist Emigholz daraufhin, dass zwei wesentliche | |
Fördertöpfe im bisherigen Haushaltsanschlag noch nicht aufgeführt seien: | |
Ein Förderprogramm für den Bereich Kulturpädagogik in Höhe von 120.000 Euro | |
aus den Mitteln der Start-Stiftung, auf das sich auch Akteure der freien | |
darstellenden Szene bewerben könnten. Zudem gebe es eine „Plattform für | |
Sonderprojekte im Zusammenhang mit Flüchtlingen“. Dessen sprachbezogene | |
Fördermittel in Höhe von bis zu 350.000 Euro können allerdings nur von der | |
bei Kultur ressortierenden Volkshochschule genutzt werden. | |
Klären werde sich bis Herbst, sagt Emigholz, inwiefern weitere auf | |
Bundesebene beantragte flüchtlingsbezogene Mittel zur Verfügung stehen. Im | |
übrigen würden die definitiven Förderentscheidungen Bremens erst bei der | |
Kulturdeputationssitzung von 7. Juni getroffen. | |
Weitet man den zeitlichen Fokus, in dem man die Kulturhaushalte der | |
vergangenen drei Legislaturperioden mit Blick auf die freie Szene studiert, | |
fallen bemerkenswerte Verschiebungen auf: In diesen 12 Jahren wurden 17 | |
Kulturakteure, die zuvor höchstens Projektmittel erhielten, in die | |
institutionelle Förderung aufgenommen. Davor, ab 1999, wurden bereits | |
kleinere Einrichtungen wie der Waller „Brodelpott“ in die feste Förderung | |
übernommen. | |
Den größten Rutsch gab es 2004: Gleich acht Gruppen erhielten einen der | |
begehrten Haushaltstitel, darunter das Rundfunkmuseum, Steptext, die | |
Galerie Herold und Tanz Bremen. Andererseits ist erstaunlich, dass selbst | |
so strukturell tragende Organisationen wie der Landesmusikrat oder der für | |
Gröpelingen essentielle Verein „Kultur vor Ort“ erst seit 2006 diese Form | |
von Planungssicherheit genießen. | |
Unter dem Strich lässt sich jedenfalls eine Summe von immerhin 662.480 Euro | |
bestimmen, die per institutioneller Verlagerung in den festen | |
Kulturhaushalt nicht mehr projektbezogen vergeben wird. Aktuell setzt sich | |
diese Entwicklung dadurch fort, dass das Straßenzirkus-Festival La Stada | |
und die Breminale feste Haushalstitel erhalten. | |
19 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
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