| # taz.de -- Mehr Geld für Autoren: Künstliche Katastrophenstimmung | |
| > Verlage werden nach einem Urteil des BGHs nicht mehr an den Einnahmen der | |
| > VG Wort beteiligt. Kleinere Häuser macht das nervös. | |
| Bild: Auch die Kopie eines Textes bringt Autoren Geld. Die Verlage gucken in di… | |
| Der kleine Verlag Klaus Wagenbach bringt Bücher auf den Markt mit | |
| „Anekdoten aus der Savanne“ oder zu „globalen Kämpfen für Menschenrecht… | |
| keine Massenware, sondern Lesestoff für ausgewählte Zielgruppen. | |
| Das Berliner Verlagshaus ist verärgert seit der „VG-Wort-Entscheidung“ des | |
| Bundesgerichtshofs: „Aus Sicht eines konzernunabhängigen Verlags ohne | |
| Mäzene im Hintergrund, eines Verlags, in dem noch immer sehr sorgfältig und | |
| im eigentlichen Sinne lektoriert wird, unterschlägt dieses Urteil die | |
| inhaltliche Arbeit des Lektorats, die in der Regel durchaus erheblich ist.“ | |
| Wagenbach verlegt nun seit gut 50 Jahren. Etwa genauso lange hat auch die | |
| Verwertungsgesellschaft (VG) Wort Geld unter anderem bei den Herstellern | |
| von Kopierern, Druckern und Scannern eingezogen, um sowohl Verlage als auch | |
| Autoren daran mitverdienen zu lassen, wenn jemand mit technischen Mitteln | |
| Beiträge aus Büchern, Zeitschriften und Zeitungen vervielfältigt. Der BGH | |
| hat zuletzt diese Praxis, die Autoren und Verlage in der VG gemeinsam | |
| etabliert haben, für rechtswidrig erklärt: Die Abgaben stehen allein den | |
| Urhebern zu, also den Autoren. | |
| „Für Wagenbach geht es ungefähr um 20.000 Euro jährlich“, erklärt Annet… | |
| Wassermann, die Sprecherin des Verlags, die auch neue Bücher lektoriert – | |
| eine Personalunion, wie sie in kleinen Häusern üblich ist. „Bedrohlich“ s… | |
| nun vor allem, dass eine Rückzahlung für die vergangen drei Jahre drohe. | |
| „Mehr als bedauerlich“ sei zudem, dass die BGH-Entscheidung den Eindruck | |
| erwecke, die Beziehung zwischen Autor und Verlag sei „ein reines, kaltes | |
| Geschäftsverhältnis und keine solidarische Gemeinschaft von zwei Partnern, | |
| die sich gewissermaßen wechselseitig ermöglichen“. | |
| ## Angst vor Verlagssterben | |
| Tatsächlich spüren nicht wenige Autoren seit dem Urteil Genugtuung und | |
| freuen sich auf den anstehenden Geldregen, während vor allem alternative | |
| Verleger nun mit der Laune eines durstigen Kamels in die Zukunft blicken. | |
| Besonders drastisch äußern sich die Verlegerverbände. Für den Börsenverein | |
| des Deutschen Buchhandels drohe „die Insolvenz kleinerer und mittlerer | |
| Verlage“, und auch für den Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) | |
| „besteht die Gefahr, dass eine erhebliche Zahl von Verlagen ihren | |
| Geschäftsbetrieb werde einstellen müssen“. Stimmt das? | |
| Die Zeitungsverlage sind bei dieser Frage raus, denn sie bekommen ohnehin | |
| nicht viel ab und finanzieren nur ihre Weiterbildungsakademie ABZV aus den | |
| Tantiemen. Zwar jault der Verband nun, seine Akademie müsse | |
| „voraussichtlich noch vor der Sommerpause die Liquidation anmelden“ – doch | |
| die Mitteilung gleicht auch einem Offenbarungseid: Das Aus würde zeigen, | |
| dass die teils noch sehr renditeträchtigen Zeitungsverlage keine | |
| anderweitigen Mittel lockermachen wollten. Das wäre peinlich. | |
| Bittet man wiederum den VDZ um eine Konkretisierung seines Horrorszenarios, | |
| also ob er denn einige nun notleidende Verlage benennen könnte, kommt auch | |
| auf Nachfrage: nichts. Einzig der Börsenverein liefert entsprechende | |
| Hinweise. Zumindest Stichproben zeigen aber: Ein Aus für die Vielfalt an | |
| kleineren Verlagen droht nicht, zumindest nicht allein wegen des | |
| VG-Wort-Urteils. | |
| ## Nicht ohne Vorwarnung | |
| So spricht auch Verleger Dietrich zu Klampen zwar von einer „Katastrophe“ | |
| und mahnt: „Die Zeiten, da die feisten Verleger Champagner aus | |
| Totenschädeln ihrer Autoren schlürften, sind schon sehr lange vorbei.“ Er | |
| lässt aber ebenso mitteilen, dass eine Rückzahlung „ungefähr 5 Prozent“ | |
| seines Jahresumsatzes ausmachen würde, einen „fünfstelligen Betrag“ – | |
| einmalig und wohlgemerkt nicht ohne Vorwarnung, denn die VG Wort hat | |
| zuletzt nicht nur selbst mehr als 90 Millionen Euro zurückgestellt, sondern | |
| auch die Verlage mit entsprechenden Hinweisen versorgt. | |
| Das Urteil aus Karlsruhe kam für die Verlagslandschaft alles andere als | |
| überraschend. | |
| Verleger zu Klampen sieht indes – so nicht unmittelbar die Gesetze | |
| zugunsten der Verlage geändert würden – dennoch gravierende Folgen: „Wem … | |
| nicht das Genick bricht, der wird sein Programm zusammenstreichen müssen“, | |
| sagt er. Die Ausschüttung der VG Wort sei für sein Haus im | |
| niedersächsischen Springe „wesentlicher Bestandteil“ der Gesamtkalkulation | |
| gewesen. „Wir werden zukünftig noch vorsichtiger planen müssen und können | |
| noch weniger risikoreiche Bücher machen. Schade für die Autoren!“ | |
| 18 May 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Bouhs | |
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