# taz.de -- Flüchtlinge in Finnland: Humanitäres Bleiberecht am Ende | |
> Die Ausländergesetze werden drastisch verschärft. Afghanistan, Somalia | |
> und Irak gelten ab sofort als sichere Herkunftsländer. | |
Bild: Irakische Geflüchtete, die gerade aus Finnland nach Bagdad zurückgekehr… | |
Stockholm taz | Die Zeit hoher Flüchtlingszahlen ist zwar auch in Finnland | |
vorbei. Die Abschottung der Grenzen durch Dänemark und Schweden hat | |
potenziellen Asylsuchenden effektiv die Möglichkeit genommen, überhaupt in | |
dieses nordische Land zu gelangen, um dort einen Asylantrag zu stellen. | |
Trotzdem hält es Helsinki für angebracht, das Ausländerrecht weiter zu | |
verschärfen. Am Dienstag trat eine erst am Tag zuvor beschlossene | |
Gesetzesänderung in Kraft, mit der eine bisherige Bestimmung aus dem | |
Ausländergesetz ersatzlos gestrichen wurde: Ein Aufenthaltsrecht aus | |
„humanitären Gründen“ gibt es ab sofort nicht mehr. | |
Dieser rechtlich Status konnte Flüchtlingen gewährt werden, die die | |
Voraussetzungen der Anerkennung als Asylberechtigte nicht erfüllten, bei | |
denen man aber aus humanitären Gründen von einer Ausweisung Abstand nehmen | |
wollte und ihnen eine Aufenthaltserlaubnis erteilte. Beispielsweise, weil | |
es in der Heimat des Geflüchteten bewaffnete Konflikte gab oder es um den | |
Schutz der Menschenrechte schlecht bestellt war. | |
Konkret erhielten dieses „Asylrecht 2. Klasse“ 2015 vor allem Flüchtlinge | |
aus Somalia und dem Irak. Jeweils rund ein Zehntel der Asylsuchenden aus | |
diesen Ländern, denen ein Bleiberecht bewilligt worden war, erhielten | |
dieses aus „humanitären Gründen“. | |
## Bewaffnete Konflikte sind ungefährlich | |
Die Gesetzesänderung berührt nicht diese schon entschiedenen Altfälle, | |
lediglich zukünftig wird dieser Rechtsstatus nicht mehr verliehen. Als | |
Folge dürfte die Ablehnungsquote für Asylgesuche aus diesen beiden Ländern | |
und aus Afghanistan deutlich steigen. | |
Wie die Ausländerbehörde gleichzeitig mitteilte, habe man die | |
„Sicherheitseinschätzung“ für Irak, Somalia und Afghanistan aktualisiert | |
und sei zum Ergebnis gekommen: „In diesen Ländern stellen bewaffnete | |
Konflikte für sich genommen grundsätzlich keine Gefahr für Rückkehrer dar.�… | |
Die Polizei wurde angewiesen, Abschiebungen höchste Priorität einzuräumen. | |
Die finnische Regierung hatte der Ausländerbehörde Anfang des Jahres | |
aufgegeben, den Berg von 32.000 im vergangenen Jahr gestellten Asylgesuchen | |
bis zum Ende des Sommers abzuarbeiten. Dabei war man von rund zwei Drittel | |
negativer Entscheide ausgegangen. Tatsächlich beläuft sich diese Zahl auf | |
drei Viertel. Nur 25 Prozent der 2015 eingereisten und beschiedenen | |
Flüchtlinge haben eine Asylanerkennung erhalten. | |
Mit dem künftigen Wegfall der „humanitären Gründe“ soll offenbar nicht n… | |
dieser alternative Aufenthaltsgrund blockiert werden. Es dürfte auch die | |
Absicht dahinterstecken, Flüchtlinge aus Ländern mit geringer | |
Anerkennungsquote zu einer freiwilligen Rückkehr zu veranlassen. | |
18 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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