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# taz.de -- „Nazis verpisst Euch“ in Finnland: Einhörner statt Bomberjacken
> Die ausländerfeindlichen Bürgerwehren „Soldiers of Odin“ sind von den
> Straßen verschwunden. Eine Studentin hat den Namen nun genommen und
> umfunktioniert.
Bild: „Nazis verpisst Euch“ ist das neue Label und so steht es an der Wand
Stockholm taz | Wer sich zur finnischen [1][Facebookseite „Soldiers of
Odin“] klickt, den empfängt ein Glitter-Einhorn und ein rosa Slogan in
Runenschrift: „Natsit vittuun“ – „Nazis verpisst euch“.
Auf der Website [2][soldiersofodin.fi] kann man für drei Euro ein Badge mit
der gleichen Botschaft bestellen. Demnächst soll es hier weitere
einschlägige Accessoires geben.
Mit den „echten“ „Soldiers of Odins“, die im letzten Winter in finnisch…
Orten als ausländerfeindliche Bürgerwehren auftauchten und die sich in ein
Dutzend andere Länder ausgebreitet haben, hat das Label bis auf den
gemeinsamen Namen nichts zu tun.
Die Finnin Riikka Yrttiaho, die in Stockholm Politik studiert, hatte die
Idee, den „Soldiers“ den Namen zu „mopsen“: „Als ich gelesen habe, da…
sich so eine rassistische Organisation in Finnland ohne Weiteres offiziell
registrieren lassen konnte, dachte ich: Dagegen muss man was machen.“
## Aus braunen werden rosafarbene Soldaten
Was die aus militanten Neonazi-Gruppen stammenden „Odin-Soldaten“ nämlich
übersehen hatten: Mit der Registrierung als Organisation war nicht etwa
automatisch das Warenzeichen geschützt. Yrttiaho ließ für 215 Euro bei der
finnischen Patent- und Registerbehörde unter dem Namen „Soldiers of Odin“
eine Webboutique für Modeartikel registrieren. Mode, die ganz andere
Botschaften als den Rassismus und die Ausländerfeindlichkeit der Glatzköpfe
verbreiten soll.
„Glitzersachen, Regenbogenartikel, was mit süßen Kätzlein und Einhörnern�…
sagt die 27-jährige Initiatorin: „Geld wollen wir damit nicht verdienen. Es
geht uns ja nur um die Botschaft: Nein zum Rassismus.“ Alle Einnahmen werde
man Organisationen zukommen lassen, die Flüchtlingen helfen.
Die braunen „Soldaten“ hätten sich bislang noch nicht bei den rosafarbenen
beschwert, berichtet Yrttiaho. Deren Aktivitäten scheinen ohnehin
eingeschlafen zu sein. Mit Ausnahme der Hauptstadt selbst, in der von Zeit
zu Zeit Trupps mit den schwarzen Lederjacken auftauchen – in denen
vorwiegend Migranten aus Estland stecken –, seien diese
„Straßenpatrouillen“ wieder verschwunden, sagen Polizeiquellen.
Im nordfinnischen Kemi, wo die Bewegung im Oktober 2015 ihren Ausgang
genommen hatte, „ist schon lange Ruhe“, berichtet der dortige
Polizeisprecher Rauno Pätsi.
## Als Kleinkriminelle enttarnt
Die meisten Gruppen haben sich mangels eines positiven Echos in der
Bevölkerung aufgelöst, sagt Tommi Kotonen, Rechtsextremismusexperte an der
Universität Jyväskylä: Viele hätten deshalb keinen Sinn mehr in den
„Patrouillen“ gesehen und auch die negative Publizität habe abschreckend
gewirkt.
Bald hatte sich nämlich der ausgeprägt kriminelle Hintergrund mehrerer
führender Mitglieder herumgesprochen. In Kemi ist der mehrmals einschlägig
vorbestrafte „Soldiers“-Gründer höchstpersönlich vor drei Wochen wegen
schwerer Körperverletzung zu eineinhalb Jahren verurteilt worden.
Die „Soldiers“ beschränkten sich jetzt auf die sozialen Medien, hat Kotonen
beobachtet: „Das fordert ja auch keinen großen Einsatz.“ Anonyme Stimmen
bestätigen diese Einschätzung gegenüber Helsingin Sanomat. Im Internet habe
man recht viel Unterstützung bekommen, erzählt dort ein anonymer „Soldier“
aus der Stadt Pori, aber an den Patrouillen teilgenommen hätten nur wenige.
Deshalb verzichte man gegenwärtig auf Aktivitäten. Aufgelöst habe sich die
Gruppe aber nicht: „Wenn etwas passieren sollte, sind wir gleich wieder
da.“
7 Jun 2016
## LINKS
[1] http://www.facebook.com/Soldiers-of-Odin-1178838978802741
[2] http://www.instagram.com/p/BFoT0khJ8Ip/?taken-by=soldiersofodinofficial
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
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Skandinavien
Soldiers of Odin
Bürgerwehr
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