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# taz.de -- Medienkonzern in Schweden ist pleite: Krise plus Fehler
> Erst expandiert, dann kaputtgespart: Das zweitgrößte Zeitungshaus
> Schwedens, der Stampen-Konzern, ist insolvent.
Bild: Zu den bedrohten Zeitungen gehört auch „Göteborgs-Posten“
Stockhom taz | Schwedens zweitgrößtes Zeitungshaus steht vor dem Konkurs:
Am Montag musste der Stampen-Konzern Insolvenz anmelden. Er gibt 14
Tageszeitungen heraus, darunter die zweitgrößte überregionale Zeitung
Schwedens, die Göteborgs Posten.
Mit Ausnahme von Löhnen wurden ab sofort alle Zahlungen eingestellt – auch
die freien MitarbeiterInnen bleiben auf ihren Honorarforderungen sitzen.
Binnen drei Monaten soll nun ein Konkursverwalter versuchen, die Schuldner
zu einem teilweisen Verzicht auf ihre Forderungen zu bewegen und einen
Sanierungsplan entwerfen.
Das sei ein „Schock für die gesamte Medienbranche“, sagt Helena Giertta,
Chefredakteurin von Journalisten, der Zeitschrift des schwedischen
Journalistenverbands. Kultusministerin Alice Bah Kuhnke spricht von einer
„wirklichen Krise der Medienvielfalt“, verweist aber auch auf die
letztendliche Verantwortung der Eigentümer.
Im Stampen-Konzern glaubte man, der Krise der Printmedien mit Masse
begegnen zu können. Das jahrzehntelang hochprofitable Familienunternehmen,
das den Zeitungsmarkt in Schwedens zweitgrößter Stadt Göteborg dominiert,
setzte ab Mitte der 2000er Jahre auf einen extremen Expansionskurs:
landesweit kaufte es nahezu alle Zeitungen und Druckereien, die angeboten
wurden.
Es schien, als würde Bonnier, der mächtigste Medienkonzern Schwedens,
erstmals eine wirkliche Konkurrenz bekommen. Doch Stampen vernachlässigte
den digitalen Markt, vor allem aber erstickte der Konzern nach und nach
unter der Schuldenlast durch die kreditfinanzierten Käufe.
## Seit Jahren sinkende Auflagen
2013 verzeichnete Stampen mit fast 100 Millionen Euro den größten Verlust
in der schwedischen Pressegeschichte. Nach weiteren 60 Millionen Euro Minus
im Folgejahr kursierten erste Konkursgerüchte. Unter hohen Verlusten
trennte Stampen sich von einigen der zuvor teuer aufgekauften Zeitungen und
verordnete den verbleibenden mehrere Sparrunden. Vor allem Redaktionen
wurden extrem ausgedünnt – und teilweise halbiert. Das ging schnell zu
Lasten der Qualität, was wiederum zu sinkenden Auflagen und Einnahmen
führte.
Bei sich selbst sparten Eigentümer und Konzernspitze zunächst nicht: Laut
einer 2015 ausgestrahlten TV-Dokumentation zahlten sie sich zwischen 2005
und 2013 insgesamt fast 100 Millionen Euro aus. Damit war zwar nach
weiteren Verlusten in den Folgejahren Schluss, trotzdem drehte die Banken
jetzt den Geldhahn zu – angesichts der jüngsten Steuernachforderung von
über 40 Millionen Euro und leerer Kassen.
Neben diesen hausgemachten Problemen machen erste Analysen jedoch auch die
Krise auf dem schwedischen Zeitungsmarkt insgesamt für die
Stampen-Insolvenz verantwortlich. Zwar lesen nach einer aktuellen
Untersuchung immer noch zwei Drittel der SchwedInnen regelmäßig
Tageszeitungen, trotzdem sinken die Auflagen seit zehn Jahren stetig. Im
gleichen Zeitraum wurde ein Drittel aller Arbeitsplätze für Journalisten
gekürzt – sowie jede dritte Lokalredaktion.
Selbst wenn eine Sanierung von Stampen gelingen würde, ginge das erneut auf
Kosten von Arbeitsplätzen und Redaktionen, fürchtet Martin Jönsson, Chef
der Redaktionsentwicklung der Zeitung Dagens Nyheter. Scheitert die
Sanierung, wäre dies der umfassendste Konkurs in der schwedischen
Mediengeschichte.
25 May 2016
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Schwerpunkt Zeitungskrise
Schweden
Schwerpunkt Rassismus
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