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# taz.de -- Finanzbehörden wollen Panama Papers: Finnland droht Journalisten
> Ausgerechnet im Vorbildland für Pressefreiheit üben staatliche Stellen
> Druck auf Reporter aus. Vor allem der Quellenschutz ist ernsthaft
> bedroht.
Bild: Liebe Finnen, besinnt Euch!
Stockholm taz | Als Tagungsort für ihre Konferenz zum Internationalen Tag
der Pressefreiheit in der vorletzten Woche hatte sich die Unesco Helsinki
ausgesucht: Ein passender Veranstaltungsort, da Finnland doch traditionell
als Vorbildland für Pressefreiheit gilt. Auch auf der aktuellen Rangliste
über Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen rangiert es auf Platz eins.
„Schon verrückt, wenn nun gleichzeitig so etwas passiert“, meint Elina
Grundström, Generaldirektorin des Finnischen Medienrats: „Statt zu feiern,
können wir uns jetzt Gedanken über diesen Wahnsinn machen.“ Finnische
JournalistInnen sehen sich nämlich einem ernsten Angriff auf ihr Recht zum
Quellenschutz ausgesetzt. Es geht um die Panama Papers. Die finnischen
Finanzbehörden möchten die gerne haben.
Förmlich und mit einer Zweiwochenfrist war deshalb die Chefredaktion des
öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens YLE aufgefordert worden, diese
und alles damit zusammenhängende redaktionelle Material an die Behörde
herauszugeben. Die gleiche Aufforderung wurde in persönlichen Briefen
mehreren JournalistInnen, die mit den Panama Papers arbeiten, an ihre
Privatadressen zugestellt. Für den Fall einer Missachtung des behördlichen
Ansinnens wird mit Polizei, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen
gedroht.
„Ich konnte mir nie vorstellen, dass man diese Grenze überschreitet, die
man einfach nicht überschreiten darf“, wundert sich Kjell Lindroos, einer
der betroffenen YLE-Journalisten. Sie habe mit Kollegen von Uruguay bis
Taiwan gesprochen, sagt YLE-Chefredakteurin Marit af Björkesten: Nirgends
sei so etwas passiert und dort sei man geschockt, dass ausgerechnet in
Finnland so mit dem Quellenschutz umgegangen werde.
## Tiefer Schatten auf dem Paradies
„Tutkiva“, die Organisation finnischer investigativer Journalisten,
forderte die Finanzbehörde auf, ihre Drohung zurückzunehmen. Ansonsten
liefen finnische JournalistInnen in Zukunft Gefahr, an Material aus solchen
Leaks nicht mehr beteiligt zu werden. Niemand würde es mehr wagen, einem
finnischen Journalisten vertrauliches Material zu geben, warnt auch Jussi
Salokangas, Jurist beim Journalistenverband „Journalistiliito“. Er wundert
sich auch, dass einer staatlichen Behörde die Rechtsprechung des
Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs nicht bekannt zu sein scheine,
wonach Quellenschutz als unverzichtbare Basis der Meinungsfreiheit gilt.
Was diesen Angriff auf den Quellenschutz umso schwerwiegender mache, meint
Minna Knus-Galán, Ex-„Tutkiva“-Vorsitzende und Mitglied im International
Consortium of Investigative Journalists, sei, dass offensichtlich massiver
politischer Druck hinter dem Vorstoß der Behörde stecke. Finanzminister
Alexander Stubb habe gefordert, den Finanzbehörden auf Kosten des
Quellenschutzes Einblick in die Papiere zu geben.
Dass mittlerweile eine Liste mit rund 200.000 Namen aus den Panama Papers
öffentlich zugänglich gemacht worden sei, ändere nichts an der Weigerung
von YLE gegenüber der Behörde, erklärte Chefredakteurin Marit af Björkesten
der taz: Man werde die Aufforderung der Finanzbehörde gerichtlich
anfechten.
Eine grundsätzliche Klärung halten auch mehrere Kommentatoren für dringend
erforderlich, weil das bisherige Verhalten von Politik und Behörde einen
tiefen Schatten auf das vermeintliche Pressefreiheits-Paradies Finnland
werfe. Die Tageszeitung Hufvudstadsbladet konstatiert: Anstatt die
Forderung zurückzunehmen, auch noch mit Hausdurchsuchung und Beschlagnahme
zu drohen, „so etwas untergräbt unsere Demokratie“.
17 May 2016
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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