Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bürgerwehr der NPD: Rechts, zwo, drei, vier!
> Die NPD ruft bundesweit zu Bürgerwehren und „Schutzzonen“ für Deutsche
> auf. In Berlin patrouillieren Nazis in der S-Bahn.
Bild: Es gibt sie immer noch. Fahne an der Parteizentrale in Berlin-Köpenick
Berlin taz | Mit verschränkten Armen und angedeutetem Lächeln stehen drei
Männer nebeneinander im Plattenbauviertel. Zwei von ihnen tragen rote
Warnwesten, der mittlere ein rotes Shirt. Auf ihren Kleidungsstücken und
auf einem hinter ihnen parkenden Auto ist ein Symbol in Form eines Schilds
zu sehen. Es ist das Symbol der Kampagne „Schutzzone“ – mit der die
rechtsextreme NPD bundesweit unter anderem zur Bildung von Bürgerwehren
aufruft und diese auch selbst bildet. Unter dem Bild, das am Freitagabend
auf Facebook gepostet wurde, steht: „Für die Sicherheit unserer Frauen und
Kinder sind wir aktuell in Marzahn-Hellersdorf unterwegs und informieren
die Bürger.“
Ins Netz gestellt hat das Bild Andreas Käfer, der Mann im T-Shirt, seit
Dezember Landesvorsitzender der Berliner NPD, der sich als NPD-Bezirkschef
in den vergangenen Jahren bereits in vermeintlichen Bürgerinitiativen gegen
Asylunterkünfte in Marzahn-Hellersdorf und Köpenick engagierte. Über den
Beitrag schreibt er in Großbuchstaben „Schutzzonen schaffen“ – das ist d…
zentrale Kampagnen-Slogan, dessen Abkürzung wohl nicht nur zufällig SS
lautet.
Die von der Bundespartei verantwortete Initiative versucht sich als Retter
eines Staates aufzuspielen, der „nicht fähig oder willens“ sei, für
Sicherheit zu sorgen. Schuld seien – wie immer – Migranten: „Man ist der
importierten Kriminalität oft schutzlos ausgeliefert“, behaupten die Nazis
auf ihrer Website.
Dort rufen sie dazu auf, Telefonketten einzurichten, Bürgerwehren auf
Streife zu schicken oder „Rückzugsräume“ zu schaffen. Hierfür sollen sich
etwa Läden als „Schutzzonen“ kennzeichnen und Bürgern – solange sie deu…
genug sind – Asyl gewähren. Das Konzept kopiert die „Aktion Noteingang“,
bei der Geschäfte und Institutionen seit Jahren Opfern rassistischer Gewalt
Zuflucht bieten. Auch die Berliner S-Bahn beteiligte sich an der „Aktion
Noteingang“.
## In Kiezen und Bahnen
Die Präsenz in Marzahn-Hellersdorf, von der unbekannt ist, ob sie über das
Posieren hinausging, ist nicht die erste Aktion dieser Art der mittlerweile
völlig bedeutungslosen und [1][durch die AfD überflüssig gemachten NPD],
die so mit letzter Kraft um Aufmerksamkeit buhlt. Im März waren Mitglieder
der NPD und ihrer Jugendorganisation JN mehrfach auf „Kiezstreife“ im
Pankower Ortsteil Karow unterwegs, damals noch in Jacken mit Parteilogo.
Anfang Juni veröffentlichte der YouTube-Account des hauseigenen
Presseorgans Deutsche Stimme ein Video einer „Schutzzonen“-S-Bahn-Streife.
Darin sieht man Pankower NPD-Mitglieder, darunter den ehemaligen Berliner
Landesvorsitzenden Sebastian Schmidtke, S-Bahn fahren, Fahrpläne angucken
und mit einem älteren Fahrgast kommunizieren.
Auf Nachfrage der taz bestätigt die Berliner Polizei, Kenntnis von dem
Video zu haben. Strafbare Inhalte gingen daraus jedoch nicht hervor, so ein
Sprecher. Auf Twitter schrieb die Polizei zum Thema: „Zivilcourage und
aufmerksame Bürger, die bei Gefahr die Polizei verständigen, unterstützen
wir. Bürgerwehrartige Strukturen lehnen wir strikt ab.“ Eine Reaktion hänge
jedoch davon ab, „ob von den beteiligten Personen Gefahren ausgehen oder
Straftaten begangen werden“. Das uniformierte Auftreten der Rechtsextremen
sei nicht per se verboten.
Die zur Deutschen Bahn gehörende Berliner S-Bahn teilt auf taz-Anfrage mit,
sich ausdrücklich von dieser Aktion sowie „von Rechtsextremismus und
Diskriminierung“ zu distanzieren. „Aktuellen Hinweisen auf derartige
‚Streifen‘ gehen die DB Sicherheit sowie die Bundespolizei konsequent
nach.“ Bislang seien jedoch „keine Personen, die sich als NPD-Streife
ausgeben, tatsächlich in unseren Zügen angetroffen“ worden. Der Konzern
weist auch darauf hin, dass der Film ohne Drehgenehmigung entstand, was
einen Verstoß gegen die Hausordnung darstellt.
## Stimmung in Cottbus ausnutzen
Schwerpunkt der im Juni gestarteten NPD-Kampagne ist neben Berlin vor allem
das brandenburgische Cottbus. Schon mehrfach in den vergangenen Wochen
spielten sich Nazis in Cottbus als „Streife“ auf, wie sie mit Fotos
bulliger Glatzköpfe dokumentieren.
Bereits seit Januar kommt es in der Stadt zu [2][rassistischen Übergriffen
und regelmäßigen Demonstrationen gegen Geflüchtete]. Auch in den nahe
gelegenen Kleinstädten Guben und Bad Belzig sollen sie schon aufmarschiert
sein.
Das Konzept „Bürgerwehr“ steht im Spektrum der extremen Rechten seit Langem
hoch im Kurs. Insbesondere im Zuge des erhöhten Zuzugs von Flüchtlingen im
Sommer 2015 bildeten sich [3][vielerorts Gruppen] aus der oder mit
Verbindungen zur Naziszene.
15 Jul 2018
## LINKS
[1] /!5498806/
[2] /Linke-und-rechte-Demonstrationen/!5479626/
[3] /!5277220/
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Bürgerwehr
NPD
S-Bahn Berlin
NPD
NPD
Rechtsextremismus
Rechtsextremismus
Nauen
Schwerpunkt Neonazis
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Uniformierte Patrouille durch Wolfsburg: Polizei stoppt „Bürgerwehr“
Eine so genannte „Bürgerwehr“ veranstaltete einen uniformierten
„Kontrollgang“ durch Wolfsburg. Hinter der Aktion stand die NPD.
Kommentar NPD-Schulaktion: Schutzzone für braunen Mob
Vor einer Hellersdorfer Schule verteilte die NPD Flyer. Ein schnelle
Reaktion der Schulverwaltung bleibt aus.
Bedrohung durch Rechtsextreme: Als ich auf einer Liste stand
Die Behörden haben bei Ermittlungen Listen mit rund 35.000 Namen gefunden.
Eine Nachricht, die unsere Autorin an eigene Erfahrungen erinnert.
Bedrohung durch Rechtsextremismus: 25.000 Menschen auf „Feindeslisten“
Bei Razzien seit 2011 wurden Datensätze sichergestellt, auf denen Neonazis
Namen und Adressen sammelten. Nur wenige der Betroffenen wurden informiert.
Prozess Brandanschlag in Nauen: Gericht hebt Urteil gegen Neonazi auf
Wegen eines Anschlags auf eine Asylbewerberunterkunft wurde ein
NPD-Politiker zu neun Jahren Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof
entschied nun dagegen.
Rechtsextreme Demonstrationen in Berlin: Nazis haben weniger Zulauf
2016 gab es in Berlin deutlich weniger rechtsextreme und asylfeindliche
Kundgebungen als im Vorjahr. Der verbliebene Kern radikalisiert sich
weiter.
„Nazis verpisst Euch“ in Finnland: Einhörner statt Bomberjacken
Die ausländerfeindlichen Bürgerwehren „Soldiers of Odin“ sind von den
Straßen verschwunden. Eine Studentin hat den Namen nun genommen und
umfunktioniert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.