| # taz.de -- Sexualstrafrecht im Bundestag: Halt auf halber Strecke | |
| > Nein: Parteiübergreifend fordern PolitikerInnen eine Verschärfung des | |
| > Gesetzentwurfs von Justizminister Heiko Maas. | |
| Bild: Was sagten Sie? „Völlig inakzeptabel?“ | |
| Berlin taz | Eva Högl brachte es auf den Punkt: „Es besteht eine Schieflage | |
| zwischen Eigentumsdelikten und der sexuellen Selbstbestimmung.“ Damit | |
| meinte die SPD-Bundestagsabgeordnete, dass Vergewaltigungsopfer begründen | |
| müssten, warum und wie sie sich in der Situation des ungewollten sexuellen | |
| Übergriffs verhalten haben, damit der Täter verurteilt werde: Hat sich die | |
| Frau ausreichend gewehrt? Hat sie geschrien, versucht wegzulaufen? Opfer | |
| anderer Strafdelikte müssten das nicht. „Das ist inakzeptabel“, sagte die | |
| Vizefraktionchefin ihrer Partei im Bundestag. | |
| Högl griff damit ihren Parteikollegen, Justizminister Heiko Maas, in der | |
| Debatte zur Reform des Sexualstrafrechts am Donnerstag im Bundestag direkt | |
| an. Maas will das Sexualstrafrecht verschärfen und legte einen | |
| entsprechenden Gesetzentwurf vor: Künftig sollen Täter bestraft werden, die | |
| die Widerstandsunfähigkeit und die Angst ihres Opfers ausnutzen, um ans | |
| Ziel zu kommen. Das soll auch für den „Überraschungsmoment“ gelten, auf d… | |
| das Opfer nicht reagieren kann. | |
| Die geplanten Änderungen der Strafrechtsparagrafen 177 und 179 gehen Högl | |
| nicht weit genug, sie forderte eine „umfassende Reform“. Das fordern seit | |
| Jahrzehnten schon zahlreiche Frauenverbände und -organisationen. In einem | |
| am Dienstag veröffentlichten Brief an Kanzlerin Angela Merkel drängen sie | |
| auf einen „Paradigmenwechsel“: Ein schlichtes verbales Nein muss Nein | |
| heißen. | |
| Unter den weiblichen Abgeordneten am Rednerpult herrschte am Donnerstag | |
| parteiübergreifende Einigkeit: Beim „Nein heißt Nein“ darf es keine | |
| Kompromisse geben, so der Tenor. Die Linke Halina Wawzyniak wies | |
| „Nein-Mythen“, die von ReformgegnerInnen gern herangezogen werden, mit | |
| einem plastischen Beispiel zurück. „Stellen Sie sich vor, Ihr Nachbar will | |
| Ihren neuen Wagen Probe fahren, und Sie sagen Nein. Er aber antwortet: Och, | |
| das meinen Sie doch gar nicht ernst, das weiß ich doch. Und fährt einfach | |
| mit Ihrem Wagen weg.“ Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) verwies darauf, | |
| dass der „Grundwille des Opfers keine Einschränkung“ vertrage, auch nicht | |
| im Strafrecht. „Es darf kein Rabatt für Täter geben“, sagte sie. Und | |
| plädierte dafür, die Sexualstrafrechtsreform auszuweiten. | |
| „Ihr Gesetzentwurf ist inakzeptabel“, klagte Ulle Schauws, frauenpolitische | |
| Sprecherin der Grünen-Fraktion: „Er bleibt auf halber Strecke stehen.“ Sie | |
| verwies auf einen Reformvorschlag ihrer Partei, der ein „Nein heißt Nein“ | |
| vorsieht. | |
| Justizminister Maas erkennt die „Schutzlücken“ im aktuellen Strafrecht an | |
| und sagt: „Es ist an der Zeit, diese zu schließen.“ Sein Reformvorschlag | |
| sei dafür ein Anfang. Für weitere Strafrechtsverschärfungen zeigte sich | |
| Maas offen. Er sagte: „Mit dem Sexualstrafrecht müssen wir uns weiter | |
| beschäftigen.“ Er verwies auf eine Expertenkommission seines Hauses, die | |
| das Sexualstrafrecht grundsätzlich überarbeite. Die Ergebnisse der | |
| ExpertInnen sollen im Herbst vorliegen. | |
| 28 Apr 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schmollack | |
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